Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
Vom Netzwerk:
jetzt schnell ab mit Ihnen … Schlagen Sie sich zu Kendrick durch. Ich weiß, wie ich Sie erreichen kann. Keine Bange, es kommen auch wieder bessere Zeiten!«
    Prosser tätschelte Polly die Wange und gab Chandler die Hand.
    »Denken Sie dran: Was uns nicht umbringt, macht uns stärker.«
    Dann drehte er sich um und ging.
    In der stockfinsteren rückwärtigen Diele fragte Polly Chandler: »Hast du Angst?«
    »Ach wo. Mir geht’s blendend – abgesehen davon, dass mir speiübel ist und dass ich gern in Ohnmacht fallen würde.«
    »Hast du die Tasche?«
    »Klar. Und die Regenmäntel und das ganze Zeug. Das
    Päckchen im Öltuch. Ziemlich schwer, das alles.«
    »Wenn ich die Tür aufmache«, sagte sie, »lass mich zuerst raus. Ich gebe dir ein Zeichen, wenn die Luft rein ist. Wir müssen zum Waldrand kommen, mehr nicht.«
    »Das habe selbst ich kapiert.«
    »Einfach den Anweisungen folgen«, sagte sie und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter, »dann läuft die Sache.«
    Schon war sie aus der Tür. Er wartete, während sie langsam über den Rasen lief. Sie blieb an dem Schuppen stehen, vor dem er den Schlüssel gefunden hatte. Er gähnte. Sein Kiefer knackte, wie immer. Die Segeltuchtasche wurde ihm bereits schwer. Was hatte er hier zu suchen? Wie kam es, dass Hugh jemanden 227
    getötet hatte? Er schloss die Augen. Alles war ein furchtbarer, idiotischer Fehler, ein fataler Fall von Verwechslung. Als er die Augen wieder aufmachte, sah er Polly winken und verließ das Haus. Was hätte er sonst auch tun sollen?
    Prosser wartete im Dunkeln, wobei er mit wachsender Bosheit verschiedene Möglichkeiten durchspielte und darauf vertraute dass ihn sein schwaches Herz nicht im Stich ließ. Thorny hatte sich nicht mehr blicken lassen, doch Prosser wusste, dass er noch in der Nähe des Baumes stand, weil er nicht gewagt hatte, um das Haus herumzulaufen. Er mochte zwar glauben, Chandler in dem riesigen Haus allein vorzufinden, vielleicht noch in Begleitung einer Frau, doch Thorny war kein Idiot; er wusste, wozu Chandler und Brennan fähig waren. Prosser konnte beinahe spüren, wie Thorny die Furcht übermannte. Aus Frust und Ärger hatte er sich den Luxus geleistet, ein Zeichen zu setzen und das Auto in Brand gesetzt. Alles gut und schön. Doch jetzt dachte er: Chandler weiß, dass ich ihm auf den Fersen bin, er ist gewarnt …
    Prosser benutzte seine breite, geübte Fingerkuppe, um im Finstern seine Pfeife zu stopfen. Die Streichholzflamme verbarg er hinter der hohlen Hand. Er musste den da draußen in der kalten Nacht ein bisschen weich kochen, seine Angst wachsen lassen, während seine Sachen vom Schweiß klamm wurden.
    Chandler und Polly waren wohl inzwischen in Deckung. Um die beiden brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Sie war ein kluges Mädchen; gemeinsam würden sie es schaffen. Jedenfalls hatten sie keine schlechten Karten – falls Petrow nicht noch beschließen sollte, ihnen auf den Pelz zu rücken.
    Was mochte in dem Russen vorgehen? Prosser versuchte, seine eigene Schläue auf Petrow zu übertragen, sich in die Gedankengänge des anderen hineinzuversetzen. Es fiel ihm schwer. Obwohl er den Russen als Verbündeten und auch als Gegnern Dienste geleistet hatte, konnte er sich nie damit brüsten, sie zu durchschauen. Für ihn waren sie immer eine 228
    orientalisch-europäische Mischung gewesen, vage und unberechenbar. Wie oft hatten sie das Wichtige zu Gunsten des Trivialen vernachlässigt! Wenn man aber daraufzählte, war es genau umgekehrt. Petrow war ihm daher ein Rätsel wie alle anderen auch. Seine amerikanischen Bosse dagegen waren ihm nie hinterhältig oder kompliziert vorgekommen. War vielleicht alles eine Frage des Nationalcharakters? Oder lag es daran, dass er selbst Amerikaner war?
    Prosser lauschte dem Knistern und Knacken des brennenden Wagens. Beim Rauchen analysierte er seine Lage. Wie war es dazu gekommen? Wieso saß er in einer Einöde im Dunkeln, zählte die Stunden und ließ sich von dem ganzen Zirkus beirren?
    Welcher Charakterzug hatte ihn zu seinem persönlichen Golgatha geführt? Weshalb hatte er beiden Lagern gleichzeitig gedient? Wieso gerade er, nicht jemand anders, der die gleiche Gelegenheit gehabt hätte? War er einfach zu habgierig? Er lächelte im Dunkeln und wünschte, es wäre alles so einfach …
    Oder ging es darum, andere zu manipulieren? Oder um den Reiz des Spiels, den Drang, zu gewinnen?
    Er hatte die Nase voll davon. Vielleicht war das hier der Tropfen, der das Fass zum

Weitere Kostenlose Bücher