Apple - Die Geburt eines Kults
unerwartet getroffen. Einigen Top-Managern von Apple widerstrebte es etwas, ein börsennotiertes Unternehmen zu leiten. Eine Zeit lang war Jobs von der Vorstellung fasziniert, es der riesigen privaten Baugesellschaft Bechtel aus San Francisco nachzutun. Ihm gefiel der Gedanke, keine Informationen herauszugeben, die Konkurrenten helfen könnten; ein multinationales Unternehmen zu leiten, ohne den Druck von Aktionären aushalten zu müssen; und sich die höhnischen Bemerkungen der Störenfriede zu ersparen, die sich einen Zeitvertreib daraus machen, auf Hauptversammlungen zu erscheinen. Jobs wusste ebenso wie seine Kollegen, welchen Zeitaufwand es bedeutete, die Due Diligence abzuwickeln, die juristischen Arbeiten im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Aktienprospekts zu erledigen und die Belastung langwieriger Reisen auf sich zu nehmen, um Bankern und Investoren in großen Städten Amerikas und Europas die Stärken des Unternehmens zu erläutern.
Michael Scott wollte, dass Apple ohne Hilfe von Außenstehenden zu einem Großunternehmen wuchs, und er beschimpfte ohne Umschweife seine Feindbilder: Anwälte, die seine Handlungsfreiheit einschränkten, Bundesbürokraten, die ihn mit Unterlagen überschwemmen würden, und Journalisten, die nichts anderes tun würden, als seine Gedanken falsch wiederzugeben.
Von den persönlichen Vorlieben abgesehen gab es für Apple zwingende Gründe, an die Börse zu gehen. Der Markt für Neuemissionen, der in den Jahren nach der Rezession 1973/1974 geschwächelt hatte, wurde im Jahr 1980 wieder etwas munterer. Zum Teil rührte das daher, dass im Jahr 1978 der Höchstsatz der Kapitalertragsteuer von 49 auf 28 Prozent gesenkt worden war. Dies hatte dazu geführt, dass sehr viel mehr Geld in Wagniskapitalfonds floss. Apple hatte es zwar schon vor der Steuersenkung gegeben, aber andere Unternehmen, die langsam aus der Verborgenheit auftauchten, verdankten ihre Existenz zumindest teilweise den Venturecapital-Fonds. Interne Erhebungen bei Apple ergaben außerdem, dass die Anzahl der Aktionäre – aufgrund der Verteilung von Aktienbezugsrechten – bald über 500 steigen würde. Gemäß dem Securities and Exchange Act von 1934 waren alle Unternehmen ab diesem Punkt verpflichtet, öffentliche Berichte einzureichen. Aber vor allen Dingen befand sich Apple in der glücklichen Lage, dass es eigentlich gar keine große Geldspritze brauchte.
Allen Gründern und Managern von Apple war klar, dass der Börsengang ein wesentlicher Teil des Erwachsenwerdens war. Sie hatten je nach Neigung des Sprechers zu hören bekommen, die Aktienemission sei mit einem 21. Geburtstag, mit der Geburt eines Erben, mit der Vermählung einer Tochter oder mit einer Bar-Mizwa vergleichbar. Als Arthur Rock auf einer Board-Versammlung im August 1980 argumentierte, ein Börsengang sei ein Hindernis, das zu dem einen oder anderen Zeitpunkt bewältigt werden müsse, beschlossen die Apple-Direktoren, auf seinen Rat zu hören. Die Menschen waren eher von dem Zeitpunkt als von der Nachricht an sich überrascht. Fred Hoar, der frisch eingestellte Vizepräsident für Kommunikation, musste eine Pressemitteilung verfassen, noch bevor er einen eigenen Schreibtisch hatte. Unterdessen wurde Regis McKenna gebeten, die Anzeigen zu streichen, die im Wall Street Journal geschaltet wurden, um etwaigen Vorwürfen seitens der Securities and Exchange Commission vorzubeugen, die Aktie werde übermäßig beworben.
Die Stärke von Apples Verhandlungsposition schlug sich in der Zahl von Investmentbankern nieder, die an die Tür klopften und versuchten, die Tugenden ihrer Firmen zu verkaufen. Der Börsengang von Apple versprach, einer der größten seit Jahren zu werden, und die Aussicht auf entsprechende Provisionen reichte, um selbst dem seriösesten Investmentbanker das Wasser im Munde zusammenlaufen zu lassen. Die Besucher hinterließen dick wattierte Broschüren. In diesen wurden die Vorzüge gepriesen, die es hätte, den Wert von Apple von ihrer Firma schätzen zu lassen. Außerdem war viel von „anhaltenden Beziehungen“, „After Market Support“ und „Einzelhandelsgeflechten“ die Rede.
Unter anderem sprachen Vertreter der Investment- und Emissionsfirma Hambrecht & Quist aus San Francisco vor, die sich seit rund zehn Jahren auf Investitionen in junge Unternehmen und auf die Zeichnung von Technologie-Aktien spezialisiert hatte. Die Männer von Hambrecht & Quist mussten ungefähr zehn Besuche absolvieren und den Spitzenmanagern sowie
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