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Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Titel: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz , Frank Rieger
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Hand. In langen Reihen saßen Hunderte Arbeiterinnen an Tischen mit Waagen und vollzogen tagein, tagaus die gleichen Handgriffe: mit der großen Schaufel die Tüte füllen, dann mit der kleinen so viel zugeben oder abnehmen, bis das Zielgewicht erreicht war, zukleben. Die Mehrheit der Angestellten der Mühle war bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts in solchen Abfüllsälen beschäftigt.
    Heute sind Menschen an der Mehlverpackung nur noch am Rande beteiligt. In einer seltsamen Mischung aus sehr einfachen und eher komplexen Tätigkeiten überwachen sie die korrekte Funktion von Verpackungsmaschinen, beheben Störungen und füllen Material wie Säcke, Tüten, Kleber und Siegelband nach.
    In den von einer kleinen Handvoll Arbeiter betreuten Verpackungsautomaten wird vollautomatisch die korrekte Menge Mehl abgewogen und in Papiersäcke oder Tüten abgefüllt, versiegelt und verklebt. Ein hochempfindlicher Metalldetektor prüft jeden einzelnen Mehlsack, jede Mehltüte auf eventuell auf dem langen Weg durch die Mühle hineingefallene Metallteile: Schrauben, Unterlegscheiben oder Kleinteile. Wird ein solches Teil detektiert, muß die Produktion sofort angehalten werden. Denn wo eins gefunden wird, ist meist noch ein zweites lose geworden – zu jeder Schraube gehört schließlich eine Unterlegscheibe oder Mutter. Auch Metallsplitter kommen selten allein. Denn gibt es im Rohrsystem oder bei der Verpackungsmaschinerie bisher unbemerkte Beschädigungen oder Metallabrieb, weisen Metallsplitter darauf hin.
    Eine Prüfwaage kontrolliert anschließend automatisch, ob jeder Sack mindestens die gewünschte Menge Mehl enthält. Ist das Gewicht zu gering, wird er von der Maschine aussortiert, ist es ein wenig zu viel, wird trotzdem ausgeliefert, da den Kunden ein wenig mehr Liefermenge nicht stört und sich für die Mühle ein Aussortieren finanziell nicht lohnt.
    Nach dem Verpacken wandern die Packungen und Säcke per Förderband zu Robotern, die sie Lage für Lage auf standardisierte Europaletten schichten. Wenn eine Palette vollgestapelt ist, wird sie automatisch zur nächsten Station gefahren: eine Maschine, die sogenannte Stretchfolie darumwickelt. Die Folie dient zum einen dazu, das verpackte Mehl vor Umwelteinflüssen wie Regen und Fremdgerüchen zu schützen. Zum anderen stabilisiert die Folie den Mehlverpackungsstapel, damit die Säcke beim Lagern und Laden nicht zur Seite wegrutschen.
    Außen auf die Folie werden von der Maschine aussagekräftige Aufkleber mit Informationen über die jeweilige Lieferung, zu der sie gehört, den Inhalt der Palette und Versandinformationen geklebt. Die Aufkleber werden automatisch vom Auftragsmanagementsystem der Mühle ausgedruckt, direkt an der Maschine. Sie sind sowohl von Menschen als auch von Maschinen lesbar. Enthalten sind dabei auch Informationen, die es erlauben, jede Palette Mehl bis zu den Getreidepartien zurückzuverfolgen, aus denen sie gemahlen wurden.
    Diese Rückverfolgbarkeit ist typisch für die Lebensmittelverarbeitung: Das gesamte System der Mühle ist darauf ausgelegt, daß zu jedem Zeitpunkt eine präzise Rückverfolgung aller Produkte bis zu ihrem Ursprung möglich ist. Dies dient im Falle von Qualitätsmängeln oder anderen Problemen dazu, in Minutenschnelle herausfinden zu können, wo das Getreide herkam, um es für die weitere Verarbeitung sperren und gegebenenfalls schon ausgelieferte Mehlpartien zurückrufen zu können.
    Die fertig verpackten und gekennzeichneten Paletten wandern wiederum, ohne daß ein Mensch Hand anlegen muß, über Aufzüge und Förderbänder in ein vollautomatisches Hochregallager. Dort lagern sie, bis sie auf den Lkw zur Auslieferung verladen werden. Das Hochregallager ist sehr ähnlich denen, die für die weitere Lieferkette verwendet werden (siehe das Kapitel »9. Transportlogistiker und automatische Lageristen«).
    Mehl, das nicht für kleinere Bäcker oder für das Backen zu Hause an Supermärkte vorgesehen ist, wird per Tank-Lkw von der Mühle zur Großbäckerei transportiert. Der abholende Fahrer erhält an der Einfahrt eine Chipkarte, auf der die Informationen zu der Mehlpartie gespeichert sind, die er transportieren wird. Mit dieser Chipkarte fährt er zum Auslieferungssilo der Mühle, parkt den Lkw auf einer der großen Waagen, wie wir sie schon von der Anlieferung kennen, und steckt die Chipkarte ein. Anhand des Datensatzes auf der Chipkarte identifiziert die Software des Mühlensteuersystems, in welchem der Dutzenden

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