APROPOS JANE ROBERTS - ERINNERUNGEN EINER FREUNDIN (German Edition)
kann ich nicht sagen. Ich hatte keinen klaren, treibenden Willen, der meine Fähigkeiten dominierte und daher keine Bestätigung, die ich mir selber geben konnte. Ich wusste, dass Jane über meinen Mangel an Zielgerichtetheit enttäuscht war, dort, wo diese Zielgerichtetheit wichtig war – wo Jane dachte, sie sei wichtig –, und ich konnte mich nie überwinden, dieses Thema zu diskutieren. Es ging ja auch nicht darum, dass ich überhaupt nichts schrieb; schon seit jeher hatte ich massenweise Geschichten, Gedichte, unvollendete fantastische Romane, tägliche Traumaufzeichnungen und Tagebücher geschrieben und eine umfangreiche Korrespondenz mit Freundinnen und Briefkameraden geführt. In den Jahren der ASW-Klasse verdiente ich meinen Lebensunterhalt als Zeitungsreporterin und schrieb eine wöchentliche humoristische Kolumne für den Observer von Dundee, New York, wo ich auch Mitherausgeberin war. Aber in Janes Augen (oder so dachte ich es mir zumindest) verschwendete ich immer noch meine Zeit und Energie mit Dingen, die meinem Eigenen Wahren Werk im Wege standen und die ihrer Meinung nach durch Zeitungsreportagen keineswegs gerechtfertigt wurden, auch wenn damit die Rechnungen bezahlt werden konnten.
Manchmal kanzelte sie mich wirklich ab, aber leider konnte ich aus ihrer Enttäuschung nicht die Motivation und das Vertrauen herausfiltern, die sie mir eigentlich vermitteln wollte. Stattdessen saß ich jeweils zerknirscht da, fühlte mich wertlos und dumm und war überzeugt, dass ich nichts anderes als eine dicke, fette Versagerin war. Diese Überzeugung war so stark, dass ich zum Beispiel 1979 beim Lesen des Entwurfs ihrer Einführung zu Im Dialog mit Seth annahm, sie habe ihre (wirklich wunderbaren) Komplimente so vorsichtig formuliert, um ihre wahre Meinung, dass das Buch eigentlich Schrott war, zu verbergen.
Aber das war natürlich meine ganz persönliche Projektion. Und deshalb konnten wir die Unterschiede, mit denen wir unsere Leben lebten, nie ganz überbrücken, vor allem, nachdem ich 1969 meinen Sohn Sean geboren hatte und zu einer allein erziehenden Mutter geworden war. Für sie war das die schlimmste Ablenkung von der eigenen kreativen Betätigung. Zu schade, dass wir nie auf den Kern dieser Sache kamen. Einer meiner Glaubenssätze, der noch bis vor kurzem unsichtbar gewesen ist, obwohl er in meinem Leben ständig wie eine fünfzehn Meter große elektronische Reklametafel aufleuchtete, lautete, dass Ehemänner die ärgerlichen Ablenkungen und Forderungen an Zeit und Energie verursachten; es waren Männer, die einem ständig im Weg waren, nicht Kinder oder ein einzelnes Kind. So blickte ich jeweils über diese (ziemlich parallele) Kluft zu Jane hinüber und fühlte mich durch meine gewohnheitsmäßigen Beziehungen zum Typ des Unmöglichen Mannes noch mehr beschämt, weil es mir schien, dass sie und Rob die absolut perfekte Schriftstellerin-Künstler-Beziehung hatten, die ich doch auch hätte erreichen sollen und nie geschafft hatte. Was lief denn falsch bei mir? Wie duselig konnte ich denn nur sein?
So war es denn ein ziemlicher Schock für mich, als ich in Janes privaten Papieren entdeckte, dass sie viele jener (ganz normalen) Beziehungsprobleme mit Rob gehabt hatte, die ich in meinen beiden Ehen und auch sonst erlebt hatte, nicht zu vergessen ihre ähnlichen Schwierigkeiten mit Depressionen und Hoffnungslosigkeiten, eine Entdeckung, die mich mit Erleichterung und… mit Groll erfüllte. (Im Sinne von: „Verdammt noch mal, Jane! Warum hast du mir nicht gesagt, dass du dich manchmal auch so gefühlt hast? Warum war es ein so verdammt geheimes Geheimnis?“) Tatsächlich war das Lesen von Janes umfangreichen und brillanten Tagebüchern weniger eine notwendige Voraussetzung für dieses Buch als vielmehr ein süchtigmachendes Erstaunen: Nach den ersten paar Seiten war ich gefangen, nicht zuletzt, weil ich auch einiges über mich selbst fand (weniger als ich erhofft hatte, aber mehr als mir gefiel) und weil Jane anscheinend vieles nicht aufgeschrieben hatte. Zum Beispiel kein Wort darüber, dass sie die ungeheuerliche Szene von Neds und meiner Hochzeit mit uns durchgestanden hatte; kein Wort über den Empfang im Haus meiner Eltern – wie konnte sie das nur weglassen? Und nur ein Wort („Witzig!“), nachdem sie meinen ersten Roman gelesen hatte (ich kann mich aber auch nicht daran erinnern, was sie mir darüber gesagt hatte) und einige beißende Bemerkungen über meinen Umgang mit Männern und – nun, das
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