Arabische Nächte
fiel auf, dass die übrigen zwei Mädchen der Konfrontation mit brennendem Interesse folgten, aber keine Anstalten machten, sich an den Attacken zu beteiligen. Vielleicht waren sie eher gewillt, ihr zuzuhören. »Ehrlich gesagt, kam der Heiratsantrag Ihres Vaters aus heiterem Himmel! Meine erste Reaktion war Ablehnung.«
»Das glaube ich nicht. Sie lügen!« Cynaras Gesicht erglühte vor Empörung, was ihre gereizte pickelige Haut noch auffälliger machte. »Warum hätte Papa um Sie anhalten sollen?«
»Sie haben Papa vergiftet!« Mit flammendem Blick und noch immer wogendem Busen trat Laurel einen Schritt auf Japonica zu. Dramatik war ihr so natürlich wie das Atmen. Sie verfing sich in ihrem abgerissenen Saum und wäre gestolpert, hätte die Wut sie nicht beflügelt. »Als er schon zu schwach war, um Widerstand zu leisten, zwangen Sie ihm Ihren heimtückischen Heiratsplan auf!«
»Schlampe!«, flüsterte Cynara.
Endlich sah Japonica Hyacinthe lächeln. Es war ein gemeines, schmallippiges Lächeln. »Wenn Sie auch nur einen Funken Gefühl für das Andenken unseres Vaters haben, verschwinden Sie auf der Stelle!« Nach rechts und links blickend, nickte sie ihren jüngeren Geschwistern zu, die ihr rasch folgten, als sie davonrauschte.
»Den Auftritt habe ich geschafft«, gab Japonica leise von sich, doch hatte sie ihre Hände so krampfhaft gefaltet, dass die Haut eingerissen war und blutete. Ohne die Schmerzen zu beachten, steuerte sie auf einen Ohrensessel zu, und ließ sich dankbar in seine gastlichen Tiefen fallen.
Es sah aus, als hätte Lord Abbott ihnen allen einen bösen Streich gespielt!
»Aber was bezweckte er damit?«, murmelte sie. Hatte er geglaubt, sie würde bei Kindern eher die Mutterrolle übernehmen als bei jungen Damen? Sie waren nicht nur weitaus älter, als man sie hatte glauben lassen, sondern auch sehr viel schlechter erzogen!
Die Kinder eines Viscount hatte sie sich gepflegt und vornehm gelassen wie Schwäne vorgestellt. Stattdessen sahen sie aus wie die Kinder emporgekommener Fischhändler und benahmen sich dementsprechend. Nur die Alteste schien sich vor dem Ankleiden gewaschen zu haben. Und ihre Frisuren, nun, daran mochte sie jetzt nicht denken. Der erste Eindruck, den sie von ihnen gewonnen hatte, verhieß nichts Gutes für denjenigen, dem es oblag, sie unter die Haube zu bringen.
»Bismallah!«, stöhnte Japonica. Zwei erwachsene, Alyssum in der Mitte, und zwei halbwüchsige Stieftöchter. Was sollte sie mit ihnen nur anfangen? Sie hatte gedacht - ach, was sie gedacht hatte, war nun einerlei. Kleinkinder oder Debütantinnen, sie würden nicht mehr lange ihre Sorge sein.
»Miss - Mylady?«
Japonica beugte sich vor, bis sie hinter der Lehne des Sessels hervorblicken konnte. Eine dünne Frau in mittleren Jahren, unscheinbar gekleidet, stand im Eingang und rang die Hände.
»Hoffentlich störe ich nicht, Mylady?« Sie deutete einen Knicks an. »Ich bin Miss Dorothea Willow, die Gouvernante.«
»Ach, Miss Willow!« Die Ärmste, dachte sie. Die schilfrohrdünne Frau schien sich vor ihrem eigenen Schatten zu fürchten. Die Abbott-Mädchen mussten diese >Weide< den lieben langen Tag nach Belieben gebeugt haben. »Was kann ich für Sie tun?«
Der Blick der Gouvernante hielt jenem der neuen Herrin nicht stand. »Mit Ihrer Erlaubnis, Mylady, möchte ich kündigen.«
»Kündigen? Aber das dürfen Sie nicht. Ich brauche jeden Verbündeten, den ich in diesem Haus finden kann. Bitte bleiben Sie!«
Die Haltung der Gouvernante, die sich praktisch fallen ließ, verriet ihre Antwort im Voraus. »Mit Ihrer gütigen Erlaubnis muss ich darauf bestehen, Mylady. Die jungen Damen haben ein Alter erreicht...«
Hinter der Gouvernante öff n ete sich die Tür, und der Butler trat ein. »Sie wünschen, dass die Equipage vorfährt, Madam?«
Erstaunt lüftete Japonica eine Braue. »Warum?«
»Man sagte mir ...«, der ältere Mann wechselte Blicke mit der Gouvernante, »... dass Madam sich in die Poststation in Ufton Nervet zurückziehen möchte.«
Die Abbott-Töchter hatten ihre zweite Breitseite abgefeuert. Entschlossen richtete Japonica sich auf. »Ganz im Gegenteil! Bitte, lassen Sie meine Sachen hinaufbringen. Es ist mir einerlei, welches Zimmer ich beziehe. Ich möchte nur vor dem Tee den Reisestaub ein wenig abschütteln.«
Sie sah, dass er über die Schulter zur offenen Tür zurückschaute, in der zwei Diener mit ihrem Gepäck in der Halle warteten. Ihre Stellung im Haus stand also auf dem
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