Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
gefertigt werden, sind an der Peripherie der großen Halle verteilt. Ganz am Rand wird gestanzt und geschweißt, weiter zur Mitte hin werden Kabel und Sensoren von Menschen montiert, Feinarbeiten erledigt, Kugellager eingebaut und Qualitätskontrollen durchgeführt. Im Zentrum schließlich befinden sich die Montagebänder, auf denen der Mähdrescher aus seinen vielen tausend Teilen zusammengebaut wird. Wie Fischgräten laufen die einzelnen Arbeitsstationen auf das Montageband zu. Je näher am Band, desto vollständiger und komplexer ist das Modul, bis es schließlich zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle am Band landet, um verbaut zu werden.
Einzelne Großteile der Mähdrescher, wie etwa das fertigmontierte Führerhaus, werden aus anderen Werken oder Werksteilen herangeführt. Andere Komponenten, etwa der Motor, die Hydraulikpumpe oder die Räder, kommen von externen Zulieferern. Ein eigener Dienstleister kümmert sich zusätzlich ausschließlich darum, daß an jeder Montagestation immer genügend der dort notwendigen Muttern, Schrauben und sonstigen Kleinteile verfügbar sind.
Andere Teile, wie etwa vorkonfektionierte Zusammenstellungen von Hydraulikschläuchen in speziell konstruierten Haltevorrichtungen auf Paletten, werden von selbstfahrenden Logistikrobotern genau zu dem Zeitpunkt an das Band gefahren, an dem sie verbaut werden sollen. Diese Roboter sind Teil eines automatischen Transportsystems, das sich auf dem Boden entlang gekennzeichneter Linien bewegt. Hier ist schon absehbar, daß die Arbeit der Transporteure, die für den Materialfluß an das Band sorgen, alles andere als sicher ist. Nach und nach werden mobile Roboter sie ersetzen. Nur relativ geringe Umstellungen im Produktionsablauf und in der Gestaltung der Werkshalle sind dazu nötig.
Das Montageband bewegt sich langsam, aber unerbittlich vorwärts. Bis zu zwanzig Mähdrescher am Tag laufen von diesem Band, wenn es keine Probleme gibt. Die Montage selbst ist praktisch reine Handarbeit, wenn man von den elektromechanischen Hilfsmitteln wie Hebevorrichtungen und Schraubern absieht, die den Arbeitern körperlich anstrengende Tätigkeiten erleichtern. Die Gründe dafür, daß dieser Teil der Fertigung nicht in Roboterhänden liegt, sind zum einen mechanischer Natur: Etliche der zu verbauenden Teile müssen im Inneren von komplexen Blechstrukturen angebracht werden oder an anderen schwer zugänglichen Stellen. Der Mensch erweist sich als flexibler und vor allem anpassungsfähiger. Denn der zweite Grund ist die hohe Variabilität der Produkte: Die Vielzahl der möglichen Optionen und Varianten eines Mähdreschers ähnelt erstaunlicherweise der eines Luxusautos. Zudem gibt es in relativ rascher Folge Produktinnovationen, die den Einbau neuer oder anderer Teile erfordern. Roboter für solche oft wechselnden Aufgaben zu programmieren lohnt sich bei den vergleichsweise kleinen Stückzahlen der Mähdrescher-Montagebänder nicht.
Nicht nur in der Vielzahl der möglichen Ausstattungsoptionen ist ein Mähdrescher einem Luxusauto nicht unähnlich. Auch der Preis bewegt sich in den gleichen Regionen. Bis zu einer halben Million Euro kostet das Spitzenmodell in der Vollausstattung. Dabei geht es natürlich nicht um Hirschkalbledersitze mit Massagefunktion, Luxusstereoanlage oder eingebaute Minibar. Das Führerhaus einer modernen Landmaschine ist zwar vollklimatisiert – zur Erntezeit ist es auf dem Feld häufig sehr heiß – und verfügt über ein Radio, einen sehr bequemen, gut gefederten Sitz und auf Wunsch auch einen Getränkekühler. Die wirklich wichtigen Optionen für einen Mähdrescherkäufer sind jedoch andere Parameter, die über die Ernteleistung und damit die Wirtschaftlichkeit der nicht gerade kleinen Investition entscheiden.
Die wichtigste Kenngröße für den Käufer ist zweifelsohne die Mähleistung, also wieviel Getreide der Mähdrescher in welcher Zeit und unter welchen Bedingungen vom Acker holen kann. Dabei spielt zum einen die Schnittbreite eine Rolle, also wie breit die Ausmaße des Mähwerks sind. Auf bis zu zwölf Metern Breite kann der Mähdrescher heute seine Bahnen ziehen. Die Menge an Getreide, die dabei parallel ins Innere der meterhohen Maschine gesogen wird, ist kaum mehr vorstellbar. Doch je schneller ein Feld abgeerntet ist, desto früher kann das nächste Feld in Angriff genommen und mit bestmöglicher Kornqualität geerntet werden.
Daher sind auch das Gewicht und die Geschwindigkeit, mit welcher der Mähdrescher durch
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