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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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nach einem passenden Bild –, »daß
zwischen allen ein Spiel im Gange ist, so schnell und so kompliziert und
präzise wie ein erstklassiges Tennismatch? In jeder dieser Städte steht jemand
und wartet auf den Ball, der für den Fortschritt seiner Disziplin steht, wartet,
daß er ihn zurück übers Netz schlägt, mit einem neuen Dreh, einem unerwarteten
Winkel. Und dann dieser Irrsinn – Leute wie Heaven verschieben Briefmarken und
stopfen sich die Taschen voll, und Torpedos« – plötzlich blitzte Humor hinter
den blauen Brillengläsern – »schleudern uns Polizisten vor die Tür! Aber wir
sollten dem Schicksal ja dankbar sein, daß es uns Appleby beschert hat. Er hat
uns auf eine Gefahr aufmerksam gemacht, die wir noch gar nicht gesehen hatten.
George, wir müssen auf der Hut sein – und Sie natürlich auch, Dunchue.«
Hailstone gab das Zeichen für den Benedictine.
    Der Kaffee war ausgezeichnet, er war es wert, daß man bei ihm
verweilte, und es machte auch niemand Anstalten, anderes zu tun. Der
Tatendrang, zu dem sich Hailstone bei der Erläuterung seiner Arbeit
aufgeschwungen hatte, war offenbar verflogen: George schlief fest; Dunchue,
nach der Mahlzeit wieder ein gutes Stück nüchterner, hatte Dianas Reize
entdeckt. Appleby verfolgte seine Annäherungsversuche mit tadelnswertem
Gleichmut; er lehnte sich zurück, ließ den Benedictine nach dem ausgezeichneten
Rheinwein seine Wirkung tun und lauschte dem Plätschern der Wellen, die ihre
Kraft schon weit draußen auf dem Riff verloren hatten. Es war wie das machtlose
Murmeln der Stunden und Tage, die ihre Kraft zu locken, die Aufmerksamkeit zu
fesseln längst verloren hatten. Und dieses Bild wirkte seinerseits in den
Tiefen seines Verstandes weiter, wie ein Schlüssel, mit dem man tastet, bis er
greift. Oft dreht er sich nur ein einziges Mal im Schloß, und nur die eine
Tür steht dem Gedanken offen … Appleby sah durch den Fliegendraht der schmalen,
tief hinabreichenden Fenster nach draußen zu den Korbstühlen und dem perfekt
polierten Chromtisch, zu den Gläsern, aus denen sie Dunchues abscheulichen
Aperitif getrunken hatten; dankbar kehrte er zu Hailstones Likör zurück, und in
der farblosen Tiefe des winzigen Glases sah er mit einem Mal eine andere Welt.
Da lag das Geheimnis, sagte er sich, da und nirgends sonst – hier mußte er
ansetzen, hier war er ihm auf der Spur. Sein Blick wanderte zurück zu
Diana und zu Dunchue, der sich über die Obstschale zu ihr vorgebeugt hatte. Sie
sahen so unwirklich, so unglaubwürdig aus wie ein schon halb abgelaufener Film,
in einem Kino, in das man plötzlich aus dem Licht des Tages geraten ist. Schon
in fünf Minuten, in der nächsten Szene, würde Dunchue wieder der adrette junge
Mann sein, das Haar gekämmt, die Hose wie durch Wunder mit einer Falte
versehen. Doch binnen zehn weiteren würde es zu einem Mißverständnis kommen; er
würde betrunkener sein denn je und über Nacht einen Dreitagebart bekommen; erst
ein Wirbelsturm, der reichlich Gelegenheit zu heroischen Taten bot, würde alles
wieder in Ordnung bringen. Und in der Großaufnahme zum Schluß wäre er ganz der
sympathische Tunichtgut; er würde einen entsetzlich schmalen Schnurrbart
tragen, zur Perfektion getrimmt. Und Diana, die bis auf die Haut naß geworden
war, so daß ihr gar nichts anderes übrigblieb, als hinter einem Wandschirm, der
sich als ausgesprochen dekorativ erwies, ihre Kleider abzulegen … Appleby
blinzelte mit den Augen. Er war hinter ein Geheimnis gekommen und hatte es
schon beinahe gelöst – hatte beinahe das Rätsel gelöst, das sich noch gar nicht
wirklich offenbart hatte –, und doch verfiel er noch immer dem Zauber dieser
Insel. Er leerte sein Glas, und mit dem letzten Schluck vertrieb er die
Schweizer Familie Robinson, schon lange in weite Ferne gerückt, ein für
allemal. Er nahm eine Zigarette, zündete sie sich an, und in den trägen blauen
Rauchkräuseln nahm allmählich ein anderer, größerer Klassiker Gestalt an.
»Tusitala«, sagte er laut.
    Hailstone blickte auf, verdutzt. »Wie bitte?«
    »Ach, nichts. Mir fiel nur der Name wieder ein, den die Eingeborenen
dieser Inseln Robert Louis Stevenson gegeben haben. Der Mann, der Geschichten
erzählt.«

Kapitel 14
    Und gräbt, dachte Appleby, bis er endlich sein Grab sich gräbt … Er raffte sich auf, als die anderen sich erhoben und an die Vorbereitungen zu
ihrem Ausflug gingen. Es fand sich ein zweiter Sonnenschirm für Dunchue und
Diana; ein kleiner Picknickkorb

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