Aratani
ausgebaute
Straßen in kleinere Gassen, die dann in Sackgassen mündeten und schließlich zu
den einzelnen Wohnhäusern führten. Diese waren hinter dem großen Tempelplatz
und dem Basar ringförmig, je nach Glaubensrichtung in Vierteln angelegt. Das
Betreten der Sackgassen war nur den Anwohnern gestattet, wogegen alle anderen
Gassen und Straßen mit ihren Atrien und den öffentlichen Gebäuden der
Allgemeinheit zur Verfügung standen. In dem verschachtelten Wirrwarr konnte man
sich wahrlich verlaufen.
Die überwiegend zweistöckigen Gebäude wurden durch einen offenen, aber
durch die hohen Hauswände schattigen, Innenhof betreten. In der Mitte wucherten
exotische Pflanzen. Das Plätschern eines Brunnens lud zum Eintreten und
Verweilen ein. Die darauf angebrachte Statue spiegelte den Glauben der
jeweiligen Bewohner wieder. Auch hier glaubten nicht alle Menschen an denselben
Gott. Unter der vielschichtigen Bevölkerung gab es die verschiedensten
Glaubensrichtungen. Der größte Teil der Bewohner betete jedoch zu Isuryon. Der
Boden dieser Innenhöfe war in wunderschönen Mustern und Farben mit Marmor und
Granit zu einem Mosaik ausgelegt. Jedes dieser Gebilde sah anders aus.
Die Innenhöfe boten einen weiten Einblick und Aran konnte sich gar nicht
sattsehen. Sie kamen an unzähligen Wirts-, Café- und Badehäusern vorbei. Hier
schien sich das gesellschaftliche Leben abzuspielen. Junge und ältere Männer,
Mädchen und Frauen mit Kindern auf dem Arm tummelten sich in Innenhöfen und vor
den Eingängen.
Ihr erster Weg sollte Aran und Tilgrem zum Stadtzentrum führen, wo sie
sich eine Unterkunft besorgen wollten. Bereits auf dem Weg dorthin sahen sie
mehrere einladend wirkende Gasthäuser. Aber sie wollten lieber inmitten des
Zentrums wohnen, um von dort aus alle Wege direkt ansteuern und leicht wieder
zurückfinden zu können. Aran wollte lieber nicht daran denken, was für ein
Vermögen sie ihre Unterbringung kosten würde. Tilgrem hatte gemeint, er solle
sich darum nicht scheren, also verscheuchte er diesen Gedanken so schnell, wie
er gekommen war.
In der letzten Nacht hatte Tilgrem überschwänglich über die Stadt berichtet,
aber Aran wollte die Übertreibungen erst mit eigenen Augen sehen, ehe er etwas
davon glauben würde. Nun strahlte er Tilgrem mit halb offenem Mund an. Vor
ihnen lag die malerische Altstadt mit dem riesig großen Tempel von Isuryon, von
dem Aran schon so viel gehört hatte. Das runde Gebäude, umgeben von einer
halbhohen Tempelmauer, war für alle Gläubigen frei zugänglich. Das Kuppeldach
war komplett mit Gold überzogen worden und blendete Aran im hellen Sonnenlicht.
Der Eingang wurde gesäumt von zwei Statuen ihres Gottes Isuryon. So hoch wie
ein einstöckiges Gebäude bewachten die aus rötlichem poliertem Marmor
gefertigten Phönixe vor den massiven goldenen Sonnen ihre heilige Stätte. Dabei
breiteten sie ihre Flügel aus und richteten ihre kurzen Schnäbel in den Himmel.
Aran konnte von diesem meisterlichen Werk kaum die Augen abwenden. Am liebsten
hätte er auf der Stelle den Tempel betreten und seinem Gott ein Dankgebet
geschickt. Auf dem Vorplatz zum Tempel waren einige Tempeldiener damit
beschäftigt, die größten und schönsten Orchideen, die Aran je in seinem Leben
gesehen hatte, in tonnengroßen Basaltkübeln zu pflegen. Andere fegten den in
kunstvollem Muster mit glänzendem, verschiedenfarbigem Granit und Marmor
ausgelegten Boden. Das ganze immense Gebäude strahlte Autorität und Ehrfurcht
aus. Eine geheimnisvolle Ruhe schien aus seinem Inneren zu weichen.
Rings um den Tempelpalast waren hunderte von Händlern damit beschäftigt,
an großen Marktständen Teppiche, Lederwaren, Gürtel, Statuen, Schmuck und
Edelsteine, Vasen und Lampenschalen aus Alabaster, Statuen und Skulpturen aus
allen möglichen edlen Materialien, Dinge des täglichen Bedarfs sowie Nützliches
und Überflüssiges anzubieten. Berge von Obst und Gemüse türmten sich vor Arans
Augen, und unzählige Handwerksbetriebe reihten sich aneinander. Die lauten,
feilschenden Stimmen der Handelnden drangen in seine Ohren. Er war überwältigt
von der angebotenen Fülle. Alles, was das Herz begehrte, konnte man auf diesem
Basar kaufen. Der schwere Geruch verschiedenster Gewürze, unter anderem von
Anis, Nelken, Muskat und Safran vermischt mit den Düften der edelsten Öle ließ
ihn fast schwindlig werden.
Aran merkte, wie ihm der Schweiß über das Gesicht lief. Die Mittagssonne
stand hoch am Himmel und versengte
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