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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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froh sein soll. Geschieht Ihnen zwar recht, weil Sie mich mit reingezogen haben, aber mir geht es gegen den Strich, jemanden in Gefahr zu bringen –«
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    »Sie denken an den Mann mit der Zange –«
    »Genau.«
    »Auch, wenn die betreffende Person es verdient hat und das Letzte ist. Mehr oder weniger.«
    »Ziehen Sie sich lieber an, statt sich über mich lustig zu machen. Wenn die Banditen nicht im Auto sitzen, wo sind sie dann? Auf dem Weg hierher? Überlegen Sie mal …«
    Aber sie war schon auf dem Weg ins Schlafzimmer.
    Was nun? Er machte ein paar Schritte in Richtung Fenster.
    Nein. Man muss sich ein kleines rotes Auto nicht ständig von Neuem anschauen. Die Frage war, wie ging es weiter? Sie mussten hier raus, aber mit dem Jaguar konnten sie nicht weg, ohne gesehen zu werden. Außerdem durften sie nicht das Risiko eingehen, den roten Pinto zu Percy Davis in Kennebunkport zu führen.
    Als Polly in französischen Patchwork-Jeans und einem marineblauen Pullover mit V-Ausschnitt und dunkelbraunen Paspeln wieder kam, betrachtete er sie wohlgefällig und pfiff durch die Zähne.
    »Sie wollen mich bloß ärgern«, sagte sie auf dem Weg in die Küche. »Ich ignoriere es einfach.«
    »Sie haben aber auch einen tollen Hintern.« Er lief ihr bewundernd hinterher. »Yes, Sir. So sagen wir Harvard-Leute, wenn wir uns wünschen, wir könnten lüstern gaffen wie das gemeine Volk.«
    »Sie haben ja absolut Recht, was meinen Arsch angeht«, erklärte sie. »Das weiß jeder.« Sie holte ein Gießkännchen aus dem Schrank und fing an, ihren Pflanzen Wasser zu geben.
    »Wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir hier rauskommen«, sagte er. »Und nach Kennebunkport. Der Jaguar fällt flach. Zu auffällig und leicht zu verfolgen. Wir können auch nicht einfach zur Tür rausspazieren.«
    Er folgte ihr in die Küche. Sie stellte den Gießer in den Schrank mit der blauen Tür und nahm eine dicke Glas-146
    Sprühflasche heraus, die sie mit Leitungswasser füllte.
    »Sie wissen, dass wir hier sind, aber sie haben uns noch nicht überfallen und umgenietet. Wir können also annehmen, dass sie uns beobachten.«
    »Vielleicht warten sie darauf, dass ich das Haus verlasse.
    Dann können sie reinkommen und Sie umnieten.« Sie sprach in einem heiteren Singsang, während sie den Farn besprühte.
    »Aber wenn man ihre diversen Verletzungen in Betracht zieht, werden sie Sie wahrscheinlich erst ein bisschen foltern.«
    »Wusste ich doch, ich kann auf Sie zählen, wenn es darum geht, die Lage einzuschätzen. Ihr Szenario ist allerdings rein hypothetisch, weil Sie ja mit mir nach Maine fahren. Hören Sie mit dem Gießen und Sprühen auf. Offenbar sind sie darauf aus, uns zu folgen, damit wir sie zu diesem Dingsbums führen, dem großen Geheimnis –«
    »Dem Macguffin.«
    »Dem Macguffin«, wiederholte er. »Wissen Sie, warum Hitchcock die Gimmicks in seinen Filmen so bezeichnete?«
    »Nein, Professor, aber ich werde es sicher gleich hören.«
    »Nicht von mir, und nicht mit der Einstellung.«
    Sie stellte den Sprüher auf dem Fernsehapparat ab. »Bitte!«, bettelte sie.
    »Keine Chance.«
    Sie schnappte sich den Sprüher und richtete ihn aus reinem Übermut auf Ezzard. Der schenkte ihr einen vernichtenden Blick und nieste. Als sie an Chandler vorbei ging, besprühte sie ihn ebenfalls.
    »Scheiße!«, rief er. »Meine Brille! Ich hasse so was.«
    »Gut.« Sie stellte den Sprüher weg. Dann lehnte sie sich an die blaue Tür und sagte ihm, wie sie ungesehen aus der Wohnung flüchten konnten.

    Am späten Nachmittag, nachdem er Brennan angerufen und verschiedene andere Dinge erledigt hatte, zog er sich den 147
    Burberry-Mantel über und wickelte sich einen ihrer Schals um den Hals. Er trug ihre Segeltuchtasche und folgte ihr über eine enge dunkle Treppe am hinteren Ende des Eingangs, an dem ihn der Taxifahrer abgesetzt hatte. Sie hatten das Licht in der Küche und im Wohnzimmer angelassen, das Radio spielte in normaler Lautstärke. Nun tasteten sie sich im Dämmerlicht der Diele voran. Es gab eine kaum benutzte Tür unter der Treppe, die auf selten geölten Scharnieren quietschte. Sie ließ den Strahl ihrer Taschenlampe über die rohen Ziegelwände wandern, die mit einer dicken Staubschicht und Spinnweben bedeckt waren –
    Ablagerungen von Jahrhunderten. »Die Birne ist schon vor Jahren kaputt gegangen. Kein Mensch hat sie je ersetzt«, meinte sie. Die schmale Steintreppe schien für eine wohl inzwischen ausgestorbene Zwergenrasse gebaut zu sein.

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