Arabellas Geheimnis
musste, konnte sich aber nicht dazu überwinden, dem Vergnügen, das er ihr bereitete, ein Ende zu machen.
„Oder habt Ihr Angst zuzugeben, wie sehr Ihr es genossen habt, was wir mit miteinander teilten?“ Bei seinen Worten lief ihr ein Schauer über den Rücken und ließ ihren ganzen Körper kribbeln. Sie fühlte, wie ihr warm wurde, wie ihre Knie nachgaben und versuchte nicht einmal, den kleinen Seufzer zu unterdrücken, der ihren Lippen entfloh.
„Ich habe keine Angst, es zuzugeben. Nur Angst, wohin es mich bringen wird, da Ihr doch so große Abneigung zeigt, Euch zu verheiraten.“ Arabella hatte miterlebt, wie weit Rosalyn in der Hoffnung, sich den Schutz eines Gatten zu verschaffen, gegangen war. Sie erkannte klar, dass sie es sich nicht leisten konnte, sich ihrer Leidenschaft hinzugeben. Und weil sie neuerdings die Stellung einer Edelfrau innehatte, umgab sie nicht mehr die Liebe ihrer Familie, die ihr hätte Mut machen können. Unverheiratete Frauen mit Kindern waren Ausgestoßene.
Alles warnte Arabella, ihren Gefühlen zu unterliegen.
Tristan straffte die Schultern. Wie auch immer, als Mann würde er ihre Bedenken wohl kaum nachvollziehen können.
„Nicht weniger als gerecht.“ Er ließ sie los, und die Wärme, die seine Berührungen auf ihrer Haut ausgelöst hatten, verschwand. „Ich will nicht, dass Ihr die Konsequenzen fürchten müsst, da ich Euch doch meine Freiheit verdanke.“
„Und ich möchte auf gar keinen Fall, dass Ihr denkt, ich will sie Euch stehlen, jetzt, da Ihr sie gerade wiedergefunden habt. Es ist besser, wenn wir einander nicht in Versuchung führen.“
Der Gedanke, dass es jetzt keine Küsse im Mondlicht und keine heimlichen Zärtlichkeiten mehr geben würde, gefiel ihr nicht. Doch sie besaß nichts, weswegen ein Mann sich für sie interessieren könnte – keine Reichtümer und ihr Anspruch auf eine adlige Abstammung war auch nicht hieb- und stichfest. Und bei einem Mann wie Tristan, der sich nicht mit einer Ehefrau belasten wollte, würde ihre Anziehungskraft für kaum mehr als eine flüchtige Leidenschaft ausreichen.
9. KAPITEL
„Für die Überfahrt werden wir die Gruppe trennen müssen.“ Tristan nahm Simon auf dem Marktplatz von Calais zur Seite. Sie hätten schon vor drei Tagen nach Hause segeln sollen. Nachdem die Prinzessin entschieden hatte, dass Tristan Rosalyn de Clair vorerst nicht heiraten musste, waren sie aus Köln aufgebrochen. Allerdings versicherte die Prinzessin Tristan, dass sie die Angelegenheit beim König zur Sprache bringen würde. Denn da gab es immer noch die Tatsache, dass Rosalyn gesehen worden war, wie sie Tristans Kammer verließ.
Nachdem ihm nun keine Heirat mehr drohte, war er imstande, seine ganze Aufmerksamkeit auf den Schutz des böhmischen Gefolges zu richten. Eine Aufgabe, die von Tag zu Tag schwieriger wurde.
„Bist du verrückt geworden?“ Simon zog Tristan näher zum Ufer, wo Schiffe mit Seeleuten auf die Überfahrt warteten. „Wir können es uns nicht leisten, unsere kleine Gruppe auch noch zu teilen. Was, wenn wir überfallen werden, während wir nicht zusammen sind? Dann wären wir leichter zu besiegen.“
„Aber so kann man uns besser folgen. Hundert Frauen über den ganzen Kontinent zu führen, erregt beständig Aufmerksamkeit.“ Obwohl ihm schon die bloße Anzahl der Menschen in den letzten vierzehn Tagen geholfen hatte, sich von Arabella fernzuhalten. Er war entschlossen, ihren Wunsch zu respektieren. Doch sie verfolgte ihn immer noch jeden Tag mit ihren Augen. Ihr Blick war eine stete, wenn auch unsichtbare Liebkosung.
„Glaubst du, wir werden während der Überfahrt überfallen?“ Simon starrte ihn an, als wäre er wahnsinnig geworden. „Mein Gott, Mann! Wir sind einen Steinwurf von unserer Heimatküste entfernt. Lass uns so bald als möglich übersetzen und dann sind wir in Sicherheit. Der Wind ist heute auf unserer Seite. Und das Reisefieber fängt an, bei einigen der Frauen seinen Tribut zu fordern.“
Tristan verstand ja, dass sie ihre Reise zu Ende bringen mussten, aber er wurde das Gefühl nicht los, dass man hinter ihnen her war. Einige der Wachen des französischen Königs hatten sich vor drei Tagen aus diplomatischen Gründen zu ihnen gesellt, nachdem der König noch eine letzte Anstrengung unternommen hatte, Prinzessin Anne zu einer Verbindung mit ihm anstatt mit seinem englischen Feind zu drängen. Tristan verübelte dem König seine Taktik, doch die Prinzessin hatte ihn auf elegante Weise von
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