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Aratani

Aratani

Titel: Aratani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Preuss
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sich der Natur über Millionen von Jahren angepassten Tieren sofort
dankbar verwertet. Ihre Hoffnung, mit ein paar Resten abgestorbener Pflanzen
zumindest eine kleine Glutstelle herzurichten, löste sich damit in Luft auf.
Aran hatte wirklich keine Lust, sich beim Hinterherjagen nach diesen Pflanzen,
die vom Wind angetrieben, rollend ihre Samen in der Wüste verteilten, zu
verirren oder sich gar von einem dieser giftigen Tiere mit dem langen Stachel
am Schwanzende stechen zu lassen. Abgesehen von gefährlichen Schlangen hatte
Wadi sie ganz besonders vor diesen gewarnt. Sie würden ganz sicher auch einmal
ein paar Tage ohne warmes Essen oder Getränke zurechtkommen.
    Aran machte sich Gedanken darüber, ob seine Sterndeutung sie auch
weiterhin auf dem richtigen Weg hielte. Mit dem Sonnenaufgang im Osten aber
verflüchtigten sich seine Bedenken. Wenn sie sich abwechselnd an Sonne und
Sterne hielten, würden sie nach Wadis Worten in spätestens zwei Tagen bzw.
Nächten unweigerlich auf Hilhabadh, die erste Wüstenoase, stoßen. Dort oder
erst in der nächsten Siedlung würden sie seine geliebte Schwester vorfinden.
Das hieße, wenn sie überhaupt noch dort lebte. Es konnte genauso gut der Fall
sein, dass sie sich entschlossen hatte, mit dem Beduinen in eine Stadt zu
ziehen oder wer weiß wo zu leben. Dann wäre alles umsonst und ihre Suche würde
von vorn beginnen. Er klammerte sich lieber an den Gedanken, Rincipea bald
umarmen zu können. Die Vorstellung eventuell vergeblicher Mühen vertrieb er
energisch. Sein Herz klopfte vor freudiger Erregung, seinem Ziel immer näher zu
kommen.
    Das Zelt war gerade groß genug, dass sich Aran und Tilgrem nebeneinander
ausstrecken konnten. Sie hatten die Kamele mit einem längeren Seil, das sie um
ihre Hände geschlungen hatten, zusätzlich gesichert und fielen in einen, von
dem ungewohnten Ritt im Kamelsattel, erschöpften Schlaf.
    Es musste bereits später Nachmittag sein, als die Kamele laut brüllende
Geräusche von sich gaben, sich erhoben und panisch an den Seilen rissen, mit
denen sie am Zeltgestänge angebunden waren. Die Stangen flogen ruckartig aus
dem lockeren Boden. Die Kamele machten Anstalten, in ihrer Panik loszustürmen,
waren aber immer noch durch die Seile mit den Handgelenken ihrer Reiter
verbunden. Tilgrem hatte geistesgegenwärtig sofort die Zügel ergriffen. Eines
der Tiere hatte sich allerdings losgerissen und gebärdete sich wie wild. Jetzt
erst sah Aran, dass es über und über mit dünnen, schwarzen, handlangen Ameisen
bedeckt war, die sich über die restlichen Lebensmittel in den Proviantsäcken an
den Seiten des Kamels hermachten. Um ihn vor der drohenden Versandung zu
schützen, hatten die Männer die Beutel mit ihrem Proviant für den nächsten Tag
nicht abgeladen. Sie mussten die Straße der Ameisen gekreuzt haben, als sie
sich hier zur Rast niedergelassen hatten.
    Das Tier gebärdete sich immer wilder, als die Insekten jetzt
offensichtlich auch durch sein Fell drangen. Einige der Ameisen saßen in den
Augenwinkeln und tranken seine fließenden Tränen. Dabei bissen sie immer wieder
zu und verspritzen ihr giftiges, lähmendes Sekret. Ihre sechs goldfarbenen,
behaarten Beine zappelten aufgeregt und sie wuselten in einem schier
unglaublichen Tempo auf ihrer Beute umher. Dabei gaben sie kratzende und
zirpende Laute von sich. Manche von ihnen brummten oder zischten auch. Die
Menge stridulierte so extrem, dass ein schrilles Surren entstand, was Aran und
Tilgrem sich an die Ohren greifen ließ.
    Viele brachten mit ihrem scherenartigen Zangengebiss bereits die ersten
Brocken auf einer mittlerweile entstandenen Ameisenstraße davon in ihr entferntes
Nest. Soweit Arans Blick reichte, reihte sich Arbeiter an Arbeiter mit seiner
Beute.
    Bereits der Biss einer einzigen dieser Paraponera war an Schmerz kaum zu
übertreffen. An dem Kamel mussten mittlerweile tausende dieser Biester nagen.
Das in Kreischen übergehende Gebrüll des Tieres war kaum noch zu ertragen. An
vielen Stellen lief Blut über die zerfleischten Stellen. Es dauerte weniger als
ein Viertel einer Kerzenlänge und ihr Tier brach, jetzt nur noch leise röchelnd,
zusammen. Die Menge der Ameisen auf seinem Körper hatte diesen schwarz gefärbt.
    "Schnell!", brüllte Tilgrem und gab Aran die Zügel in die
Hand. "Geh mit den dreien aus der Gefahrenzone. Ich werde sehen, was ich
noch retten kann!"
    Aran reagierte augenblicklich, schnappte sich die Zügel und entfernte
sich mit ihnen etwa zehn

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