Aprilgewitter
werde darüber nachdenken, Herr Grünfelder«, sagte er halb überzeugt und trank sein Bier aus. »Wenn Sie erlauben, werde ich jetzt nach Hause fahren!«
Der Bankier hob die Hand. »Aber Herr von Trettin, der Abend ist doch noch jung. Ich hatte gehofft, Sie würden mich noch zu einem gewissen Ort begleiten.«
Grünfelder war offenbar wieder danach, sich mit einer hübschen Hure zu vergnügen, und wie viele andere Männer genierte er sich, den Tempel der Sünde allein zu betreten. Doch so leicht wollte er es dem Bankier nicht machen. »Ich werde mit Ihnen kommen, sofern uns die anderen Herren begleiten!«
»Ich hätte durchaus Lust dazu«, erklärte Emil Dohnke bereitwillig.
Fridolin hoffte bereits, Grünfelder würde seine Pläne ändern, doch nach kurzem Besinnen stimmte dieser zu. »Ich glaube, Sie sind alt genug dazu, Dohnke. Außerdem haben Sie gedient.«
»Was man von mir nicht behaupten kann«, wandte Fridolin gereizt ein.
»Sie werden Ihr Jahr bei der Armee schon noch hinter sich bringen und als wertvoller Bürger in meine Bank zurückkehren, mein Lieber!«
Grünfelder hatte dem guten Bier bereits reichlich zugesprochen und fühlte sich in dieser Runde wohl. Den kleinen Zwischenfall beim Abendessen hatte er bereits vergessen und freute sich auf den Besuch im
Le Plaisir
. Er beglich die Zeche und führte seine Angestellten hinaus. Auf der Straße winkte er einen wartenden Droschkenkutscher heran und befahl ihm, sie zu Hede Pfefferkorns Etablissement in die Stallschreiberstraße zu bringen.
Als sie dort ankamen, bezahlte der Bankier den Droschkenkutscher und stiefelte dann auf die Eingangstür zu. Der Kutscher sah ihm und seinen Begleitern nach und dachte sich, dass seine Familie von dem Geld, das diese Männer in einer Nacht hier ausgaben, etliche Monate würde leben können. Dabei hätte ihn ein Besuch in diesem Nobelbordell selbst gereizt, doch das lag weit außerhalb seiner finanziellen Reichweite. Der Kutscher tröstete sich schließlich damit, dass es in der Friedrichstraße einige Puffs gab, die für seinesgleichen erschwinglich waren. Schließlich waren die Frauen unten alle gleich gestaltet.
Vom Bier befeuert, trat Grünfelder in Hedes Empfangssalon und sah sich sofort nach Lenka um. Auch wenn es eine reiche Auswahl an hübschen Mädchen gab, wollte er doch nur mit ihr ins Separee. Solange er immer mit derselben Hure schlief, so redete er sich ein, würde er seine Frau nicht allzu schlimm betrügen.
Hede sah die neuen Gäste kommen und bemerkte Grünfelders suchenden Blick. Sofort rief sie Elsie zu sich. »Los, hole Lenka! Sie soll sich des Herrn dort annehmen. Du kümmerst dich um ihren jetzigen Kavalier. Sollte er unmutig werden, weißt du, was du zu tun hast.«
Elsie bleckte die Zähne. Wieder einmal musste sie für eines der anderen Mädchen einspringen und dem geprellten Kunden Gefälligkeiten erweisen, für die sich kaum eine der anderen Huren hergab. Die bekamen stattdessen die Herren mit den dicken Brieftaschen, die entsprechend viel Trinkgeld zahlten. Sie aber musste froh sein, nicht an einen Kerl zu geraten, der nur dann in Wallung kam, wenn er ihr den Hintern versohlte, so wie Fürst Tirassow, den sie aus diesem Grund bereits hassen gelernt hatte.
»Geh schon!« Hedes ungeduldige Bemerkung scheuchte Elsie auf, und sie verließ eilig den Salon. Als Lenka dann Grünfelder mit einem strahlenden Lächeln begrüßte, musste sie einen verärgerten Offizier befriedigen, der nicht die geringste Rücksicht auf sie nahm.
Unterdessen hielt Emil Dohnke sich eng an Fridolin und bestaunte die zwar schwülstig wirkende, aber dennoch recht geschmackvolle Einrichtung des Salons und die mit knappen Miedern und schwingenden Röcken bekleideten Mädchen. »So feudal war der Puff, in den ich während meiner Zeit beim Barras mit meinen Kameraden gegangen bin, wahrlich nicht. Ein Besuch hier würde mich für Monate finanziell ruinieren. Ich glaube, ich sollte doch besser gehen. Mein alter Herr würde explodieren, lebte ich auf so großem Fuß.«
Emil machte eine Bewegung, als wolle er tatsächlich verschwinden, doch da trat Hede auf ihn und Fridolin zu. »Willkommen im
Le Plaisir
, meine Herren. Sie sind noch kein Clubmitglied?«, fragte sie Emil.
Dieser schüttelte den Kopf. »Bedauerlicherweise nein, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt eines werden soll.«
In dem Augenblick drehte Grünfelder, der gerade mit Lenka ein Glas Champagner teilte, sich zu ihm um. »Jetzt seien Sie keine
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