Arams Sündenbabel
sie schon zu Lebzeiten getan hatten, nur in einer anderen und auch sehr geisterhaften Form.
Ich hörte hinter mir, dass die Tür weiter aufgestoßen wurde. Janine hatte es im Zimmer nicht mehr ausgehalten. Ich rechnete damit, dass sie geschockt war, aber sie sprach mich völlig normal an. »He, was ist denn los?«
Das verstand, wer wollte, ich nicht. Ich riss meinen Blick von der Szene los und wollte sie schon fragen, ob sie denn nicht sah, was passierte, aber die Worte verkniff ich mir. Ich brauchte nur in ihr Gesicht zu schauen, um zu wissen, dass Janine einen normalen Gang vor sich sah und nicht die Szene, die mir präsentiert wurde. Sie hörte auch nicht das Stöhnen und Keuchen der beiden, das jetzt auch durch verständliche Worte unterbrochen wurde.
»Ja, ja, ja, ich bin deine Hexe, und du bist mein Teufel. Mein verdammter herrlicher Teufel!«
Janine schüttelte verständnislos den Kopf. »John, was hast du denn? Rede doch.«
»Nichts«, murmelte ich und schaute wieder zu den beiden hin, die zum Höhepunkt kamen.
Bevor es so weit war, drehten sie mir ihre Köpfe zu. Ich sah direkt in die Gesichter. Ich erkannte die Erregung darin. Sie waren von der Lust gezeichnet, und dann rissen beide ihre Münder auf. Ein kratziges Lachen hallte mir entgegen, wobei aus dem Mund des Mannes eine fingerdünne Zunge huschte.
Eine Sekunde später war das Bild verschwunden, und es war auch nichts mehr zu hören.
Ich entspannte mich wieder. Ich hörte Janine sprechen. Sie erhielt von mir keine Reaktion, da ich mit meinen Gedanken ganz woanders war. Ich dachte über den Begriff »Sündenbabel« nach und musste Martina Mädel Recht geben. Was ich hier erlebt hatte, das konnte durchaus zu einem Sündenbabel gehören. Das war nur ein Teil von ihm, denn ein derartiges Gebilde setzte sich immer aus zahlreichen Stücken zusammen.
Janine umfasste meinen rechten Arm und schüttelte mich. »He, Geisterjäger, wach endlich auf! Was ist nur los mit dir?«
»Gute Frage. Du hast nichts gesehen?«
Sie trat einen Schritt zurück. »Nein. Was soll ich denn gesehen haben?«
»Es waren zwei. Eine Frau und ein Mann. Beide nackt. Jetzt rate mal, was sie getan haben.«
»John, du spinnst.«
Als Antwort blickte ich sie nur an, und plötzlich wusste sie, dass ich mir nichts aus den Fingern gesaugt hatte. »Also... also spinnst du nicht?«, hauchte sie.
»Nein. Ich habe dir nichts vorgesponnen, Janine. Ich habe den Sex der beiden tatsächlich gesehen. Die Frau kannst du hier sogar auf dem Foto an der Wand erkennen.« Ich deutete auf das Bild, und Janine trat näher heran, um es zu betrachten.
Nach einer Weile drehte sie sich um. »Bist du dir da sicher, John?«
»Hundertprozentig.«
Sie schaute noch einmal hin und legte dabei den Kopf schief. »Hier lese ich ein Datum. Das Foto ist im Jahre neunzehnhundertvierzig gemacht worden. Darauf sehen sie Mitte dreißig aus. Dann können wir davon ausgehen, dass die Person nicht mehr unter den Lebenden weilt. Oder wie siehst du das?«
»Ich stimme dir zu. Sie nicht und auch der Mann nicht. Beide sind wahrscheinlich tot. Oder auch weit über neunzig. Ich aber habe sie in der Blüte ihres Lebens gesehen.«
»Sie heißt Rita Randall!« flüsterte Janine. »Das kann ich hier ablesen. Früher sicher ein Star auf ihrem Gebiet.«
»Hast du den Namen schon einmal gehört?«
»Nein, nie.«
»Sie war sogar noch mehr«, sagte ich. »Sie selbst hat sich als Hexe bezeichnet und der Mann, mit dem sie so heftig zusammen war, der war für sie der Teufel.«
»Toll. Das passt doch. Hexe und Teufel. Passt perfekt zu einem Sündenbabel.«
»So könnte man es sehen«, erklärte ich. »Jedenfalls sind wir im Hotel richtig.«
»Bestimmt.« Erst stimmte Janine zu, dann zuckte sie mit den Schultern. »Und wenn du mich steinigst, John, ich habe nichts gesehen. Mir ist nichts aufgefallen.«
»Was war mit den Stimmen?«
»Nun ja. Wenn ich darüber nachdenke, kann ich mich auch geirrt haben. Es ist alles so kompliziert geworden. Aber du hast das Kreuz, John, und das wird dir diesen Kanal geöffnet haben. Anders kann ich die Dinge beim besten Willen nicht sehen und sie mir auch nicht erklären. Alles, was hier einmal an Schrecklichem passiert ist, das gibt es nicht mehr. Das ist tot, gestorben, aber leider nicht vergessen, denn es wird immer wieder nach vorn in unsere sichtbare Welt hineingedrückt, aber nicht für jeden.«
»Willst du trotzdem bleiben, Janine?«
Sie lachte mir ins Gesicht. »Sicher. Glaubst du
Weitere Kostenlose Bücher