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Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Titel: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz , Frank Rieger
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fünftausend Hühner in dem Stall.
    Es ist ein eigentümliches Gefühl, in die riesige Halle zu blicken, die mit Tausenden jungen Hühnern bevölkert ist, welche gedämpft piepsen. Im Stall ist es angenehm warm, ein durchdringender Geruch, der sich noch stundenlang in der Nase festsetzt, liegt über allem. Ein komplexes Beleuchtungssystem wird entsprechend einem optimierten Tageslichtprofil gesteuert. Es ist mit einer speziellen flimmerfreien Ansteuerung ausgestattet, da Hühner das Flimmern normaler Leuchtstoffröhren nur schlecht vertragen.
    Die Lebenserwartung der Bodenhaltungshühner ist klar definiert: Nach etwa dreißig Tagen sind sie schwer genug, so daß ein Drittel als normgerechte Brathähnchen in den Schlachthof wandert. Das verbleibende Geflügel bleibt noch etwa zwei Wochen im Stall, dann wird es zu Hähnchenbrustfilets, Keulen und Suppeneinlage verarbeitet. Ein wichtiger Grund für die kurze Mastzeit ist, daß Hühner nach etwa fünfundvierzig Tagen geschlechtsreif werden und das dann einsetzende Balz- und Revierverhalten zu heftigen Problemen im Stall führen würde.
    Das Wasser für die Hühner im Stall wird ohne Zutun von Menschen von Pumpen aus zwei Brunnen auf dem Hof gefördert. Zusätzlich gibt es eine normale Wasserleitung. An diesem Detail wird die Fragilität des computerisierten Gesamtsystems deutlich, wenn es für Lebewesen eingesetzt wird. Fiele die Wasserversorgung aus, blieben nur wenige Stunden, bevor die 45.000 Hühner verdursten würden. Gleiches gilt für die Heizung der Ställe beziehungsweise ihre Kühlung im Sommer. Auch hier bleiben nur wenige Stunden, bis Probleme behoben oder umgangen werden müssen.
    Diese Fragilität und Empfindlichkeit erklärt auch die intensive Aufmerksamkeit und Sorge, die alle Arbeiten in Zusammenhang mit den Ställen prägen. Regelmäßig nach den Hühnern zu sehen und schnell auf die Meßdaten und Störungsmeldungen des Steuercomputers zu reagieren, die aufs Mobiltelefon geschickt werden, ist daher eine Hauptaufgabe des Landarbeiters. Wenn eines der Kernsysteme, also etwa die Biogasanlage, oder einer der Tierställe eine Störungsmeldung funkt, muß auch nachts oder am Wochenende sofort reagiert werden.
    Die Technik, die auf dem Feld eingesetzt wird, ist ebenfalls weitgehend automatisiert. Der Traktor verfügt über eine satellitengestützte Positionsbestimmung. Von jedem Acker gibt es eine sogenannte Schlagkartei, aus der sich die Besonderheiten dieses Stücks Land ersehen lassen. Entsprechende Bodeneigenschaften, wie sie bei der Ernte durch das GPS des Mähdreschers oder anderer Erntemaschinen erfaßt worden sind, werden genutzt, um die Menge an Saatgut, Dünger und Pestiziden entsprechend den Anforderungen zu bestimmen.
    Man kann sich das so vorstellen, als wäre das Feld in Pixel von wenigen Quadratmetern Größe unterteilt. Für jedes dieser Pixel werden bei jedem Düngen, Säen, Spritzen und Ernten die Daten erfaßt. So entsteht ein sich kontinuierlich verbesserndes digitales Abbild des Feldes. Aus den historischen Daten und Sensoren, die an den Landmaschinen installiert sind, kann so errechnet werden, wieviel Düngemittel, Pestizide und Saatgut an der jeweiligen Stelle ausgebracht werden müssen, um ein möglichst optimales Ergebnis zu erzielen. Ein Nebeneffekt ist, daß der Traktor auf dem Feld quasi automatisch fährt. Die Aufgabe des Traktoristen ist es primär, das korrekte Funktionieren der komplexen Technik zu überwachen und einzugreifen, falls die Automatik versagt, oder auf unvorhergesehene Ereignisse wie Personen oder Tiere auf dem Feld zu reagieren.
    Der Technikpark auf einem mittelgroßen Bauernhof ist beeindruckend. An die modernen Traktoren können nicht nur Pflüge angekoppelt werden, die den Acker auf breiter Bahn umbrechen, sondern auch kombinierte Systeme zum Aussäen, Ausbringen des Düngers, Eggen und Spritzen von Pflanzenschutzmitteln. Früher getrennte Arbeitsgänge, die ein mehrfaches Befahren des Feldes erforderten, können nun in einem Rutsch erledigt werden. Die notwendige Handarbeit wird auf ein Minimum reduziert.
    Die Effizienzsteigerung durch die jeweils neueste Technologiegeneration macht es notwendig, daß der Bauer möglichst nah am neuesten Stand der angebotenen Maschinen ist. Die nachbarschaftliche Arbeitsteilung auf dem Land besteht daher heute häufig darin, daß Maschinen an den Nachbarn verborgt oder gleich ganze Arbeitsgänge auf dessen Feld in Lohnarbeit erledigt werden. Auf diese Art und Weise amortisieren

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