Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
den Acker fahren kann, von großer Bedeutung. Wichtig ist dabei auch, wie gut das Fahrwerk mit feuchten und weichen Böden umgehen kann. Für Felder, bei denen die voll mit Korn beladene bis zu zwanzig Tonnen schwere Maschine zu stark einsinken würde, gibt es spezielle Raupenketten, die anstelle der Räder montiert werden. Der Getreideernter sieht dann aus wie eine Mischung zwischen Skipistenfahrzeug und Raumschiff. Die Raupenketten sind sehr breit und aus Gummirippen gefertigt, so daß der Boden möglichst wenig verdichtet und damit belastet wird. Trotzdem ermöglichen sie ein überraschend schnelles Vorwärtskommen, auch wenn der Mähdrescher über die Landstraße zum nächsten Acker gefahren wird.
Da man auf der Straße nicht mit einem zwölf Meter breiten Mähwerk umherfahren kann, sorgt eine geniale Klappmechanik dafür, daß das ausladende Ungetüm sich in erstaunlich kurzer Zeit zusammenfalten und in einen Anhänger verwandeln läßt, der zwar immer noch einen geübten Fahrer zum sicheren Bugsieren über die Straßen benötigt, aber immerhin überhaupt zügig auf normalen Straßen bewegbar ist.
Ein weiteres wichtiges Optimierungskriterium ist der Treibstoffverbrauch, der ebenfalls mit dem Gewicht zusammenhängt. Je weniger Diesel pro Tonne Getreide verbraucht wird, desto mehr Geld verdient der Bauer, und desto seltener muß eine Betankungspause eingelegt werden.
Die Größe des Korntanks und die Geschwindigkeit, mit der dieser entleert werden kann, bestimmt, wie die Fahrtouren der Lkws geplant werden können, mit denen das Getreide vom Feld geholt wird. Beim größten Mähdreschermodell reicht dieser interne Speicher unter Optimalbedingungen gerade einmal sieben Minuten. Drei bis vier Ladungen passen in einen Lkw, dann muß der nächste bereitstehen, wenn es keine Unterbrechung der Ernte geben soll. Um den nebenherfahrenden Laster möglichst gleichmäßig und damit effizient auszulasten, gibt es Systeme mit Kameras am Laderohr, die optische Markierungen erkennen – etwa kleine Kreuze auf weißem Grund auf der Oberkante des Kornlasters.
Ein moderner Mähdrescher ist schon so weit optimiert, daß 99,3 Prozent des Korns unter optimalen Bedingungen vom Feld geholt werden können. Trotzdem wird weiter daran gearbeitet, die verschiedenen Parameter der Mähdrescherleistung zu optimieren. Arbeitsplätze lassen sich hier kaum noch wegrationalisieren.
Ein Mähdrescherfahrer könnte zwar im Prinzip auch mehrere parallel fahrende Maschinen überwachen, da der Pfad, den sie über den Acker nehmen, ohnehin über das Satellitensystem GPS gesteuert und programmiert ist. Dabei kommen sogar Präzisionsverfahren zum Einsatz, bei denen ein spezieller GPS-Empfänger am Ackerrand steht und das ohnehin bereits auf einige Meter genaue GPS-Signal weiter korrigiert. Dieser GPS-Korrekturempfänger kennt seine eigene genaue Position, mißt das Signal von den Satelliten und errechnet die Abweichung zwischen seiner bekannten Position und dem GPS-Signal. Diese Abweichung funkt er als Korrekturinformation an die Mähdrescher auf dem Feld.
Dadurch können die parallel fahrenden Maschinen bis auf zwei Zentimeter genau ihre Position bestimmen und außerdem ihre Mähpfade auf möglichst wenig Zeitverlust optimieren. Stellt man sich ein langes Erntefeld vor, das die Mähdrescher Bahn auf Bahn abfahren, wird klar, daß man bei der Planung der Routen der Erntemaschinen vermeiden möchte, am Ende nur noch ein schmales Band Getreide abzunehmen. Das ist ganz ähnlich wie beim Rasenmähen zu Hause, nur daß es um potentiell hohe Summen geht, die der Bauer je nach Mähpfad verliert oder gewinnt.
Um möglichst präzise das Getreide vor dem Mähwerk zu haben, führt der Mähdrescher eine ganze Reihe von Sensoren mit. Die Assistenzsysteme im Mähdrescher sind heute schon weitaus umfangreicher als die in Autos üblichen. Eine Vielzahl dieser Sensoren und Automatiken erleichtern dem Mähdrescherfahrer die Arbeit. Mit Lasern und Kameras an den Außenkanten des Mähwerks wird der Rand ermittelt, um möglichst auf der vollen Breite das Korn zu erfassen. Software hält die Maschine automatisch auf der optimalen Route, berechnet nach Kriterien wie minimale Fahrstrecke und kürzestmögliche Mähzeit. Der Mähdrescher fährt von allein, der Fahrer konzentriert sich auf die Überwachung der Maschine.
Eines der Probleme, für die es bisher noch keine maschinelle Lösung gibt, sind Rehkitze. Beim Anrollen der Maschine springen die bedauernswerten Tiere nicht
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