Arabische Nächte
Parfüm, das von ihrer Haut aufstieg, rührte ihn mit dem süßen Schmerz an, der inzwischen dazugehörte, wenn er mit ihr zusammen war. Während er ihr ins Gesicht starrte - so dicht vor seinem - und die geradezu absurd roten feinen Locken unter ihrem Hut hervorquollen, ging ihm auf, dass sie lange vor dem gestrigen Abend bereits in seinen Armen gelegen und ihn mit derjenigen Leidenschaft geküsst hatte, die er direkt unter ihrer zurückhaltenden Fassade spürte. Was machte es schon aus, wenn sie ihm nicht sagen wollte, wann oder wo oder warum? Sie war hier, in seinen Armen, und wehrte sich nicht. Japonica war schließlich Witwe. Hatte er sich erst einmal erklärt, lag kein Grund für falsche Scham oder mädchenhafte Verwirrung vor.
»Ich begehre dich, Japonica. Und ich glaube, dass du mich begehrst. Wer also sollte uns an etwas hindern?«
Lange blieb Japonica starr in seiner Umarmung. Ihre Hüften presste er an seine Schenkel und jeder Atemzug ließ Muskeln unter ihr in Bewegung geraten. Er war so wirklich wie nie zuvor, ein Mann aus Fleisch und Blut - kein Traumgebilde, kein lockender Eroberer durch den Nebel eines Opiumrausches gesehen. Sie fand sich in seinem Blick reflektiert, bemerkte das Verlangen in seiner Miene, dem sie nicht nachgeben durfte - und dann senkten sich seine Lippen auf ihre.
In diesem Moment rumpelte und schwankte die Kutsche, als wäre sie plötzlich vom Weg abgekommen. Auf das ängstliche Gewieher der Pferde folgte das heisere, von Peitschenknallen begleitete Gebrüll des Kutschers. Die Kalesche kippte auf zwei Räder, das Innere geriet in Schräglage, sodass sie gegen die Tür geschleuert wurde und Devlyn auf sie fiel. Im Anschluss daran traf das Gefährt, wie von starker Hand bewegt, mit einem so gewaltigen Ruck wieder auf die gepflasterte Straße, dass die Achse krachte und Japonica vor Schreck einen Schrei ausstieß. Devlyn, der sie umfing, konnte nicht verhindern, dass sie vornüber fiel und sich den Kopf anstieß. Sie sah vor sich Schwärze und Sterne und hörte ihren Namen - ganz hohl, als riefe eine Stimme einen Brunnen hinunter.
Mit einem kräftigen Fluch raffte Devlyn sich vom Boden des Wagens auf, drehte sich um und spähte aus der aufgesprungenen Tür. Durch den strömenden Regen konnte er in einiger Entfernung auf der Straße undeutlich die Umrisse zweier Wagen ausmachen, während er aus nächster Nähe den Postillion der Shrewsburys und den Kutscher schreien hörte, die sich abmühten, die Pferde aus ihren verhedderten Geschirren zu befreien.
»Vor uns gab es einen Unfall«, erklärte er. »Sind Sie verletzt?« Als eine Antwort ausblieb, drehte Devlyn sich um und sah Japonica zu seinen Füßen auf dem Boden liegen, auf der Stirn verschmiertes Blut. Aus ihrem Mundwinkel lief eine dünne Blutspur.
Rasch und mit einer Präzision, die jahrelange Übung verriet, den Tod auf dem Schlachtfeld festzustellen, legte er die Finger unter ihre Wange, um den Puls zu suchen. Er schlug sehr rasch.
Mit einem erleichterten Stoßgebet ging er neben ihr in die Hocke, wobei die Kutsche ächzend schwankte. Nach dem Ausmaß der Schräglage zu schließen, hatten sie ein Rad verloren, was ihn wenig bekümmerte. Viel größere Sorge bereitete es ihm, dass Japonica völlig reglos vor ihm lag. Nachdem er die Bänder gelöst hatte, nahm er ihr den Hut ab. Mit größter Vorsicht schob er einen Arm unter ihre Schultern und lehnte sie an seine Brust. »Sind Sie arg verletzt, Mylady?«
Sie schlug die Augen auf, in denen er Verwirrung und deutlichen Schmerz erkannte. Dann sagte sie auf Persisch: »Seid Ihr es, sahib?«
Er furchte die Stirn. »Wer soll ich sein, bahia?«
Ein heftiges Beben durchrann sie, ihre Lippen zitterten, sie blinzelte. Er merkte genau, wann sie zu sich kam, und mit ihrem Bewusstsein kehrte auch die Reserviertheit wieder, die ein Wesenszug von ihr zu sein schien. »Nun ... Lord Sinclair ...«
Die verlorene Chance tat beiden weh. Es war nicht das, was sie hatte sagen wollen - doch hatte er nicht die leiseste Ahnung, wie er ihr auf die Sprünge helfen sollte.
»Wir haben ein Rad verloren.« Mit der Linken umfing er ihren Kopf an seiner Brust. Ihre seidenglatte Haut fühlte sich eiskalt an. »Sind Sie verletzt?«
Matt schüttelte sie den Kopf. »Ich habe mich nur angeschlagen.«
Er glaubte ihr nicht, da sie stöhnte, als sie versuchte, von ihm abzurücken. »Rühren Sie sich nicht.« Vorsichtig strich er ihre Arme entlang und dann ihren Körper vom Unterarm zur
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