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Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Titel: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz , Frank Rieger
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wenige Jahre später, Mitte der achtziger Jahre, halbierte sich die Belegschaft nochmals. Computerisierte Steuerungssysteme und automatische Verpackungsmaschinen hatten Einzug gehalten, die nächste Welle der Automatisierung rollte unaufhaltsam.
    Heute arbeiten je nach Spezialisierung der Mühle zwischen siebzig und hundertzwanzig Menschen dort. Die meisten haben jedoch nichts mehr mit dem eigentlichen Mahlprozeß oder der Produktion im engeren Sinne zu tun. Der drastische Personalabbau nach der Computerisierung ist durchaus typisch: Wegautomatisiert wurden Tätigkeiten, bei denen Menschen Maschinen überwachen und direkt steuern. Diese Aufgaben ließen sich problemlos mit Rechnern, Sensoren und Software erledigen, bis nur noch ein einziger Müller den Mahlprozeß für die gigantischen Getreidelawinen kontrolliert, die jeden Tag durch die Mühle rauschen. Gebraucht wird der Mensch heute aber in ganz anderen Bereichen der Mühle, die früher nur wenig Bedeutung hatten.
    Je etwa zwanzig Müller und Qualitätskontrolleure sorgen mit mehr als einem Dutzend Bäcker für stets gleichbleibende Qualität der Mehle – und für Produktinnovationen. Die Mühlen, die relativ viele Menschen beschäftigen, haben sich zum Beispiel auf Fertigbackmischungen spezialisiert. Die müssen entwickelt, getestet und den sich schnell verändernden Geschmäckern und Moden angepaßt werden. Nicht nur für zu Hause werden Backmischungen angeboten, auch viele kleine Bäcker greifen auf Zusammenstellungen der Mühlen zurück, die ihnen Arbeit ersparen und ihr Angebot verbreitern. Völlig neue Ideen, wie etwa Mehl, das weniger staubt und deshalb das Risiko der Berufskrankheiten bei Bäckern senkt, werden dabei neu entwickelt und vermarktet.
    In der Mühle, wo das Korn für unser Brot gemahlen wird, zeichnet sich eine Tendenz deutlich ab, die wir schon bei unseren vorhergehenden Entdeckungsreisen beobachtet haben: Die Automatisierung verändert die Arbeitswelt durchaus zum Positiven. Es entstehen bessere, qualifiziertere Tätigkeiten mit weniger Gesundheitsrisiken und besserer Bezahlung. Nur die Gesamtzahl der Arbeitsplätze ist am Ende weitaus geringer.
    Wo aber werden diese Maschinen und Anlagen erfunden und gebaut? Wird auch dort nichts mehr von Hand gemacht – oder sind die modernen Mühlenärzte noch Handwerker?

Frank Rieger
    5. Die modernen Mühlenärzte
    In der hochspezialisierten und traditionellen Welt der Getreideverarbeitung sind einige wenige Hersteller seit langer Zeit die präferierten Lieferanten für Mühlenbetreiber und Getreidehändler. In den Schweizer Bergen, im Städtchen Uzwil, hat einer der Großen der Branche seine Heimat: Die Firma Bühler ist seit mehr als hundertfünfzig Jahren im Geschäft. Einige entscheidende Innovationen, etwa der moderne Weizenmarktstuhl mit seinen Stahlwalzen, wurden hier erfunden.
    Bei Bühler kann man fast alles kaufen, was zur maschinellen Verarbeitung von Getreide nach der Ernte notwendig ist. Entladeanlagen, die große Ozeanschiffe so gleichmäßig leersaugen, daß keine Schlagseite entsteht, werden hier ebenso gebaut wie Getreidetrockner, Siebanlagen, Reinigungssysteme, Mahlstühle und Extruderpressen, mit denen man aus Getreidekörnern Frühstücksflocken erzeugt. Der weitverzweigte Hallenkomplex, überragt von drei Hochhäusern, in denen sich Verwaltung, Verkauf und Konstruktionsbüros befinden, dominiert das kleine Schweizer Städtchen.
    Fragt man die Bühler-Mitarbeiter nach den beherrschenden Themen ihrer Arbeit, kommen vor allem zwei wiederkehrende Antworten. Die erste ist die Steigerung der Nahrungsmittelproduktion, um die gewachsene Weltbevölkerung zu ernähren. Ähnlich wie die Firma Claas versucht, mit ihren Mähdreschern auch noch das letzte Prozent Körner vom Acker zu holen, versucht Bühler, immer effizienter mit dem geernteten Korn umzugehen. Auf den ersten Blick scheint es, als wenn Optimierung und Effizienzsteigerung hier längst ausgereizt wären. Doch lassen sich durch die Kombination von umfangreichen Forschungsanstrengungen, moderner Sensorik und Schweizer Qualitätsarbeit noch immer Fortschritte erzielen. Aktuell geht es zum Beispiel darum, das Getreidekorn durch die Kombination von präziserer Einstellung der Mahlstuhlwalzen, genaueres Sieben und verfeinerten Analysemethoden noch gezielter in seine Bestandteile zu zerlegen. Dadurch soll es beispielsweise möglich werden, die Qualitätsparameter des Mehls durch geschicktes Mischen der einzelnen Bestandteile

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