APROPOS JANE ROBERTS - ERINNERUNGEN EINER FREUNDIN (German Edition)
hoffnungslose Erschöpfung, die darunter lag, tonnenschwer, wie das Gewicht eines unendlichen Ozeans. 1
* * * *
Drei Jahre später, im Spätsommer 1985: Ich wechsle die Laken auf dem Sofa, auf dem sich meine Mutter gerne ausruht, im Zimmer mit all den großen Fenstern, wo sie den Vögeln zuschauen kann. Sie ist schwerkrank, hat Leberkrebs, ist dünn wie ein Schatten, ihre Augen sind riesig groß und dunkel. Als ich ihr zurück auf das Sofa helfe, sagt sie zu mir: „So will ich nicht leben. Ich bin zu weit gegangen, um noch umkehren zu können.“
Ich starre sie überrascht an. Wir haben nie über die offensichtliche Tatsache ihres nahenden Todes gesprochen. Ich sage: „Es könnte dir wieder besser gehen,“ obwohl ich weiß, dass das nicht geschehen wird.
„Ich glaube, ich wäre lieber bei ihm,“ sagt sie und meint meinen Vater, der 1983 starb.
Ich schaue in ihre Augen. „Dann entscheide dich,“ sage ich. „Tu das, was du tun willst, entscheide dich für das eine oder für das andere, aber fahr nicht fort, dich selbst zu quälen. Es könnte dir besser gehen, wenn du das wirklich willst, aber es ist auch in Ordnung, sich zu verabschieden.“ Und ein paar Wochen später tut sie das.
Wie seltsam und wie ironisch und doch wiederum wie angebracht, dass ich gegen Ende ihres Lebens mit beiden das gleiche Gespräch hatte, mit Jane und mit meiner Mutter – mit diesen Frauen auf beiden Seiten von mir, die beide so unnachgiebig weit voneinander entfernt waren und die beide an unaufhaltsamen autoimmunen Krankheiten sterben sollten. Und deren eigene Mütter an derselben Krankheit gestorben waren.
* * * *
Juli 1982: Es ist einige Wochen her, seit Jane nach ihrem ersten Krankenhausaufenthalt nun wieder zuhause ist. Während kurzer Zeit scheint sie hoffnungsvoll, optimistisch und freut sich, an ihrem nächsten Überseele Sieben-Projekt arbeiten zu können. In ihrer Tagebucheintragung vom 6. Juli schreibt sie, „… nun, da ich sogar wieder so gut tippen kann – sehr langsam, mit einem Finger aufs Mal, meine wund gelegenen Stellen am Hinterteil austricksend – aber entschlossen, es zu schaffen, weiß ich gar nicht richtig, wo ich beginnen soll. Es geht mir jedoch viel besser als ich dachte…“
„Beide Finger meiner linken Hand waren stark entzündet – etwas, das sich nun mit Riesenschritten bessert. Das heißt auf jeden Fall, dass ich tägliche Notizen oder Gedichte oder was auch immer tippen kann, so gut wie es eben geht, jeden Tag… Ich habe das Gefühl, als ob während dieser ganzen Erfahrung ein Jahr verschwunden sei, eines, das ich hauptsächlich in Qualen wund gelegener Stellen und Demütigungen schmerzender Haut verbracht habe, nur hie und da unterbrochen von den fürchterlich negativen Projektionen des medizinischen Berufsstandes…“
Wie schon so viele Male in der Vergangenheit zeigen sich kleine, aber deutliche Verbesserungen. Rob stellt ihr einen Tisch zum Schreiben im umgebauten Durchgang bei der Küche bereit. „Ich versuche, es mir so bequem wie möglich zu machen, damit ich länger tippen kann,“ schreibt sie. „…Finger sind stärker auf den Tasten und ich weiß, es wird okay sein… Tippe ein wenig schneller.“ Sie notiert Träume, schreibt einige Gedichte. „Döse aber immer noch hie und da ein,“ fügt sie hinzu, aufgrund der Dosierung der Schilddrüsenmedikamente.
Aber dann beginnt sie, zuerst langsam, dann immer schneller, den Boden zu verlieren. Sie hat Probleme, das Papier in die Schreibmaschine einzulegen, ihre Tagebucheintragungen werden wegen der Tippfehler fast unleserlich. Ihr letzter Schreibmaschinen-Eintrag stammt vom 15. Juli 1982:
Lese etwas mehr von Robs Notizen und arbeite ein wenig an Überseele; es ist ein Anfang. Die letzten Tage waren ziemlich feucht und warm, Frank kam schnell vorbei, Margaret…8 [sic] ein paar Mal kurz, Augen schienen besser lesen zu können.
Es folgen noch zwei handgeschriebene Seiten. Sie sind verschmiert und schwierig zu lesen. Es sind ihre letzten Tagebucheintragungen, vom August 1982:
Oh deine Stimme
ist so vertraut.
Wo habe ich sie
schon einmal gehört
in Träumen
oder winzigen Wiegenliedern
oder glitzernden
Wasserfällen
zur Mittagszeit
Gegenstück
Gefährtin
_________
Es gibt einen
Streifen
Sommer
in einem geheimen
Tal
Wo geheimnisvolle Stimmen
sprechen
_________
bald … Sue
Daran angeheftet ist eine Seite mit dem Titel „Die dumme Blume“. Es ist ein kurzer Auszug aus einem Monolog aus Im Dialog mit Seth
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