Arams Sündenbabel
gemeldet . Bevor ich nicht den Beweis des Gegenteils erbracht hatte, musste ich sie als normalen Menschen betrachten und zugleich als jemanden mit besonderen Fähigkeiten.
Die Rätsel waren nicht kleiner, sondern größer geworden. Ich fragte mich, wer mir jetzt noch helfen konnte. Es gab da eine Person, die nicht weit entfernt von mir wartete. Und zwar dort, wo der Weg endete und der kleine Bach einen Knick machte.
Janine Helder war weitergefahren. Sie hatte mich bewusst mit Martina Mädel allein gelassen und hatte mir zuvor auch keine Hinweise gegeben. Dabei war ich davon überzeugt, dass diese Frau, die einmal meinen Vater geliebt hatte, mehr wusste.
Sie war sowieso eine besondere Person, die irgendwie den Blick für das Ungewöhnliche hatte. Sie lebte allein, aber sie war nicht allein, weil sie ihre Umgebung mit anderen Augen anschaute als die meisten Menschen.
Durch sie hatte ich auch Nora Thorn kennengelernt. Eine junge Frau, die hin und wieder von Außerirdischen entführt wurde und dadurch besondere Fähigkeiten erhalten hatte. Auch hinter deren Geheimnis war ich noch nicht gekommen. Allerdings hatte ich auch Noras seltsame Schwester erlebt, die als Halbvampir existierte. Durch sie war der Kontakt zwischen Janine und mir hergestellt worden.
Es war still in meiner näheren Umgebung. Der Nebel schluckte die Geräusche. Nichts Fremdes drang an meine Ohren, und selbst das Plätschern des Bachs klang seltsam gedämpft.
Ich schaute auch weiterhin nach vorn und nickte, als ich die beiden schwachen Lichter sah, die sich in der grauen Suppe abmalten. Die Augen eines Autos bewegten sich auf mich zu, und ich ging jede Wette darauf ein, dass ich die Fahrerin kannte.
Ich wartete, bis mich der Wagen erreicht hatte. Die nasse Karosserie des Rovers schälte sich aus dem Dunst hervor. Es war mein Dienstwagen, den Janine Helder fuhr. Ich hatte ihn ihr überlassen.
Sie bremste. Hinter der Scheibe sah ich den blassen Umriss des Gesichts. Neben mir stoppte Janine.
Ich zog die linke Beifahrertür auf und tauchte in das Fahrzeug. Dann zog ich die Tür zu.
»Nun?«, fragte Janine.
»Tja«, sagte ich und schnallte mich noch nicht an. »Ich denke schon, dass du mir einiges zu sagen hast...«
Janine Helder schwieg. Sie sagte einfach nichts. Sie saß nur da und hielt mit beiden Händen das Lenkrad fest. Sie schaute nur nach vorn, wo vor dem Wagen die Dunstschwaden wie träge Geister dahinglitten und sich immer wieder mit der Nebelmasse vereinten, die ebenfalls in ständiger Bewegung war.
Obwohl Janine um einiges älter war als ich, kam sie mir vor wie ein Schulmädchen, das etwas ausgefressen hatte und sich vor einer Beichte fürchtete.
Sie sagte zunächst einmal nichts und wollte alles mir überlassen.
Janine Helder war eine kleine Frau mit grauen Haaren und einer sehr glatten Gesichtshaut. Beim Autofahren trug sie eine Brille, die ihr etwas weit nach vorn gerutscht war. Ihr Haarschnitt war recht kurz. Graue Strähnen fielen glatt bis hin über die Ohren. Sie trug einen braunen Mantel, den sie auch im Wagen nicht abgelegt hatte.
»Warum sagst du nichts?«, fragte ich.
»Dafür bist du doch zuständig, John.«
»Sag nicht, dass du ein schlechtes Gewissen hast.«
»Wie kommst du darauf?«
»Ach, nur so. Schließlich hast du mich nicht eben mit großartigen Informationen versorgt.«
Jetzt lächelte sie leicht. »War das denn nötig? Hast du nicht selbst mit Martina gesprochen.«
»Das habe ich.«
»Und? Was ist dein Eindruck von ihr?«
»Tja, das ist schwer zu sagen, wirklich. Martina ist schon eine ungewöhnliche Frau.«
»Das stimmt.«
»Toll, dass wir uns hierbei einig sind. Du scheinst sie gut zu kennen.«
Wieder wiegelte sie ab, so dass ich ihr kaum glauben konnte. »Ach, John, weißt du, das täuscht eigentlich. So gut wie du vielleicht meinst, kenne ich sie nicht.«
»Schade.«
»Wieso?«
»Dann hättest du mir vielleicht mehr über sie sagen können.«
Janine schüttelte den Kopf. »Moment mal, hat sie das denn nicht selbst getan?«
»Leider nicht. Sie hat wohl einiges gesagt, aber sie hielt sich schon bedeckt. Und als sie dann ging, da hatte ich tatsächlich den Eindruck, als hätte sie sich aufgelöst.«
»Bitte...?«
Ich musste lachen. »Tu nicht so harmlos, Janine, du weißt genau, wovon ich rede. Sie entfernte sich und war auf einmal verschwunden. Es lag nicht am Nebel, denn ich bin ihr nachgegangen, war schneller als sie und hätte sie eigentlich sehen müssen, was jedoch nicht zutraf.
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