Arbeit - Leben - Glueck
bei uns immer noch das Beste, aus einer ungekündigten Stellung nach etwas Neuem zu suchen. Doch genau das ist nicht immer machbar. Viele kündigen, bevor sie etwas Neues gefunden haben, oder werden gekündigt, je nachdem. Andere wissen nach ihrer Ausbildung nicht sofort, was sie eigentlich machen wollen, und melden sich arbeitslos. Gelingt es ihnen nicht, möglichst schnell etwas Neues zu finden, wird es irgendwann kritisch. Denn wer längere Zeit arbeitslos ist, gilt als Problemfall.
In Deutschland ist man arbeitslos, wenn man bis zu einem Jahr keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Danach gilt man als langzeitarbeitslos. Auch die Arbeitgeber machen diesen Unterschied: Einen Arbeitslosen kann man ja vielleicht mal zu einem Bewerbungsgespräch einladen, doch ein Langzeitarbeitsloser gilt als hoffnungsloser Fall. Arbeitgeber schicken Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen oft ungelesen zurück. Weit verbreitet ist die Vorstellung, Langzeitarbeitslose seien psychische Wracks, weil sie schon zu lange die Erfahrung machen, nicht gebraucht zu werden und nutzlos zu sein.
Nach einem Jahr Arbeitslosigkeit wird man vom Arbeitslosengeld I auf Arbeitslosengeld II herabgestuft, also von einer Muss-Leistung auf eine Kann-Leistung. Arbeitslosengeld I
muss
jeder bekommen, der in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Arbeitslosengeld II
kann
gewährt werden, |152| aber es hängt davon ab, was der Ehegatte, Lebenspartner oder die Eltern verdienen und ob Vermögen da ist. Das schließt auch Lebensversicherungen über einem bestimmten Freibetrag und Wohneigentum mit ein, wenn es mehr ist, als es die Behörde für angemessen hält. Falls alle geplanten Reformen umgesetzt werden, besteht mit dem Arbeitslosengeld II die Verpflichtung, jede zumutbare Arbeit anzunehmen. Auch solche, für die man zu gut ausgebildet ist. Wer sich weigert, eine angebotene Stelle anzunehmen, muss mit Kürzungen der Hilfe rechnen.
Kein Lob auf die Faulheit
Wer arbeitslos ist und es auf keinen Fall sein will, der wird nach jedem Strohhalm greifen, um an eine neue Stelle zu kommen. Er wird sich bewerben, an den Maßnahmen des Arbeitsamtes teilnehmen, sich vielleicht sogar umschulen lassen oder sein Glück im Ausland versuchen. Er wird keine Zeit verlieren und notfalls auch solche Arbeit annehmen, die etwas unter seinen Fähigkeiten liegt.
Bis etwas klappt, hat bei uns jeder Arbeitslose eine Menge Leerlauf. In dieser Zeit liest er Stellenangebote, schreibt Bewerbungen und nimmt Beratungstermine wahr. Langsam wird der Leerlauf zum Problem. Man grübelt zu viel, macht sich Sorgen, ist schlecht drauf. Arbeitslosigkeit lähmt und nur mit Mühe schafft man es, aktiv zu bleiben. Dabei könnte man gerade in dieser Zeit so viel machen: etwas erfinden, ein Buch schreiben, ein Kunstwerk schaffen, sich beruflich und persönlich weiterbilden. Für alle, die längere Zeit arbeitslos sind, geht es vor allem darum, die negativen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit auf die Psyche abzumildern. Hier drei gute Gründe dafür, sich Arbeit zu machen, wenn man schon keine hat:
|153| Der Satz: »Ich bin arbeitslos« klingt nicht gut. Weder im Lebenslauf noch im persönlichen Gespräch. Der Satz bringt Freunde und Verwandte in Verlegenheit, verrät Selbstmitleid und wirkt immer wie ein Vorwurf. Wer sich selbst Arbeit macht, der zeigt, dass er auch noch was anderes zu tun hat, als Opfer der Umstände zu sein.
Arbeitslose erfahren vor allem Zurückweisungen und werden von allen Seiten infrage gestellt. Arbeit setzt dem etwas Positives entgegen.
Arbeitslose sind oft unorganisiert und wissen nichts mit sich anzufangen. Machen sie sich Arbeit, kann das nicht passieren.
Das ist die positive Seite der Arbeitslosigkeit: So viel Zeit, ungestört an einem eigenen Projekt zu arbeiten, bleibt sonst nie. Sie bietet die Chance, seinen Interessen nachzugehen, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben, in Unternehmen oder Institutionen, die einen schon immer interessiert haben, ein Praktikum zu machen, Kontakte zu knüpfen, sich ins Gespräch zu bringen. Und ganz nebenbei strukturieren solche Projekte den Tag. Man hat das Gefühl, etwas geschafft, etwas weitergebracht zu haben, und kommt – was das Arbeiten angeht – gar nicht erst aus der Übung. Hier einige Beispiele dafür, was alles geht.
Klara hat Germanistik und Philosophie studiert und nach dem Studium bei einer Werbeagentur angefangen, die wenig später Pleite ging. Nun ist sie arbeitslos. Ihr Arbeitsberater macht ihr keine großen
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