Aprilgewitter
Droschke herbei, setzte sich hinein und versuchte, an angenehmere Dinge zu denken als an Malwine von Trettin. Als Nächstes würde er sich ein eigenes Reitpferd kaufen müssen. Zwar hatte Oberst von Scholten ihm eines aus seinem Stall geliehen, doch dieser Zustand durfte nicht andauern. Da er sich als Städter nicht zutraute, geschickt kaschierte Fehler eines Gauls zu erkennen, fragte er sich, wer ihm dabei helfen konnte. Leider kannte er nur wenige Männer in Berlin, und die meisten davon wussten über Pferde noch weniger als er.
Fridolin grübelte noch über dieses Thema nach, als die Droschke vor seinem Haus anhielt und der Kutscher ihm die Hand hinstreckte, um den Fahrpreis zu kassieren. Während Fridolin bezahlte, betrachtete er das Haus, das er für sich und Lore gemietet hatte. Im Vergleich zu Grünfelders Villa erschien es ihm winzig, und gegen Rendlingers Palast war es kaum mehr als eine Hütte. Wahrscheinlich würde er sich demnächst auch ein Domizil suchen müssen, das seinem Stand angemessen war. Er schob den Gedanken jedoch beiseite. Solange er beim Militär weilte, wollte er Lore nicht die Beschwerden eines weiteren Umzugs zumuten.
An der Tür angekommen, öffnete er mit dem Schlüssel, anstatt den Klopfer anzuschlagen und darauf zu warten, bis Jean oder eines der Hausmädchen erschien. Als er eintrat, überraschte ihn die Stille, die ihm entgegenschlug. Nur aus seinem Schlafzimmer klangen leise Stimmen und unterdrücktes Lachen. Unwillkürlich ging er darauf zu, machte die Tür auf und sah Jean und Nele auf den Sesseln sitzen, in den Händen Weingläser, mit denen sie sich eben zuprosteten. Der Diener hatte nur sein Hemd übergestreift, trug dieses aber vorne offen, während Nele völlig unbekleidet war.
»Da bin ich aber auf eine Erklärung gespannt!«, herrschte Fridolin sie an.
Die beiden zuckten zusammen und starrten ihn erschrocken an. »Herr von Trettin! Ich dachte, Sie dürften die Kaserne in den ersten zwei Wochen nicht verlassen«, platzte der Diener heraus.
»Und das habt ihr ausnutzen wollen! Wo ist meine Frau?«
»Die gnädige Frau ist mit Komtess Retzmann und Fräulein von Trepkow ausgefahren. Sie wird erst in der Nacht zurückkehren, da sie für den Abend Theaterkarten bestellt hat!« Obwohl Jean die Tatsache verfluchte, dass sein Herr Nele und ihn in einer so verfänglichen Situation ertappt hatte, gab er die Antwort, die sich für einen guten Diener geziemte.
Fridolin kämpfte mit seiner Enttäuschung, denn er hatte sich auf einen Abend mit Lore gefreut. Stattdessen war sie ausgefahren und ging auch noch ins Theater. Sofort schalt er sich einen Narren. Lore hatte nicht wissen können, dass er heute nach Hause kommen würde, und den Tag daher so verplant, wie es ihr richtig erschien. Und hatte er sie nicht darin bestärkt, mehr unter Leute zu gehen?
»Wer begleitet meine Frau? Sie wird sich doch hoffentlich nicht ohne männlichen Schutz in die nächtliche Stadt wagen?«, fragte er.
Angesichts dieser Fragen schöpften die beiden Dienstboten Hoffnung, dem sicher geglaubten Donnerwetter entgehen zu können. »Ein Offizier begleitet die Damen«, antwortete Jean.
»Ein Offizier?« Fridolin dachte an Hasso von Campe und ballte die Fäuste.
Doch das war etwas, worüber er mit Lore unter vier Augen sprechen wollte. Zunächst galt es zu entscheiden, was er mit diesem sauberen Pärchen anfangen sollte. Am liebsten hätte er sie auf der Stelle entlassen und aus dem Haus geworfen. Doch dann hätte Lore eine neue Dienerschaft besorgen müssen, und ob die besser sein würde als die beiden hier, war nicht sicher. Daher entschloss er sich, es bei einem scharfen Verweis zu belassen.
»Ihr werdet jetzt mein Zimmer aufräumen und die Betten neu überziehen. Solltet ihr es wagen, hier noch einmal ähnlichen Betätigungen nachzugehen, werdet ihr dieses Haus auf der Stelle verlassen. Habt ihr mich verstanden?«
Die beiden nickten so erleichtert, dass er sich einen weiteren Hieb nicht verkneifen konnte. »Solltet ihr Gefallen aneinander gefunden haben, könnt ihr meinetwegen heiraten und gewisse Dinge in eurem eigenen Zimmer treiben. Vorher will ich so etwas nicht mehr sehen! Außerdem solltet ihr für euer Gelage eine billigere Weinsorte aus meinem Keller holen.« Mit diesen Worten ließ er das Paar allein und ging ins Wohnzimmer. Dort traf er auf Jutta, die gerade ein Kleid zuschnitt, das Caroline in Angriff nehmen wollte.
»Bist du jetzt auch ins Schneiderhandwerk gewechselt?«, fragte er
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