Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
sich Investitionen in Landmaschinen schneller, und nicht jeder Bauer muß alle Maschinen selbst vorhalten.
Die Wandlung des Berufsbildes »Landwirt« in den letzten fünfzig Jahren ist eklatant. Der schon früher fragwürdige Spruch, daß der dümmste Bauer die dicksten Kartoffeln ernten würde, gilt heute nachweislich nicht mehr. Genaue Kenntnis der Technik, stetig der neueste Stand über moderne Anbauverfahren und aktuelle Maschinen und die Beherrschung präziser Ackerbauplanungssoftware gehören heute ebenso zum Beruf wie die Kenntnis subtiler Unterschiede in den Anbaueigenschaften verschiedener Saatgutsorten. Die clevere Erhöhung des Automatisierungsgrades, das präzise Zeitmanagement und eine Kalkulation mit dem spitzen Stift, um die richtigen Investitionsentscheidungen zu fällen, sind ebenso entscheidend für den Erfolg wie der berühmte grüne Daumen. Der heute übliche Detailgrad der Wettervorhersagen, nach denen sich die Planung für Aussaat und Ernte richtet, hilft dabei selbstverständlich ebenso wie die Hinweise über Schädlingsbefall in der Nachbarschaft oder sortenspezifische Krankheiten, die übers Internet recherchiert werden.
Die Präzision der Wettervorhersage hat entgegen ihrem eher mittelmäßigen Ruf in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Grund dafür ist zum einen die gestiegene Rechenleistung der Vorhersagecomputer und Software, die mehr Parameter in Echtzeit verarbeiten kann. Zum anderen ist aber der durch das Internet möglich gewordene Zugriff auf eine Vielzahl von lokalen Wetterstationen dafür verantwortlich, daß auch lokale Wetteranomalien immer besser erkannt und vorhersehbar geworden sind. Je dichter das Meßnetz ist, desto mehr Daten stehen zur Verfügung, und desto präziser werden die Vorhersagen für einen bestimmten regionalen Ort. Diese Präzisionswettervorhersage ist zwar kostenpflichtig, rentiert sich aber für den Bauern unmittelbar. Gerade zur Erntezeit ist es von entscheidender Bedeutung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wind und Regen vorab genau einschätzen zu können.
Immer mehr Getreide, aber auch Milch und Fleisch werden nicht mehr auf solch vergleichsweise kleinen Höfen erzeugt, sondern in Agrarfabriken, die zehn- oder zwanzigmal größer sind als der durchschnittliche Familienhof. Der Einfluß von Technologie auf den Arbeitsalltag und die Arbeitsorganisation ist dort noch mal größer, die Risiken sind es allerdings auch.
Frank Rieger
2. In der Agrarfabrik
In einem industriellen Landbetrieb, der zehn- oder zwanzigmal mehr Fläche bewirtschaftet als der mittelgroße Bauernhof, spielen die moderne Landtechnik und die wissenschaftlichen Grundlagen der Agrarökonomie in der täglichen Arbeit eine noch entscheidendere Rolle. Mit den größeren Flächen steigen die Geldsummen, sowohl was den Gewinn als auch was den möglichen Verlust bei Fehlern oder Problemen angeht.
Neben Getreide wird auf den Flächen der Agrarfabrik auch Futter für Nutztiere erzeugt. Der Anbau der verschiedenen Futterpflanzensorten richtet sich nach jeweils eigenen Regeln, Zeitpunkten und wiederum dem Bedarf der Ställe in der Agrarfabrik.
Doch Brot allein macht noch nicht froh: Butter, Käse und Quark gehören zu einem guten Frühstück dazu. Die Milch dafür kommt von Kühen, deren Haltung wie so vieles in der Landwirtschaft nicht mehr viel mit dem Klischee vom romantischen Bauernhof zu tun hat. Wie alles im Agrarbereich ist auch die Viehhaltung sehr viel größer und vor allem sehr viel technisierter, als man gemeinhin vermuten würde. Das ist in einer Agrarfabrik gut zu beobachten, die neben Schafen, Ziegen und Schweinen und der Bewirtschaftung der über eintausend Hektar Land auch achthundert Kühe hält – für die Fleisch- und Milcherzeugung.
Nicht wenigen Menschen schwebt ein Bild der konventionellen Landwirtschaft vor, das sie vor einem Besuch zurückschrecken läßt. Andererseits sind beispielsweise die Tage der offenen Tür in großen landwirtschaftlichen Betrieben ein Publikumsmagnet. Wie stellt sich also die industrielle Viehzucht heute dar? Und wie wirkt sich die technologische Optimierung aus, wenn es nicht um Weizen oder Menschen, sondern um Nutztiere geht? Welche Routinearbeiten sind oder werden in naher Zukunft durch Maschinen ausgeführt? Und welche komplizierten Aufgaben können Roboter übernehmen?
Ungefähr einhundert Kühe bevölkern einen mittelgroßen Kuhstall, wie er in vielen landwirtschaftlichen Betrieben steht. Häufig sind Ställe heute nach Süden
Weitere Kostenlose Bücher