Arabische Nächte
auf dem Tisch erkaltete. Was machte es schon aus, dass die Kerzen, wie unzählige in London, so tief heruntergebrannt waren, dass sie rußten und zischten, wenn man sie mit den Fingern erstickte - wie sie es jetzt tat.
Sie betrachtete das Wachs an ihren Fingern. Dass Devlyn nicht gekommen war, ohne ihr auch nur eine Zeile des Bedauerns zu schicken, hatte gewiss einen guten Grund. Etwas Unvorhergesehenes, das sich sicher vernünftig erklären ließ. Keinesfalls die Tatsache, dass sie sich in der vergangenen Nacht zur Närrin gemacht hatte. Und dass er, als er es bei helllichtem Tag gewahr wurde, nicht gewusst hätte, wie er ihr sein Bedauern ausdrücken sollte; daher schwieg er einfach, obwohl es für sie die tiefste Demütigung bedeutete.
Hatte sie sich also furchtbar geirrt, als sie glaubte, eine unüberwindliche Schranke wäre zwischen ihnen gefallen, weil sie im Morgengrauen eng umschlungen dagelegen hatten? Würde Jamie in London ankommen und von seinem Erzeuger nicht willkommen geheißen werden?
»Er hat sein Gedächtnis wiedergefunden!« Diese Worte entschlüpften Japonica mit einem Hauch des Entsetzens.
Hewlett-Packard
20
»Sie möchte, dass wir nach London kommen.« Auf Hyacinthes Gesicht glänzte ein selbstgefälliges Lächeln. »Wir sollen sie zu einem Besuch bei Lady Ouseley und am Tag darauf bei Lady Hepple begleiten.«
Triumphierend legte sie den Brief aus der Hand. »Vater kannte Lady Hepple gut und sprach oft von den botanischen Raritäten in ihren Gärten. Ihre Rosen zählen zu den schönsten weltweit. Wenn ich nicht irre, brachte er ihr sogar eine neue Sorte von einer seiner Reisen mit. Es wäre wundervoll, wenn wir sie kennen lernen und ihre Gärten besichtigen könnten. Großartig!«
»Ohne mich.« Laurel verschränkte die Arme und warf ihren Schwestern einen finsteren Blick zu. »Das ist wieder eine von ihren Listen. Seit fast zwei Wochen kein Wort von ihr ... und jetzt braucht sie uns plötzlich? Das ist nur eine Finte, um uns in dem Glauben zu wiegen, dass sie es gut mit uns meint. Unsere Anwesenheit soll eindeutig bestätigen, dass wir hinter ihren Bemühungen um gesellschaftliche Anerkennung stehen.«
Jäh aus den Träumereien über angenehme Aussichten gerissen, starrte Hyacinthe ihre zänkische Schwester an. »Ich sehe nicht ein, was es schaden soll, in zwei Londoner Salons vorgestellt zu werden. Du selbst sagst ja ständig, die Leute müssen erst wissen, dass es uns gibt, ehe wir in die Gesellschaft eingeführt werden können. Vielleicht sollte ich Lady Hepple ein Stück von Vaters ...«
»Nicht zu fassen, dass du dich so leicht umstimmen lässt!« Laurel sprang auf und fing an, das Morgenzimmer auf Croesus Hall zu durchmessen. »Es ist entweder eine Falle oder Bestechung.«
»Bestechung? Zu welchem Zweck? Wir haben gegen sie ja außer unserer Abneigung nichts vorzubringen.«
»Na, du würdest staunen ...!« Laurel drehte sich rasch weg, als Hyacinthes Brauen fragend in die Höhe schössen.
Sie hatte für sich behalten, was in dem gestohlenen Brief stand. Hyacinthe war wegen der Sünde des Diebstahls so außer sich geraten, dass sie ihre Schwester lieber in dem Glauben gelassen hatte, sie hätte alle fünf Briefe ungeöffnet weitergegeben. Die schockierende Enthüllung der Lektüre wäre auch so folgenschwer, dass man es sich zweimal überlegte, ob man seine Schwester einweihen sollte. Ihr Wissen half vorläufig, ihren gekränkten Stolz wieder aufzurichten; zudem tröstete sie sich damit, dass sie es sicher einmal verwenden konnte, dem Störenfried in ihrer Mitte einen vernichtenden Schlag zu versetzen.
Trotzdem loderte Wut in Laureis Brust auf. Sie verlor ihre Schwestern als Verbündete just in dem Augenblick, da sie sie am dringendsten brauchte. Diese dummen Gänse sprachen neuerdings von ihrer Stiefmutter in Tönen, die man nur als liebevoll bezeichnen konnte.
»Verräterinnen!«, murmelte sie. Gewiss, Cynara hatte nicht mehr so viele Pickel, und Peony war zum ersten Mal seit Jahren ihre Läuse losgeworden. Und was den Badezwang betraf, so hatte er eindeutig seine Meriten. Ihre eigene Haut war glatter und schöner. Und ja, es gefiel ihr, eine Zofe zu haben, die man herumkommandieren und auf Trab halten konnte - auch wenn das dumme Ding nicht im Stande war, Extraportionen auf Laureis Zimmer zu schmuggeln. Aber das alles reichte nicht aus, um die Empörung zu dämpfen, die sie immer empfand, wenn Japonicas Name fiel.
Es war nicht fair, dass sie in London war und Einladungen
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