Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
unwissentlich nicht dort ab, wo das Lagerkontrollsystem es von ihnen erwartet, und brettern auch schon mal mit Höchstgeschwindigkeit hupend mit dem Gabelstapler die Lagergänge entlang, wenn gerade Hektik und Streß angesagt ist. Sie sind unvorhersehbar und unberechenbar.
Typischerweise werden daher solche automatisierten Lager mit definierten Übergabepunkten organisiert, wo die Paletten zwischen automatischem und menschenbetriebenem Teil übergeben werden können. Es ist natürlich für Menschen weiterhin möglich, das automatische Lager zu betreten, da die Robo-Stapler über Lasersensoren verfügen, um Hindernisse zu erkennen und entsprechend rechtzeitig abzubremsen. Deswegen fahren die Roboter auch anders als Menschen nicht mit den Zinken der Staplergabel und der Palette darauf nach vorn, sondern »rückwärts«, also mit der Gabel und der Palette nach hinten. Die Sensoren befinden sich nämlich im Korpus des Staplers, direkt neben Motor, Batterien und Kontrollcomputer.
Ihren Weg finden die Staplerroboter über eine Kombination von farbigen Linien auf dem Boden, Signalspulen im Boden, die Positionsinformationen aussenden, Barcodes und Funketiketten an Regalen und Paletten oder seit kurzem auch über funkbasierte Positionierungssysteme, die ähnlich wie eine Satellitenortung funktionieren, nur eben innerhalb von Hallen und Gebäuden. Außerdem verfügen die Roboter meist zusätzlich über Laserscanner, Beschleunigungssensoren und einen digitalen Kompaß.
Über ein WLAN-Netzwerk werden sie mit den Aufträgen aus der Lagersteuersoftware versorgt und melden ihre Position und etwaige Störungen, etwa Motorschäden oder Paletten, die nicht am vorgesehenen Ort stehen. Der Personalbedarf in einem mit solchen Staplerrobotern betriebenen Lager reduziert sich typischerweise um etwa siebzig Prozent. Die verbliebenen Arbeiter haben primär mit den administrativen Aufgaben des Lagermanagements, der Platz- und Bedarfsplanung sowie mit der Wartung der Roboter zu tun. Lediglich für komplizierte Fälle, etwa das Be- und Entladen von Lkws, geöffnete, beschädigte oder umgestürzte Paletten und sonstige Unvorhersehbarkeiten und Unstrukturiertheiten werden noch einige wenige Staplerfahrer und Lagerarbeiter beschäftigt.
Meist bekommen wir als Kunde unsere Waren jedoch nicht auf Paletten wie beispielsweise der Supermarkt, sondern in kleinen Paketen an die Haustür geliefert. Dieser letzte Schritt zum für Kunden zusammengestellten Paket löst sich auch bereits von menschlicher Arbeit. Bisher wurde er noch von den Packarbeitern erledigt, die durch die Regalgänge mit den von den Paletten ausgepackten Waren eilen. Doch seit kurzem sind auch hier immer weniger Menschen beschäftigt. Das Paketepacken ist einer der kostspieligsten Schritte in der Lieferkette zum Kunden, ungleich viel teurer, als wenn derselbe Kunde beim Discounter vorbeischaut und sich seinen Liter Milch aus der Palette oder sein Brot aus dem Regal nimmt und nach Hause trägt. Trotzdem haben Onlinehändler den Anspruch, billiger zu sein als ihre Konkurrenz mit Ladengeschäften und Fachverkäufern.
Den teuren Schritt in der Lieferkette, das Paketepacken für den einzelnen Kunden, billiger zu machen ist eine auf den ersten Blick schwierige Aufgabe für eine Maschine. Wie soll ein Roboter die Tausende verschiedenen Waren aus den Regalreihen finden, greifen, sammeln und in sinnvoller Reihenfolge in Pakete reihen? Die Probleme sind immens: Sicheres, schnelles Greifen von äußerst verschiedenartigen Objekten, die zudem nicht alle hart und steif und damit gut greifbar sind, ist ein bisher ungelöstes Problem der Robotik.
Ein genialer Gedanke machte es jedoch möglich, einen unerwarteten Durchbruch zu erzielen: Was, wenn der Mensch nicht zum Regal laufen muß, sondern das Regal zum Menschen kommt? Pionier dieser Idee ist die amerikanische Firma Kiva, die kürzlich von Amazon aufgekauft wurde. Kivas Grundprinzip besteht aus drei Elementen: allumfassende Lagermanagement-Software, bewegliche Regale, deren unterste Etage etwa in Kniehöhe über dem Boden ist, und Roboter, die aussehen wie große grellorangefarbene Eishockeypucks für Elefanten. Ihre Funktion: Sie fahren unter den Regalen hindurch, bis sie unter der gewünschten Einheit angekommen sind. Dort schraubt der Roboter eine dicke Säule aus der Mitte seines puckförmigen Körpers nach oben, bis das Regal angehoben ist und auf der Säule ruht. Nun kann der Roboter das Regal zuerst vorsichtig – damit es nicht
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