Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
Vom Netzwerk:
den Vorwurf eingebracht, Elsie müsse das
Le Plaisir
verlassen, da es hier nichts mehr zu verdienen gab.
    Daher reichte Hede dem ehemaligen Dienstmädchen die Hand zum Abschied und wunderte sich über den Ausdruck des Triumphs, der das Gesicht der Schlampe überzog. Wie es aussah, freute dieses Miststück sich, dass sie in Schwierigkeiten steckte. Auch wenn es nicht leicht sein würde, ein neues Mädchen zu finden, das sich für gewisse Perversionen hergab, war Hede froh, Elsie los zu sein. Das Weib war immer eine Unruhestifterin gewesen und hatte die Arbeit, die ihr aufgetragen worden war, nur schludrig erledigt.
    Lenka hingegen war ihr ans Herz gewachsen. Sie umarmte das Mädchen und forderte den Leutnant auf, sie am Montag gesund wiederzubringen.
    »Ja, ja! Das mache ich schon«, antwortete von Trepkow, der froh war, nicht in der Droschke mitfahren zu müssen, sondern reiten zu können. Sollte er unterwegs auf Kameraden oder Bekannte treffen, konnte er so tun, als gingen die beiden Huren ihn nichts an.
    Er schwang sich in den Sattel, nahm den Zügel entgegen, den Anton ihm reichte, und herrschte Elsie und Lenka an, endlich in den Wagen zu steigen. Dann zog er seinen Rappen herum und legte die nächsten hundert Meter in forschem Trab zurück.
    »Auf Wiedersehen! Bis Montag!« Lenka winkte Hede und den anderen Mädchen zu und ließ sich dann auf das Sitzpolster sinken.
    Anders als sie schenkte Elsie ihrer bisherigen Chefin und ihren Kolleginnen keinen Blick mehr, sondern grinste in sich hinein. Als Erstes würde sie Lenka all die Schmähungen heimzahlen, die sie von ihr und den anderen Huren hatte erleiden müssen. Ihre Hand stahl sich dabei wie von selbst in ihre Handtasche, in der unter Taschentüchern versteckt Fridolins Pistole steckte. Die Waffe war geladen, und Elsie überlegte, ob sie nicht eine Kugel für Lenka verwenden sollte.
    Da ihre Begleiterin verbissen schwieg, blieb Lenka nichts anderes übrig, als stumm in der Droschke zu sitzen und hinauszustarren. Der Wagen erreichte nun die Ausfallstraße nach Potsdam und reihte sich in den Strom zahlreicher Kutschen ein, die in die gleiche Richtung strebten. Leutnant von Trepkow ritt etwa dreißig Meter vor ihnen und drehte sich nur gelegentlich um, als wolle er sichergehen, dass der Wagen ihm noch folgte.
    Zunächst musterte Lenka die Kleider der Damen, denen sie unterwegs begegneten, doch schon bald begann sie über ihre persönliche Situation nachzugrübeln. Für sie war der hässliche Zwischenfall mit dem Mord höchst ärgerlich. Wenn sie weiterhin gut verdient hätte, wäre es ihr möglich gewesen, noch vor dem Winter genug Geld zusammenzubringen, um das
Le Plaisir
verlassen und ihren Traum von einer Heirat in Übersee verwirklichen zu können. Nun würde es viel länger dauern, bis es ihr möglich war, ihr Schicksal zum Besseren zu wenden, wenn es ihr überhaupt gelang.
    Hede Pfefferkorn würde es schwerfallen, mit ihrem Bordell an die Erfolge früherer Zeiten anzuknüpfen. Vielleicht, sagte sich Lenka, wäre es auch für sie besser gewesen, das
Le Plaisir
zu verlassen und ein anderes Freudenhaus zu suchen, in dem sie arbeiten konnte. Bei dem Gedanken aber würgte es sie. Wenn ein Freier sich ihrer bediente, fühlte sie sich zumeist wie ein Stück Fleisch ohne eigenen Willen. Dabei war sie Hedes Star gewesen. In einem anderen Bordell würde sie wieder ganz unten anfangen und jene Dinge tun müssen, die sie und ihre Kolleginnen an Elsie abgeschoben hatten.
    Sie fällte den Entschluss, sobald sie zurück ins
Le Plaisir
kam, ihr erspartes Geld an sich zu nehmen und sich auf die Reise nach Kanada machen. Zwar würde sie sich nur eine Zwischendeckspassage leisten können und als arme Frau drüben ankommen. Dennoch hoffte sie, dort einen Ehemann zu finden, der ihr helfen würde, die letzten Jahre hier in Berlin zu vergessen. Vorher musste sie nur noch dieses eine Wochenende als Hure überstehen.

XI.
    V on Trepkows Haus lag ein wenig außerhalb des Dorfes Kleinmachnow in einem Waldgebiet mit eng zusammenstehenden, hohen Bäumen. Da nur ein schmaler, von Gestrüpp überwucherter Pfad das Haus mit der Straße verband, zügelte der Droschkenkutscher sein Pferd auf der kleinen Lichtung, an der der Weg begann.
    »Ne, da fahr ich nicht weiter! Da gehen mir ja die Achsen zu Bruch«, rief er von Trepkow zu.
    »Jetzt stell dich nicht so an und fahr zu! Wir sind doch gleich da.« Von Trepkow hob die Reitpeitsche, als wolle er den Mann schlagen.
    Der aber packte seine

Weitere Kostenlose Bücher