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ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)

ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)

Titel: ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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und einer davon war Kisrah – der nicht auf ihrer Liste gestanden hatte. »Für wie blöd hältst du mich eigentlich?« Sie musste eine Pause einlegen, um nicht wieder loszuhusten – aber er unternahm nicht mal den Versuch, ihre Fragen mit seinem üblichen Spott zu beantworten, und das machte ihr Angst. Also ergriff sie die Flucht nach vorn: »Warum hast du dich schon wieder vor mir versteckt? Zuerst die Wolfsgestalt, später die Maske, dann die Narben.« Sie verlieh ihrer Stimme ein leichtes Beben und widerstand der Versuchung, zu viel Dramatik hineinzulegen. »Misstraust du mir so sehr?«
    »Nein«, erwiderte Wolf. Der leise Anflug eines Lächelns umspielte seine Lippen – doch viel wichtiger noch: Er sah nicht mehr so aus, als wäre er überall lieber als hier. »Ich vergaß.« Er beschrieb mit der Hand vor seinem Gesicht einen Kreis. »Die Narben sind echt. Ich hab sie mir auf genau die Weise zugezogen, wie ich dir erzählt hab. Erst als ich von dort fortgegangen war …« Von seinem Vater fortgegangen war, dachte sie. »… kam ich dahinter, dass ich sie auf die gleiche Weise loswerden konnte, auf die es mir möglich war, Wolfsgestalt anzunehmen. Lange Zeit war mir die Entstellung völlig egal, weil ich der Wolf war. Als ich schließlich beschloss, gegen den Erzmagier vorzugehen, anstatt weiterhin wegzulaufen – na ja, da hab ich’s vorgezogen, die Narben lieber zu behalten.«
    Aralorn konnte seine Beweggründe gut nachvollziehen. »Und wieso jetzt nicht mehr?«
    »Als ich dich aus dem Verlies rausholte, war es notwendig, das Erscheinungsbild des ae’Magi anzunehmen, um an den Wachen vorbeizukommen. Ich war … ich hab anschließend einfach nicht mehr an die Narben, an die Maske, gedacht.« Er setzte sich neben sie. »Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    Erschrecken? Das war noch harmlos formuliert.
    Mit einem Gesichtsausdruck, der es nicht ganz zu dem Lächeln schaffte, das sie eigentlich beabsichtigt hatte, sagte Aralorn: »Falls ich das nächste Mal, wenn du mir Angst einjagst, an Herzversagen sterbe, kannst du das ja auf meinen Grabstein schreiben – ›Ich wollte sie nicht erschrecken‹.«
    Während sie sprach, betrachtete sie ihn aufmerksam. Sah Dinge, die ihr zuerst nicht aufgefallen waren. Sein Gesicht wies nicht die Lachfalten um Mund und Augen auf, die das Antlitz des ae’Magi charakterisierten. In seinem schwarzen Haar war nicht eine graue Strähne, doch der Ausdruck seiner Augen ließ ihn wesentlich älter aussehen, als sein Vater gewirkt hatte. Wolfsaugen, es waren Wolfs Augen – und in ihnen lag der kalte, gnadenlose Blick des Jägers.
    »Und wieso hat niemand erfahren, dass Cain von Narben gezeichnet ist?«, fragte sie.
    »Mein Vater hat es geheim gehalten.«
    »Weiß Myr, wer du bist?« Irgendwie war ihr das wichtig – was nur bewies, wie sehr sie Retherin war, dass sie Reth im Gegensatz zu Sianim niemals aufgegeben hatte. Myr war ihr König, und seinen König log man nicht an.
    Er nickte. »Ich hab’s ihm gesagt, bevor ich meine Hilfe angeboten hab. Es war nur recht und billig, dass er wusste, worauf er sich einlässt. Und mit wem.«
    Einen Augenblick lang schwiegen beide, dann sagte Aralorn: »Der ae’Magi hat mich nach dir befragt, nach Cain.« An so viel immerhin konnte sie sich noch erinnern.
    »Ach ja?« Wolf hob eine Augenbraue, aber er war mitnichten so gleichmütig, wie es schien. Wäre er in seiner Wolfsgestalt gewesen, hätten sich ihm nun die Haare am Rücken aufgestellt: Sie kannte diesen sanften Tonfall seiner Stimme nur zu gut. »Was hast du gesagt?«
    Aralorn zog als Erwiderung ebenfalls eine Augenbraue hoch. »Ich hab ihm erzählt, du seist tot.«
    »Hat er das geglaubt?«, fragte er.
    Sie zuckte die Achseln und begann, sich aus dem Wust von Decken, die sich um ihren rechten Fuß gewickelt hatten, zu befreien. »Zu dem Zeitpunkt hat er das wohl, aber nachdem du beschlossen hast, mich zu retten, könnte er unter Umständen zu dem Schluss gekommen sein, dass ich ihn angelogen hab.«
    »Vielleicht sollten wir dich erst mal in eine bequemere Lage bringen« – mit einer lässigen Handbewegung deutete er auf das Deckenknäuel zu ihren Füßen – »und dich wieder warm einpacken, bevor du dir den Tod holst, was meinst du?« Fast klang er wie ein sianimischer Heiler.
    Während er ihr das behelfsmäßige Bettlager wieder richtete, spürte sie, wie sich heftige Kopfschmerzen in ihrem Schädel ausbreiteten. »Wolf«, sagte sie leise, nahm seine Hand und hielt sie fest,

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