ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
östlichen Himmel. »Meisterspion Maus sagte, es existierten Gerüchte eines geplanten Attentats, und meine Aufgabe sei es, die Sache zu untersuchen und den ae’Magi falls nötig zu warnen.« Ihr gewohntes Grinsen kehrte zurück, und wenn es sich ein wenig eingerostet anfühlte, dann war das nur zu verständlich.
In Sicherheit. Sie war draußen, Wolf war bei ihr, und sie war außer Gefahr. »Falls wirklich so ein Plan existiert, dann kann man denjenigen, die ihn ausführen wollen, nur viel Glück wünschen.«
»Es hat mich immer gewundert, wie gut der ae’Magi Menschen blenden kann, auch wenn er mal keine Magie dazu benutzt«, erwiderte der Wolf. Er schaute auf die Burg, wandte dann den Blick von ihr ab. Seine gelben Augen funkelten, glommen in einem Licht, das nicht nur der Widerschein des Mondes war. Er sah erneut zur Burg, als könnte er dem Drang nicht widerstehen. Ein Knurren schwoll leise in seiner Kehle an, und die Haare in seinem Nacken und auf seinem Rücken richteten sich auf.
Behutsam legte Aralorn ihm eine Hand auf das Fell, strich es wieder glatt. In all den Jahren, die sie ihn nun kannte, hatte er sich nur selten aus der Reserve locken lassen oder über irgendetwas aufgeregt. Und obwohl sie ihn schon oft töten gesehen hatte, war er noch nie so aufgewühlt wie jetzt. »Was ist los?«
Der Wolf beruhigte sich wieder und senkte für einen Augenblick den Kopf. Dann schüttelte er sich und sagte leise: »Nichts. Vielleicht liegt es am Mond. Ich stelle fest, dass er manchmal diese Wirkung auf mich hat.«
»Am Mond.« Sie nickte ernst. »Das wird es sein.« Sie sah ihm in die Augen und hob eine Braue. Der Wolf starrte mit festem Blick zurück. Schließlich gab Aralorn das Kräftemessen auf; sie wusste, dass er ohne Weiteres in der Lage war, dieses Spielchen die ganze Nacht durchzuhalten. »Wollen wir gehen, oder möchtest du lieber auf den ae’Magi warten, um ihn auszulöschen und die Welt für Tugend und Licht zurückzugewinnen?«
Der Wolf grinste wild. »Wenn wir ihn vernichten, wird uns die Welt eher ausweiden und vierteilen, anstatt uns als Retter zu preisen. Also sollten wir uns lieber sputen, bevor wir am Ende noch gezwungen sind, ihm den Garaus zu machen.« Der Sarkasmus in seiner Stimme ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie so gut wie keine Chance hätten, den Erzmagier tatsächlich zu vernichten.
Der Wolf wandte sich um, verschwand wieder im Unterholz und überließ es Aralorn, ihm zu folgen.
Einige Hundert Meter vom Waldrand entfernt stand an einen Baum angebunden ihr grauer Hengst und wieherte zur Begrüßung, kaum dass sie sich ihm näherten. Aralorn lachte, als das Tier an ihrer schlichten Tunika knabberte und daraufhin, offensichtlich abgestoßen von dem Geschmack, empört zurückwich.
»Wie um alles in der Welt kommst du denn hierher, Schimmer?« Sie sah Wolf mit einem schiefen Blick an und sagte zu ihm: »Danke, ich kann nicht behaupten, dass ich mich darauf gefreut hätte, zu Fuß nach Hause zu gehen.«
Mit den Jahren hatte sie gelernt, ihm keine weiteren Fragen zu stellen – in erster Linie, weil sie darauf ohnehin keine Antwort erhielt. Wenn er ein Wolf sein wollte, wer in aller Welt war sie, dies in Frage zu stellen? Trotzdem, der Knoten, mit dem die farbenprächtigen Stoffzügel an dem Baum befestigt waren, konnte für jemanden ohne Finger nicht ganz so leicht zu knüpfen gewesen sein.
Aralorn band die Zügel los und saß auf, nur um sofort wieder abzusteigen und die Steigbügel zu kürzen. Sie seufzte laut, während sie die Lederriemen in der Steigbügelhalterung des Sattels löste. Jemand mit deutlich längeren Beinen als sie hatte zuletzt auf ihrem Pferd gesessen.
»Schimmer, wie oft hab ich dir gesagt, du sollst keine Fremden auf dir reiten lassen? Man weiß nie, wohin sie dich möglicherweise bringen.«
Sie mochte Wolf zwar keine Fragen stellen, aber sie legte doch Wert darauf, ihm klarzumachen, dass dies aus Respekt geschah – nicht aus Dummheit.
Der Wolf legte den Kopf zur Seite, in seinen Augen blitzte ein Anflug von Belustigung auf. Sie lachte und fuhr damit fort, die Strippen zu entwirren. Er hatte sogar daran gedacht, ihr Schwert und ihre Messer mitzubringen.
Manchmal hegte sie den Verdacht, dass er vielleicht ein abtrünniger Gestaltwandler war, einer aus dem Volk ihrer Mutter – obwohl er nicht die graugrünen Augen besaß, die so charakteristisch waren für dieses Geschlecht. Jemand, der in dieser Kunst geübter war als sie und imstande, seine
Weitere Kostenlose Bücher