Arbeit - Leben - Glueck
Hoffnungen, auf ihrem Gebiet eine Stelle zu finden. Klara schreibt gern und bietet der Lokalredaktion ihrer Zeitung an, gelegentlich Termine zu übernehmen. Dabei verdient sie so wenig, dass ihr Arbeitslosengeld nicht gekürzt wird. Aber sie lernt die Gegend kennen und knüpft viele Kontakte.
|154| Ben ist Biologe. Ameisenforscher, genauer gesagt. Nach dem Studium arbeitet er ein Jahr bei einem Schädlingsbekämpfer, doch er fühlt sich wie ein Priester in einer Abtreibungsklinik. Ben kündigt und meldet sich arbeitslos. Sein Arbeitsberater macht ihm keine Hoffnungen, als Biologe irgendwo unterzukommen, doch Ben hat große Pläne. Er will das Leben der Ameisen genauer erforschen, auch jetzt, wo er nicht mehr an der Uni ist. Einige Spezies, das weiß er, könnten gegen bestimmte Krankheiten helfen. Er gründet noch während der Arbeitslosigkeit zusammen mit zwei anderen Ameisenforschern ein Institut. Später wollen sie Sponsoren finden, die ihnen ein Projekt auf Sumatra finanzieren. Sobald sie genug Geld zusammenhaben, werden sie ein oder zwei befristete Stellen davon finanzieren können.
Kalinka ist Anthropologin. Ihre Eltern stammen aus der ehemaligen Sowjetunion, aber sie ist in Deutschland aufgewachsen. Sie ist arbeitslos gemeldet und hat auch Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil sie während ihres Studiums einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen ist. Sie weiß, dass ihre Chancen, als Anthropologin eine Stelle zu finden, begrenzt sind. Andererseits ist die Menschheitsgeschichte nun mal ihre große Leidenschaft. Da stößt sie in einem Buch auf die steinzeitliche Kultur der karelischen Fischer und Jäger. Sie knüpft Kontakte zu einem russischen Institut, das speziell diese Kultur erforscht. Aufgrund ihrer guten Russischkenntnisse wird sie zu einem Vorstellungsgespräch und einem Praktikum eingeladen. Die Arbeitsagentur genehmigt einen dreimonatigen Aufenthalt in Karelien, weil er dazu dienen könnte, Kalinka dort in Arbeit zu bringen. Da das Praktikum ihr nur ein Taschengeld einbringt, erhält sie in dieser Zeit weiter Arbeitslosengeld.
|155| Damit Aktivitäten, wie sie in den vorangegangenen Beispielen geschildert wurden, mit der rechtlichen Stellung von Arbeitslosen auch vereinbar sind, müssen diese einiges beachten, bevor sie sich auf etwas einlassen:
Sie dürfen nur begrenzt dazuverdienen und nicht mehr als ein paar Stunden pro Woche arbeiten. Genaue Zahlen finden sich auf den Internetseiten der Bundesagentur für Arbeit. Konkrete Arrangements wie Praktika oder Vorstellungsgespräche im Ausland müssen immer mit dem Arbeitsberater ausgehandelt und von ihm genehmigt werden.
Die Vermittelbarkeit darf durch die Aktivitäten nicht beeinträchtigt sein. Eine eventuelle neue Stelle muss sofort angetreten werden können.
Beratungstermine, Bewerbungstrainings und Vorstellungsgespräche haben Vorrang, es sei denn, man ist für eine Bildungsmaßnahme, ein Praktikum oder eine Fahrt zu einem potenziellen Arbeitgeber ausdrücklich freigestellt.
Ehrenamt und politisches Engagement fallen nicht unter die zeitlichen Beschränkungen, das Gleiche gilt, wenn man im stillen Kämmerlein an etwas arbeitet. Erst wenn man das Ergebnis seiner Arbeit an jemanden verkauft oder einen Preis dafür bekommt, muss man das der Arbeitsagentur melden, weil die erzielte Summe oder das Preisgeld ganz oder teilweise auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird.
Jeder Arbeitslose kann ein tätiges Leben führen. Als Mitglied einer Bürgerinitiative, als Initiator einer Hilfsmission, als Tüftler am Haus der Zukunft. Wer sich dagegen lieber gehen lässt, endet nur allzu leicht als Quotenbringer des Frühstücksfernsehens, als Impulsgeber eines Computerspiels oder als Reden schwingender Trinkhallenkunde.
Das Kapitel »Ohne Arbeit leben« war das letzte zum Thema Arbeit. Was nun folgt, ist ein Ausflug in die konkrete Arbeitswelt. Wie geht es da zu? Nach welchen Regeln wird gespielt?
|156| Arbeitswelten
Wer über seine Arbeitswelt spricht, dem geht es nicht nur um das, was er beruflich macht. Andere Themen stehen oft mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit: das Kantinenessen, der letzte Betriebsausflug, wer gerade mit wem Streit hat oder was Die-da-oben als Nächstes vorhaben. Gespräche darüber haben jedoch mit harten Fakten wenig zu tun. Wenn zehn Leute ein und denselben Sachverhalt schildern, kommen zehn verschiedene Geschichten dabei heraus. Aber welche Geschichte stimmt? Muss denn überhaupt eine stimmen? Und was
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