Aprilgewitter
just in dem Augenblick erschien Hede mit Lenka.
Die hübsche Hure war unschlüssig, was sie tun sollte, und musterte von Palkow durchdringend. »Madame sagte, Sie wünschen meine Dienste außerhalb dieses Hauses?«
»Außerhalb Berlins, um es genau zu sagen. Es wäre für ein ganzes Wochenende, und ich zahle gut!«
Lenkas Augen leuchteten auf. Da sie keine Freier im Bordell empfangen konnte, kam ihr ein solcher Nebenverdienst gerade recht. Dennoch blieb sie misstrauisch. »Dürfte ich erfahren, wie viele Herren dabei anwesend sein werden?«
Von Palkow hatte sich überlegt, einige Offiziere seines ehemaligen Regiments einzuladen, diesen Gedanken aber wieder verworfen. Wenn zu viele mit von der Partie waren, würde er Elsie mit ihnen teilen müssen, und das wollte er nicht. Daher strich er auch Hasso von Campe von seiner Liste.
»Außer mir wird nur Leutnant von Trepkow als Besitzer des Hauses dabei sein. Zwei Herren und zwei Huren. Ich halte das für ein ausgewogenes Verhältnis!« Der Major schmunzelte und sah, wie Elsies Gesicht freudig aufglänzte.
»Nur zwei Herren?« Lenka nickte unbewusst. Selbst wenn die Männer sich austoben wollten, würde ihre Manneskraft nicht unerschöpflich sein.
»Wenn Madame einverstanden ist, bin ich bereit, Ihre Einladung anzunehmen. Allerdings muss ich darauf bestehen, dass Sie die Bezahlung für dieses Wochenende im Voraus leisten. Dies sollte Sie allerdings nicht daran hindern, meiner Kollegin und mir auch noch ein Trinkgeld zu reichen, wenn Sie zufrieden sind.«
Statt einer Antwort zog von Palkow seine Brieftasche und zählte Hede die Summe hin, die diese ihm nannte. Vor seiner Zusammenarbeit mit Delaroux hätte sie ihn erschreckt, doch nun entlockte sie ihm nur ein müdes Lächeln.
»Ich lasse die beiden Damen morgen Nachmittag mit einer Droschke abholen. Ich wünsche noch einen guten Tag!« Ohne jede weitere Höflichkeitsformel wandte von Palkow sich zum Gehen und ignorierte dabei Elsies enttäuschte Miene. An diesem Ort durfte er um keinen Preis der Welt den Anschein erwecken, als behandele er sie besser als das andere Mädchen. Waren die beiden Huren erst einmal in von Trepkows Haus, sah die Sache anders aus.
Voller Vorfreude auf die Stunden mit Elsie verließ er das
Le Plaisir
und wurde auf der Straße von einem Mann in einem unmodischen Anzug aufgehalten. »Na, das war aber eine kurze Nummer!«
Von Palkow wandte sich um und zog die Augenbrauen hoch. »Habe ich dir erlaubt, mich anzusprechen?«
»Wer wird denn gleich in die Luft gehen?«, murmelte der andere und ging weiter.
Der Major meinte zu begreifen, was diesen Menschen bewegte. Bislang war Hede Pfefferkorns Bordell zu teuer für seinesgleichen gewesen, und jetzt hoffte der Kerl, die Mädchen zu einem weitaus geringeren Preis zu bekommen. Doch selbst wenn dies der Fall sein sollte, war Elsie dann längst auf dem Weg nach Amerika und er kurz davor, ihr nach dem erfolgreichen Attentat auf Prinz Wilhelm zu folgen.
Zufrieden kehrte er in die Potsdamer Straße zurück und bemühte sich den Rest des Nachmittags, Malwine von Trettin zufriedenzustellen. Da er ihr nach dem Liebesspiel Champagner und französische Delikatessen vorsetzen konnte, gelang ihm dies besser als sonst.
Am Abend suchte er das Kasino der Zweiten Garde-Ulanen auf und blickte in die Runde, bis er Friedrich von Trepkow entdeckte. Er trat auf diesen zu, befahl einem Diener, zwei Gläser Burgunder zu bringen, und stieß mit dem Leutnant an.
»Na, Trepkow? Haben Sie Ihren Sturm auf diesen weiblichen Geldschrank bereits begonnen?«
Von Trepkow verzog das Gesicht. »Ich wollte vorhin bei Grünfelders vorsprechen, doch die Damen ließen mir ausrichten, sie würden heute niemanden empfangen.«
Die Enttäuschung des Leutnants war unverkennbar. Von Palkow, der sich für einen Menschenkenner hielt, sagte sich, dass Wilhelmine Grünfelder sich gewiss rasch über ihren Verlust hinwegtrösten und ihre Hand dem ersten Herrn schenken würde, der um sie anhielt und ihr das begehrte »von« im Namen schenken konnte. Daher klopfte er von Trepkow leutselig auf die Schulter.
»Keine Sorge. Die Damen werden sich nicht ewig vor der Welt verschließen. Wagen Sie morgen noch einmal einen Versuch! Wette mit Ihnen, in spätestens zwei Monaten können wir Ihre Verlobung mit Wilhelmine feiern.«
»Ich kann nicht einmal mit Ihnen wetten, Herr Major, so blank bin ich. Nur gut, dass Campe sich nicht weiter um Trettins Frau bemüht. Hat wohl kalte Füße bekommen.
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