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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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»Wir folgen Fridolin für den Fall, dass er Unterstützung braucht. Geht ihr inzwischen in den Gasthof und wärmt euch auf. Kowalewski soll bei euch bleiben.«
    »Kowalczyk, wenn ist genehm«, warf der Pole ein.
    »Sagte ich doch!«, antwortete Thomas, dessen Gedanken sich nur um Fridolin und Lore drehten.
    »Geht ihr ruhig. Wir kommen schon zurecht. He, hallo, Bursche! Bringe die Koffer auf unsere Zimmer!« Dorothea winkte dem Wirtsknecht, der herausgekommen war, um nach den neu eingetroffenen Gästen zu sehen, und deutete auf die Koffer in den beiden Schlitten. Da ihr Mann und Konrad sich nun ebenfalls an den Aufstieg machten, bezahlte sie die Kutscher und reichte ihnen ein gutes Trinkgeld.
    »Guter Mann, wie kommt man als Frau bei so viel Schnee dort hinauf?«, fragte sie den Knecht, der die ersten Koffer versorgt hatte, und wies auf Lores Hütte.
    »Zu Fuß geht da nichts«, antwortete der Mann im schleppenden Tonfall der Bergbewohner. »Mit einem Schlitten wäre es vielleicht möglich. Aber besser ist es, Sie lassen sich hochtragen. Mein Schwager hat letztens das Mädli hochgebracht. Allerdings war das leichter als Sie!«
    »Können Sie uns zwei Herren besorgen, die meine Begleiterin und mich hinauftragen, für ein gutes Trinkgeld natürlich?«, fragte Dorothea.
    Der Wirtsknecht nickte gemächlich. »Das könnte ich. Ich bringe nur vorher die Koffer ins Haus. Sie können ja derweil eine Tasse Schokolade trinken.«
    »Das ist keine schlechte Idee! Was meinen Sie, Caroline?«
    Diese nickte, und so betraten die beiden Frauen das Wirtshaus. In der Gaststube wandte Caroline sich an den Wirt. »Ist Herr Hilgemann bereits eingetroffen?«
    »Noch nicht, aber er hat sich für morgen angemeldet«, antwortete der Mann.
    »Herr Hilgemann kennt Fridolins Ungeduld nicht, sondern hat geglaubt, wir würden, wie ursprünglich geplant, erst morgen anreisen«, warf Dorothea ein, als sie Carolines Enttäuschung bemerkte.
    Diese atmete tief durch und versuchte ein Lächeln. »Danke! Ich war schon in Sorge.«
    »Das müssen Sie nicht sein, meine Liebe. Männer sind eigenartige Wesen. Fast könnte man glauben, die Uhr und der Kalender seien ihnen wichtiger als alles andere auf der Welt, und trotzdem vergessen sie unsere Geburtstage und den Hochzeitstag. Aber keiner wird je zu spät zu einem Treffen mit Freunden kommen.«
    Nun konnte Caroline wieder lachen. »Gut, dass Sie mich rechtzeitig warnen, Frau Simmern.«
    »Nennen Sie mich doch Dorothea«, schlug diese vor und nahm die Tasse mit Schokolade entgegen, die die Saaltochter ihr reichte.
    »Das tut nach so einem Tag gut«, lobte sie, nachdem sie einen Schluck getrunken hatte, trat dann ans Fenster und blickte hinaus. »Allmählich sollten die Burschen erscheinen, die uns zu Lore hinauftragen wollen.«
    »Die sind schon hier«, erklärte der Wirt eifrig. »Sie wärmen sich nur noch rasch mit einem Schluck Enzian auf. Es ist ein harter Weg, müssen Sie wissen!«
    »Danke! Dann wollen wir nur hoffen, dass die Herren ihren … äh, Enzian bald getrunken haben.« Dorothea ließ sich ihre Ungeduld anmerken, damit der Wirt ihren beiden Trägern Beine machte. Der Mann verschwand prompt und kehrte nach ein paar Minuten wieder zurück.
    »Der Urs und der Gian wären so weit. Aber sie warnen davor, heute noch aufzusteigen. Es könnten Lawinen abgehen, meinen sie. Es hat in der letzten Woche sehr viel geschneit, und der Schnee hat sich noch nicht gesetzt. Ein lautes Wort – und los geht’s!«
    Die Hoffnung der beiden Männer, an diesem Tag vor ihrem Branntweinglas sitzen bleiben zu können, zerstob jedoch rasch. Erschrocken über die Ankündigung einer möglichen Lawine, dachte Dorothea an ihren Mann, der bereits dorthin unterwegs war, und wollte ihn umgehend warnen. Außerdem erschien es ihr nun doppelt wichtig, Lore und das Mädli, bei dem es sich nur um Nathalia handeln konnte, von dort oben wegzuholen.

VI.
    E s lag etwas in der Luft. Was es war, konnte Lore nicht sagen, doch ein beklemmendes Gefühl legte sich ihr wie ein Ring um die Brust, als sie die Tür öffnete und ins Tal blickte. Es schneite ununterbrochen, und so konnte sie das Dorf nur wie durch einen dünnen Schleier erkennen. Beim Wirt schienen Gäste eingetroffen zu sein, denn dort wurden gerade zwei Schlitten entladen.
    Für Augenblicke hoffte sie, es könnten Freunde von ihr sein, vielleicht sogar Fridolin. Dann schalt sie sich eine Närrin. Der hatte sich wahrscheinlich schon längst mit Grünfelder darauf geeinigt,

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