Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
höchst umstritten und hat neben ethischen Fragen viele Aus- und Nebenwirkungen, man denke nur an die Börsenzocker.
Automatisierung des Geistes, die Maschinisierung von Kopfarbeit, ist auch immer die Frage nach dem Wesen des Menschen und was uns letzten Endes von den von uns geschaffenen Maschinen unterscheidet. Bisher haben wir noch keine echte künstliche Intelligenz nach dem Muster unserer selbst geschaffen. Wir sind aber sehr gut darin geworden, winzige Teilbereiche unseres Denkens, Erinnerns und Einschätzens in Software und Algorithmen zu gießen.
Die Maschinen sind uns in diesen schmalen Feldern schnell überlegen, weil sie auf ungleich größeren Datenmengen operieren können, weitaus schneller rechnen und auch nicht müde oder hungrig werden. Im Gegenzug sind sie aber auch störanfällig, durch elektronische Attacken angreifbar und lahmlegbar. Und sie sind und werden in Zukunft noch deutlicher enorme Machtverstärker, die gesellschaftliche und ökonomische Verhältnisse zementieren und verschärfen können.
AKG Images, Berlin
Epilog
Die Reise zu den Maschinen und zu den verschiedenen Orten, an denen unser Brot entsteht, zu den Labors und Fabriken, in denen an der Zukunft unserer Arbeitswelt geforscht und gebaut wird, erlaubt nicht in jedem Fall, präzise Vorhersagen über die künftige Entwicklung zu machen. Und es ist bekanntlich immer riskant, die Zukunft vorhersagen zu wollen. Was jedoch klar zu erkennen ist, betrifft die arbeitenden Menschen: Sie verschwinden aus mehr und mehr Bereichen der Produktion, sei es physisch oder geistig.
Es wäre sicher ein großer Fehler anzunehmen, daß dies ohne Folgen für unsere Gesellschaft und unser Leben bleiben kann. Die Ersetzung von körperlicher Arbeit durch Roboter und Maschinen, der Rückzug des Menschen auf die Rolle des Konstrukteurs und Befehlsgebers, die Ablösung vieler geistiger Tätigkeiten durch Algorithmen wird zwangsläufig profunde Auswirkungen auf die Struktur unserer Sozialsysteme und das Machtgefüge von Wirtschaft und Gesellschaft haben. Vergleicht man die etwas altertümlich anmutenden Schlagworte, unter denen diese Veränderungen im öffentlichen Diskurs derzeit noch eher zögerlich verhandelt werden, mit dem, was gerade in Industrie und Forschung geschieht, wird schnell klar, wie sehr die heranrollenden und kommenden Technologiewellen uns dazu zwingen werden, ganz grundsätzlich über gesellschaftliche Ideale und Leitbilder, über Gerechtigkeit und Wohlstandsverteilung nachzudenken und grundlegende Veränderungen ins Auge zu fassen.
Die Folgen immer weiter fortschreitender Automatisierung, der Durchdringung aller Lebens- und Arbeitsbereiche durch algorithmische Optimierungsmethoden sind uneinheitlich – je nach Stand der Technologie und den Strukturen und Arbeitsweisen der verschiedenen Branchen. Betrachtet man jedoch das Gesamtbild, ergeben sich einige klare, immer wiederkehrende Muster. Je weniger spezielle Talente und Fähigkeiten ein Arbeitsplatz erfordert, je besser sich Resultate messen, analysieren und quantifizieren lassen, desto direkter und unmittelbarer ist der Wettlauf mit den Maschinen.
Die meisten wenig oder keine Qualifikation erfordernden Tätigkeiten, die noch nicht wegautomatisiert wurden, werden nur noch deswegen von Menschen ausgeführt, weil die Technologie, zum Beispiel für Montagetätigkeiten, für spezielle Fingerfertigkeit und besondere Übung noch nicht ausgereift oder schlicht im Vergleich zu den geringen Kosten menschlicher Niedriglohnarbeiter bisher zu teuer ist.
Die aktuelle politische Diskussion um einen flächendeckenden Mindestlohn hat hier zwei Seiten, wenn man vom Standpunkt der Technisierung und Roboterisierung darauf blickt: Die offensichtliche ist, daß ein Mindestlohn, der ein menschenwürdiges Auskommen ermöglicht, unausweichlich ist. Die große Zahl von Menschen, die zusätzlich zu ihrem Lohn Beihilfen beantragen müssen, ist ein glasklares Indiz dafür, daß der Mensch in der Konkurrenz mit den Maschinen in vielen Bereichen nicht mehr mithalten kann. Dabei geht es nicht unbedingt im einzelnen darum, ob eine konkrete Tätigkeit automatisiert werden könnte. Aus dem Blickwinkel der technischen Veränderung geht es auch nicht um die Frage, welcher Mensch die Tätigkeit anderswo auf der Welt für noch weniger Geld leisten kann.
Das Problem ist vielmehr, daß genügend andere Arbeitsplätze auf einem vergleichbaren Niveau von Talent und Bildung des Arbeitenden schon wegautomatisiert wurden, so
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