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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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der ja gern?
    – Ouh yeah, sagte Jim, und er liked soccer und er can try, und ich sagte:
    – Die Lydia Kosslowski, die ist so geschminkt, dass einer drauf ausrutscht, wenn er die knutscht.
    Da meinte Jim, das stimmt nicht, das ginge ganz gut.
    Ich dachte, dass ich vielleicht besoffen sei und mich verhört hätte, und Jim meinte, nein, seine Antwort sei so zu verstehen gewesen, dass generell bei Frauen mit Schminke das Knutschen gut gehe und the girls from here sich wohl nicht so gerne schminken würden, here in the Westernwoods, only the eyes, und ich sagte, das ist richtig, und sang: Wir sind die Westerwälder und haben frohen Mut, frohen Mut – wir brauchen keinen Lippenstift und auch keine Augenbraun, das ist nicht für uns Wäller, ach nein, ach nein, ach nein.
    Jim drückte auf der Musikbox herum und versuchte, ein anderes Lied zu finden, aber im Inneren der alten Drehorgel griff der gelbe Plastikgreifarm immer ins Leere.
    Ach, ich konnte einfach nicht aufhören damit.
    – Weißt du, das hat sich eben so angehört, als hättest DU Lydia schon geknutscht und wärst nicht abgerutscht! Haha!! Das hätte mich ja nicht gewundert! Die knutscht nämlich jeden! Die ganze Army, wenn es sein muss! Die hat ja einen Ruf wie Donnerhall!! So ein abgelecktes Butterstück!
    – You think so?, fragte er.
    – Das ist so! Das weiß jeder!!
    Aus irgendeinem Grunde mochte er mir nicht beistimmen, und das machte mich fuchsteufelswild. Wieso kriegte ich ihn nicht dazu, schlecht von ihr zu denken?
    – Ah well, sagte er und strich sich über sein T-Shirt. Dann meinte er, es sei schon spät und er müsse noch auf die Struderlehe, immerhin drei bis vier Kilometer. Er sei ein wenig kaputt von der Arbeit heute auf dem Schrottplatz und dann die Anstrengung, ein guter »Schwiegersohn« zu sein, und jetzt die Sache mit dem Lumpenschnaps. Mein Gott. Scholmerbach hätte es ja schon in sich.
    Ich war enttäuscht und unzufrieden. Seit wann war eine Dorfnacht in Scholmerbach so kurz? Hatte ihr Zauber nicht verfangen?
    – Ich gehe mit dir, sagte ich. Ich liebte es nun mal, durch die Nacht zu stolpern. Ich war ja auch ein wenig durcheinander, aber vielleicht konnte ich ihn noch ein wenig vom Wege abbringen. Aber es gelang mir nicht.
    War es der Lumpenschnaps, war es das Hexenwerk der Lydia Kosslowski, war es meine eigene Einfalt oder hörte ich das Sorgengeflüster meiner Eltern in der Nacht – es war jäh vorbei.
    Eine große Müdigkeit überkam uns und ließ uns nach Hause gehen, wir trennten uns auf dem Haselbacher Feld, oben bei den drei Eichen, wo es zum Silbersee geht, und rochen noch ein wenig die Nachtluft und erschraken, wenn wir in nasse Spinnweben hineinliefen.
    Am nächsten Morgen schien es Apollonia schlechter zu gehen. Ich war früh aufgewacht und hörte in der Küche die Schwester herumgehen und wie sie sagte:
    – Ach, der Verband hält nicht mehr. Kann man so nicht lassen.
    Dann lief meine Mutter die Treppe herunter und wieder hoch, auf einmal war mein Vater oben in der Küche, und ich hörte ein Gestöhne. Ich wagte mich im Nachthemd um die Ecke und schielte ins Zimmer.
    – Wo kann man mal telefonieren?, fragte die Schwester.
    Sie hielt eine Nierenschale mit einer Mullbinde voller kleiner Blutflecke in der Hand.
    – Ich gehe mit Ihnen, sagte mein Vater.
    – Kann man denn da nichts machen?, fragte meine Mutter.
    Ich ging hinein und sah, dass meine Oma an der Seite des Nachthemdes auch Blut hatte, und zwar dort, wo man der Natur einen anderen Verlauf aus dem Leib herausgezwungen hatte. Sie hielt sich den Flecken und versuchte hinzusehen und sagte etwas wie oh weh und au wei, und man hatte ihr schon einen gelben Strickpullover angezogen und über die Beine eine braune Strumpfhose, für den Krankenwagen. Wenn die Sanitäter kamen und sie mitnahmen, dann sollte sie nicht frieren. Das verhasste, vermaledeite Krankenhaus sollte sie wieder aufnehmen, und die Schwestern und Doktoren konnten sich wieder auf was gefasst machen, und es wäre gut gewesen, der Dr. Samstag wäre gekommen und hätte ihr vorher noch eine schöne Spritze verpasst, damit sie sich ein wenig freute, ganz gleich, was geschah.
    – Kommt der nicht, der Dr. Samstag?, fragte ich.
    – Der kann jetzt auch nicht helfen, sagte meine Mutter. Sey muss bestimmt noch mol operiert werden, die Wunde es aufgebrochen.
    – Oh jeh.
    Es dauerte nur zwanzig Minuten, dann kam der Krankenwagen von Limburg, und die Sanitäter brachten meine Oma die Treppen hinunter, und man

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