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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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gingen. Jetzt rächt Malwine von Trettin sich durch üble Nachreden. Wird ihr aber nicht viel helfen.«
    Von Campe hatte Malwine bei verschiedenen Anlässen getroffen und mit ihr geplaudert. Nun machte er sich über die Witwe lustig und pries im Gegenzug Lores körperliche Vorzüge.
    Zunächst ließ von Trepkow ihn reden. Im Gegensatz zu seinem Kameraden wusste er, dass Malwine von Trettin die derzeitige Geliebte ihres früheren Majors war und über ihre Bekannten einen gewissen Einfluss auf die Berliner Gesellschaft ausübte. So einfach würde Fridolins Gattin diesen Verleumdungen nicht entgehen. Da es ihn jedoch ebenfalls reizte, sein Glück bei der jungen Frau zu versuchen, hielt er den Zügel seines Rappen mit der Linken und streckte von Campe die Rechte hin.
    »Wollen wir darum wetten, wer als Erster die Gunst der schönen Schneiderin erringt?«
    »Aber nicht um eine lumpige Flasche Wein«, lachte von Campe. »Der Verlierer zahlt dem Sieger dessen Anteil am Geschenk für den Prinzen!«
    Dieser Vorschlag raubte Carolines Bruder für einen Augenblick die Stimme. Dann sagte er sich, dass er sowieso gewinnen würde, und nickte. »Abgemacht! Wann sollen wir unsere Attacke beginnen?«
    »Sobald wie möglich! Werde nicht eher aufgeben, bis ich die Bresche geschlagen habe.«
    Angeber, dachte von Trepkow und nahm sich vor, genauso wie bei ihrer letzten Wette mit dem Wagen auf dem Hauptweg den Siegeslorbeer
     einzuheimsen.

I.
    L ore blickte verwundert auf das Kuvert, das Jutta ihr gereicht hatte. Der Brief war tatsächlich an sie gerichtet, und auf der Rückseite stand die Absenderin in zierlicher Schönschrift: Juliane Grünfelder. Das war die Ehefrau von Fridolins früherem Chef und jetzigem Kompagnon.
    »Wie es aussieht, hat die Dame es aufgegeben, mich zu ignorieren«, sagte sie zu ihrem Mann.
    »Aber es ist unüblich, einem Ehepaar getrennte Einladungen zu übersenden«, antwortete dieser mit einem Blick auf die handgeschriebene Karte, auf der er gebeten wurde, am kommenden Sonntag ebenfalls bei dem Fest in Grünfelders Villa zu erscheinen.
    »Vielleicht will Frau Grünfelder sich damit bei mir entschuldigen, weil sie mich ein Vierteljahr lang missachtet hat!«
    Fridolin blieb misstrauisch. Der Umschwung kam für ihn zu überraschend. Bei seinem letzten Gespräch mit Grünfelders Frau und Tochter hatte er eine starke Feindseligkeit gegenüber Lore gespürt, und nun fürchtete er, die Damen würden die Gelegenheit nutzen, seine Frau zu demütigen. Wenn dies geschah, würde es ihm sehr schwerfallen, weiterhin vertrauensvoll mit Grünfelder zusammenzuarbeiten. Dem Bankier war dies gewiss bewusst, und so hatte dieser ebenfalls großes Interesse daran, einen Eklat zu verhindern.
    »Soll ich die Einladungen beantworten und in unser beider Namen zusagen?« Lores Frage beendete Fridolins Gedankengang.
    Nach kurzem Zögern nickte er. »Es wird wohl das Beste sein.«
    Lore streckte die Hand aus. »Dann musst du mir auch deine Einladungskarte geben! Schicken wir die Antwort mit der Post oder soll Jean sie zu Grünfelders bringen?«
    »Wenn der Lakai es macht, wirkt es persönlicher«, antwortete Fridolin und nahm sich vor, an einem der nächsten Tage noch einmal mit Grünfelder zu reden. Dieser musste auf Frau und Tochter einwirken, Lore freundlich bei sich aufzunehmen. Dann aber schob er diesen Gedanken beiseite und nahm die Akte zur Hand, die er aus dem Bankhaus mitgebracht hatte. Konzentriert berechnete er die Höhe des Kredits, den sie einem ihrer Kunden maximal geben durften. Als er einmal aufblickte und zu Lore hinsah, saß diese auf der Chaiselongue und bestickte eine weiße Seidenbluse mit einem aufwendigen Muster.
    Da sie solch ein Kleidungsstück selbst nie tragen würde, arbeitete sie sicher wieder für Mary. Fridolin passte es nicht, dass seine Frau immer noch für fremde Leute nähte und stickte, hielt aber, aus Erfahrung klug geworden, den Mund. Ihre Verbindung zu Mary war sehr eng, und es war der Wunschtraum von beiden gewesen, einen eigenen Modesalon zu besitzen.
    Bei diesem Gedanken empfand er zu seiner eigenen Überraschung einen Hauch von Neid. Welche Träume hatte er für seine Zukunft gehegt?
    Als Knabe hatte er natürlich gehofft, dem Vorbild seines Vaters folgen und Offizier werden zu können. Doch seine Mutter hatte dies mit aller Macht verhindert. Er hatte nicht einmal die Kadettenstelle antreten dürfen, die ihm als Sohn eines tapferen Offiziers, der für sein Vaterland gefallen war, angeboten worden

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