Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Parker
Vom Netzwerk:
Garten eingedrungen und sich von ihrem Tee bedient hatte.«
    »Das glaube ich nicht.« Cynara lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
    »Kein Wunder!« Japonica nickte. »Da man so weit südlich noch nie einen Tiger gesichtet hatte, stieß die Dame zunächst bei ihren Freundinnen auf Unglauben. Nach einigen Tagen aber berichteten auch ihre Nachbarn, dass sie die Raubkatze zur Teezeit unweit ihrer Häuser gesichtet hätten. Nicht lange danach wurde in Bushire bekannt, dass ein einheimischer Teehändler einige Wochen zuvor von einem Tiger gefressen worden war. Sofort wurde gemunkelt, der Geist des Unglücklichen, der nun im Tiger wohnte, hätte den ganzen langen Weg von Indien her zurückgelegt, damit er mit seinen Freunden Tee trinken könnte. Danach stellten sie jeden Nachmittag für ihn eine Tasse und Gebäck in der Hoffnung hin, er würde sich willkommen fühlen.« n
    »Eine hübsche Geschichte«, sagte Alyssum mit scheuem Lächeln.
    »Ich finde sie blöd«, höhnte Laurel.
    Peony beugte sich mit nach oben gerichtetem Blick zu ihr. »Lauern in p-persischen Gärten viele Ungeheuer?«
    »Tiger sind keine Ungeheuer, sondern herrliche wilde Tiere.«
    »Herrliche wilde Tiere, die Menschen fressen!«, schnappte Laurel.
    »Und Menschen essen wiederum Tiere.«
    »Das würde ich nie tun!«, erklärte Peony.
    Japonica lächelte ihr lieb zu. »Aber du tust es. Was glaubst du, wo die Nieren, Schinken und Würste, die du zum Frühstück verspeist, herkommen?«
    Hyacinthe rümpfte bloß die Nase und wandte den Blick ab.
    »In Persien gibt es viele wunderschöne und völlig ungefährliche Tiere«, fuhr Japonica fort. »Antilopen beispielsweise, oder Kamele, die harmlos, aber sehr störrisch sind.« Sie konnte nicht umhin, Hyacinthe einen Blick zuzuwerfen. »An den Flüssen trifft man Silberreiher mit feinem weißem Gefieder an, das englische Damen bei Hof zu tragen pflegen. Auch Pfauen mit Federn in allen Farben ...«
    »Laurel hat einen F-fächer aus Pfauenf-federn«, warf Peony ein. »Sie erlaubt nicht, dass wir ihn anfassen.«
    »Vater schickte ihn ihr«, erklärte Alyssum. »Er schickte uns immer so hübsche Geschenke.«
    »Ja, er war der wundervollste Vater von ganz England«,
    setzte Hyacinthe hinzu und blickte dann hastig weg, da sie angeblich nicht zuhörte.
    Japonica verfiel in nachdenkliches Schweigen. Ein wundervoller Vater? Lord Abbott hatte ihr das wahre Alter seiner Kinder verschwiegen. Oder vielleicht waren sie für ihn immer kleine Mädchen geblieben. »Wann habt ihr euren Vater zuletzt gesehen, Peony?«
    »Vor fünf Jahren.«
    »So lange ist das her?«
    »Dummerchen!«, schalt Cynara sie. »Papa war vor zwei Jahren zu Hause.
    Peony ließ den Kopf hängen. »Damals hatte ich Masern, und Papa wollte sich nicht anstecken.«
    »Er wollte dich nicht sehen?« Japonica konnte ihre Verwunderung nicht verhehlen.
    »Obwohl er nie lange zu Hause blieb, dachte er immer an uns«, gab diesmal Hyacinthe zur Antwort. »Jeden Monat kamen Päckchen von ihm.«
    »Du meinst wohl, der Gärtner erhielt Pakete«, berichtigte Cynara säuerlich.
    »Von allen Besitztümern schätzte Vater seinen Garten am meisten«, brachte Hyacinthe als Rechtfertigung vor. »Es ist sein Lebenswerk.« Sie sah Japonica von oben herab an. »Sicher weißt du nicht, welchen Ruf er als Gärtner genoss. Ich aber kenne seine gesamte Sammlung. Jede Pflanze!«
    »Nun, ich kenne mich mit Pflanzen selbst ein wenig aus und wäre an einem Rundgang in Lord Abbotts Garten sehr interessiert ... irgendwann.« Wenn in London alles nach Wunsch verlief, würde sie freilich zu diesem Rundgang keine Gelegenheit mehr haben.
    »Papa liebte uns alle ohne Unterschied«, verkündete Laurel, die es nicht mochte, wenn sie lange vom Gespräch ausgeschlossen blieb. »Er nannte uns nach seinen Blumen.«
    »Nur vergaß er manchmal unsere Geburtstage.« Das jüngste Mitglied der Gruppe hätte nicht betrübter aussehen können.
    »Ich wünschte, Papa wäre bei uns zu Hause geblieben.«
    Japonica tätschelte die Schulter der Zwölfjährigen. »Zum Glück hast du so viele Geschwister!«
    Hyacinthe musste das Mitgefühl in ihrer Miene bemerkt haben, da sie herausfordernd das Kinn vorschob. »In unseren Kreisen werden Kinder nicht verhätschelt, sondern nach anderen Grundsätzen erzogen. Rührseligkeit und Gefühlsduselei führen zu Charakterschwäche.*«
    »Ein Grundsatz, der Kinder einsam macht«, erwiderte Japonica sanft. »Ich habe ganz anders gelebt.«
    »Wo denn?«, fragte Cynara

Weitere Kostenlose Bücher