Arbeit - Leben - Glueck
Mitarbeiter möglichst viel für möglichst wenig Geld leisten. Der Betriebsrat stellt also nur ein Gegengewicht her.
Von großem Einfluss auf die Zusammenarbeit ist die Arbeitsmoral. Es kursieren Leitsätze wie: »Einmal morgens dumm angestellt, und den ganzen Tag in Ruhe gelassen.« Oder: »Teilen Sie sich die Arbeit gut ein!« Der deutsche Lyriker und Dramatiker Bertolt Brecht hat es einmal so formuliert: »Ich rate, mehr zu können, als man macht, statt mehr zu machen, als man kann.«
Der Hintergrund für solche Sprüche ist folgende Überlegung: Würde jeder so schnell und so gut wie möglich arbeiten, wäre das ja der Normalfall und der Arbeitgeber könnte auf die Idee kommen, dass sich da noch viel mehr herausholen lässt. Diese Art von Leistungsökonomie trennt oft ältere Mitarbeiter von jüngeren, sie trennt die Arbeitsmoral von Bordingenieur Scotty auf der
Enterprise I
und Bordingenieur Geordi auf der
Enterprise II.
Wenn Scotty etwas |162| in einer Stunde machen soll, dann tut er so, als wäre das unmöglich und würde mindestens einen halben Tag dauern. Dann schafft er es aber doch in kurzer Zeit und vollbringt in den Augen der anderen ein Wunder. Ganz anders Geordi: Wenn der Kapitän sagt, er braucht etwas in einer Stunde, dann bekommt er es in einer Stunde, falls es in einer Stunde machbar ist. Das Denken von Scotty verhindert, dass für eine ehrliche Leistung eine ehrliche Anerkennung erteilt wird. Das Denken von Geordi dagegen ist frei von jedem Kalkül. Aber das ist nur dann sinnvoll, wenn alle an einem Strang ziehen und keine Spielchen gespielt werden.
Netzwerke, Arbeitsmoral, Betriebsrat – all das prägt die Zusammenarbeit. Aber es gibt noch viele andere Faktoren: Vertrauen, verschiedene Arbeitsweisen und Konflikte. Ihnen gelten die nächsten drei Abschnitte.
Vertrauen im Angebot
Es gibt im Leben immer wieder Momente, da ist man angenehm überrascht: Jemand war freundlich und hilfsbereit – bei einer Reifenpanne, bei der Suche nach etwas oder als man mal ausgerutscht und hingefallen war. Man kann sich zwar nicht hundertprozentig darauf verlassen, dass einem jemand hilft, aber es kommt immer wieder vor.
Warum sind wir freundlich und hilfsbereit? Aus purer Nächstenliebe? Eher nicht, denn die ist ja uneigennützig, und tief in unserem Innersten wissen wir: Ohne irgendeinen Nutzen sind wir zu keinem Einsatz bereit. Aber wir helfen trotzdem und freundlich sind wir auch oft. Warum tun wir das, obwohl wir doch gar nicht wissen, ob und wann wir jemals etwas dafür zurückbekommen? Der amerikanische |163| Autor Thomas Pynchon erfindet dazu in seinem Roman
Vineland
das Prinzip der »karmischen Schadensregulierung«: Man hilft jemandem, wendet also etwas auf. Es entsteht ein Minus, ein Negativposten, denn unser Einsatz ist erst mal weg. Aber das Weltall verliert nichts, und deshalb kommt irgendwann der Tag des Ausgleichs. Wir sind freundlich und helfen, weil wir vertrauen.
Es muss nur einer den Anfang machen. Also zuerst freundlich sein, ohne zu wissen, wann und von wem diese Freundlichkeit erwidert wird. Nach einer Weile müsste dann folgende Situation entstehen: Man gibt hierhin und dorthin und bekommt von allen Seiten etwas dafür zurück. Man nimmt Hilfe an und revanchiert sich wieder. So geht es immer hin und her, das Prinzip der karmischen Schadensregulierung ist in vollem Gange. Es ist Ehrensache, den anderen nicht auszubeuten, also nur zu nehmen und nie etwas zu geben. Wahre Freundschaften und gute Ehen funktionieren so, und sogar auf dem Kampfplatz Autobahn kann Vertrauen entstehen. Für alle, die den Führerschein und ein Auto haben, hier ein freiwilliger Selbstversuch in vier Schritten:
Auf der Autobahn ein durchschnittliches Tempo wählen und so lange mit anderen zusammen fahren, bis man die Autos »kennt«, die in etwa auch so schnell fahren.
Nach jedem Überholen sofort wieder auf die rechte Spur gehen, wenn genug Platz ist.
Solange man links fährt, jeden, der will, auf die Überholspur lassen.
Abstand wahren und nicht drängeln, wenn ein langsames Auto vor einem fährt.
Wer eine Weile fair und vorschriftsmäßig agiert, der wird Folgendes feststellen: Die anderen Fahrer machen mit. Sie lassen einen auf die Überholspur, weil sie gesehen haben, |164| dass man selbst andere auch reinlässt. Sie fahren freiwillig rechts, weil sie wissen, dass sie jederzeit wieder auf die Überholspur können. Sie bremsen ab, wenn ein langsames Fahrzeug sie behindert, statt auf die
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