Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
umkippt – und dann durchaus flott durch das Lager fahren. Sein Ziel: der sogenannte Pickplatz.
Dort steht einer der wenigen verbliebenen Lagerarbeiter vor einer Reihe von Paketen, die gerade zu packen sind. Neben ihm reiht sich eine vom Computer vorberechnete und dorthin dirigierte kleine Schlange von Regalen auf, in deren Fächern sich Waren befinden, die in diese Pakete sollen. Ein Laser über seinem Kopf markiert ihm an dem herangerollten Regal mit einem rot scheinenden Leuchtpunkt, in welchem Fach sich das gesuchte Produkt befindet. Der weitere Arbeitsablauf ist so einfach wie monoton: die Ware dem vom Roboter herangefahrenen Regal entnehmen, dann den Barcode scannen – es erinnert an die Supermarktkasse. Danach legt er das Produkt, das durch das blinkende Licht markiert wurde, ins Paket.
Die Pakete werden dann nur noch auf ein Fließband geschoben. In anderen Lagern liegen auch bereits die Versandpakete auf von Robotern bewegten Regalen. Das Regal mit den fertiggepackten Paketen wird dann in die Versandzone gefahren, wo Verpackungsmaterial und Lieferort hinzugefügt werden.
Kiva schätzt, daß seine robotergefahrenen Regale bis zum Vierfachen der Produktivität pro Packarbeiter erzielen. Das Optimierungsziel: Die verbliebenen Arbeiter sollen zu neunundneunzig Prozent ausgelastet werden, schließlich kosten sie jede Stunde Geld. Das bedeutet in der Praxis: Wann immer der Mensch an der Packstation vom Bildschirm hochblickt, auf dem er gerade die Fertigstellung eines Pakets bestätigt hat, steht schon eine kleine Schlange Roboterregale mit den Waren für die nächsten Pakete neben seinem Tisch an. Verschnauft werden kann nur in den regulären Arbeitspausen.
Die Optimierungsalgorithmen für die Roboterlager sind kleine mathematische Kunstwerke. Eine Fülle von Faktoren und Zielen gilt es zu berücksichtigen. Die Menschen an den Packplätzen sollen weitgehend ausgelastet werden. Die Roboter sollen möglichst kurze Wege fahren, um den Verschleiß der Maschinen gering zu halten und die Zeit zu minimieren, bis eine Bestellung das Lager verlassen kann. Dabei gilt es auch, die Prioritäten von Bestellungen zu beachten.
Die Algorithmen sind so konstruiert, daß Regale mit häufig georderten Waren nahe an den Packplätzen abgelegt werden. Je seltener ein Produkt das Lager verläßt, desto weiter hinten landen die Regale damit. Dinge, die oft zusammen geordert werden, landen im selben Regal, damit der Roboter möglichst oft nur einmal fahren muß. Diese Prinzipien wurden natürlich schon früher in Lagern beachtet, der Unterschied liegt in der permanenten Optimierung: Das Ablagesystem ändert sich permanent je nach den sich ändernden Inhalten der das Lager verlassenden Pakete. Es gibt keine festgelegte Ordnung oder Ablagesystematiken mehr. Einzig die Lagerdatenbank weiß noch, welche Produkte gerade in welchen Regalen zu finden sind – und wo sich diese Regale aktuell im Lager aufhalten.
Das Nachfüllen der Regale geschieht in der Regel an einer Stirnseite der Halle, an der Schnittstelle zu den Palettenlagern. Hier stehen lange Reihen der mobilen Regale und warten darauf, wieder befüllt zu werden. Arbeiter reißen die Verpackungen der Paletten und Großpakete auf, sortieren die kleinen Packungen in die Regalfächer und vermerken in ihren Handcomputern mit Hilfe von Barcode-Scans, wieviel Stück sie in welches Regal gelegt haben. Auf diese Weise kann das Lagerdatenbanksystem einen stets aktuellen Überblick behalten, von welcher Ware sich wie viele Stücke in welchem Teil des Lagers befinden. Ist ein Regal befüllt, rollt auch schon einer der »Hockeypuckroboter« heran und fährt es in den ihm gerade zugewiesenen Teil des Lagers.
Je nach Struktur des Lagers werden verschiedene Lagerstrategien verwendet. Ausgangspunkt dafür sind Fragen wie: Wo befinden sich wie viele Packplätze, wie groß ist das verschickte Volumen, wo ist die Schnittstelle zu den großvolumigeren Palettenlagern und wie groß der Anteil an saisonal verschiedener Ware? Die berechnete Optimierung wird dabei immer ausgefeilter. Bereits eingegangene, aber noch nicht für die Ausführung vorbereitete Bestellungen werden genutzt, um die Plazierung von Regalen zu beeinflussen, so daß für diese in naher Zukunft auszuführenden Orders die Fahrwege kurz sind.
Die Position eines Regals wird dabei oft nicht ganz genau vom System vorherbestimmt, die Roboter und ihre Steuersysteme agieren eher wie ein Insektenschwarm. Für ein bestimmtes Regal schreibt
Weitere Kostenlose Bücher