Arabellas Geheimnis
feinsten Stichen genähten Ärmel waren von hellblauen Bändern durchzogen. Noch mehr seidene Bänder schlangen sich um die Ellbogen, und die Ärmel endeten in feiner Spitze. Das Oberteil besaß eine einfache Passe mit einem Rock, der bis zum Boden fiel und in einer Wolke von noch mehr Spitzen endete. Entlang des Saumes waren zwei hellblaue Vögel gestickt, deren sorgfältig ausgearbeitete Schwänze einen kunstvollen Schnörkel ergaben.
„Es ist vollkommen“, flüsterte Maria und strich ehrfürchtig über das Leinen. „Das muss eines der Gewänder sein, die für die Prinzessin genäht worden sind.“
„Ich kann solch eine Kostbarkeit nicht annehmen.“ Arabella erhob sich und zupfte bewundernd an dem bestickten Saum.
„Du musst“, sagten Maria und Hilda gleichzeitig. Dann überließ Maria es Hilda, fortzufahren. „Die Prinzessin würde es Euch nicht schicken, wenn sie nicht wollte, dass Ihr es tragt, Arabella. Zu wissen, dass es Euch gefällt, wird sie am meisten freuen.“
Arabella schaute auf ihr mit Edelsteinen besticktes Gewand und dann wieder auf das Nachtgewand.
„Sie ist viel zu großzügig. Aber ich muss zugeben, dass die Versuchung sehr groß ist.“
Unter Ermahnungen von Hilda und ermutigenden Worten von Seiten Marias zog Arabella das Nachtgewand an und ließ es zu, dass man sie in aller Eile zu Tristans Kammer führte.
Die unbeschwerte Stimmung in Arabellas Gemach hatte fast all ihre Sorgen wegen der bevorstehenden Nacht vertrieben. Doch sie kehrten zurück, als auf Hildas leises Klopfen hin Tristan die Tür aufriss.
Bei seinem Anblick stockte Arabella der Atem. Halb angezogen erschien er fast noch Angst einflößender, als wenn er mit dem Schwert in der Hand auf seinem riesigen Streitross saß. Obwohl sie in jener Nacht, in der er fieberte, für ihn gesorgt hatte, war sie sich damals seines muskulösen Körpers nicht bewusst gewesen. Vielleicht hatte es daran gelegen, dass er krank gewesen war. Jetzt schoben ihre Begleiterinnen sie an ihrem Gatten vorbei ins Zimmer. Hilda brachte sie in Tristans Bett. Die dunkelblauen Bettvorhänge standen weit offen. In dem kleinen Kamin prasselte ein Feuer. Während Arabella zwischen die kalten Laken schlüpfte, ging Tristan auf und ab, ohne zu ihr hinzusehen.
Maria tätschelte ihr ein letztes Mal beruhigend die Hand, und die Frauen eilten hinaus und schlossen die Tür hinter sich. Kaum waren sie draußen, als Tristan auch schon den Riegel vorschob. Nun waren sie allein, und Arabella konnte nicht mehr darauf hoffen, dass Hilda oder Maria sie mit ihren warmen Worten unterstützten.
Sie richtete sich auf und lehnte sich gegen die mit Seidentroddeln verzierten Kissen, die sich am Kopfteil des hohen, mit kunstvollen Schnitzereien verzierten Bettes türmten. Sie wartete. Auch mit abgewandtem Blick konnte sie seine Bewegungen auf dem sauber gekehrten Boden spüren, sehen, wie sein Schatten unheilvoll über die polierten Holzbalken der hohen Decke wanderte. Es kam ihr vor, als wäre die Kammer für ihre Hochzeitsnacht geschmückt worden. Zusätzliche Kerzen brannten. Es gab eine Fülle von Kissen, die irgendjemand frisch aufgeschüttelt zu haben schien.
Leider minderte keine dieser Aufmerksamkeiten ihre Furcht.
Sie wagte es, den Kopf zu heben und bemerkte, dass Tristan gegenüber dem Bett in einem Lehnstuhl saß. Auch wenn er ganz entspannt wirkte, sah er sie doch durchdringend an. Ihr Herz begann schneller zu schlagen.
Einen Moment lang erinnerte sie sich an den Tag, an dem sie ihm zum ersten Mal im Ring der Eichen begegnet war. Wie damals konnte sie ihn auch jetzt nur anschauen. In der Gegenwart eines so kraftvollen Mannes fühlte sie sich unsicher – oder fühlte sie sich unsicher angesichts dieser machtvollen Anziehung, die zwischen ihnen bestand? Du lieber Himmel, sie konnte einfach nicht den Blick von ihm lassen!
„War es sehr schwer für dich, heute Abend dieses Gemach zu betreten?“ Ein seltsames Licht tanzte in seinen Augen, während er sie beobachtete, als wartete er auf eine falsche Bewegung von ihr. Er nahm ein matt schimmerndes Ding von dem Tisch neben ihm, auf dem drei Kerzen brannten, und hielt es ihr hin. „Ich begann mich schon zu fragen, ob du in die Berge gelaufen bist.“
Das Ding in seiner Hand war ihr Messer, das ihr an dem Tag aus der Tasche gefallen war, als er sie im Wald überrascht hatte. Er drehte und wendete es, als könnte er es so besser betrachten. Arabella wusste nicht, wie sie seine Stimmung deuten sollte.
„Ich
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