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Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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den Kopf gesetzt, uns zu Dienstleistern in der Tourismusbranche zu machen. Und nun? Sind wir in dem neuen Beruf etwa unser eigener Herr? Natürlich nicht, denn Reiseveranstalter und Fremdenführer mischen ständig mit. Sie bestimmen unseren Verdienst aus der einzigen Erwerbsquelle, die uns geblieben ist. Früher haben wir Touren zu den Inseln, zu nubischen Dörfern und Hochzeiten organisiert, so wie ich es heute mit Ihnen mache. Wir haben den Gästenbuchstäblich unsere Seele auf dem Tablett der Liebe serviert. Auf den Booten haben wir Perlen zum Verkauf angeboten und uns mit dem zufriedengegeben, was wir von den Touristen dafür bekommen haben. Die Nubier besitzen Anstand, haben gute Manieren und sind grosszügig. Es gibt da einen berühmten Satz, der die Gastfreundschaft der Nubier auf den Punkt bringt: ›Solltest du nach Nubien gelangen, wirst du mit offnen Armen empfangen.‹ Wir hinterlassen bei unseren Besuchern nur die angenehmsten Erinnerungen. Die Reiseveranstalter aber machen sich unsere Gastfreundschaft zunutze und pressen uns aus wie eine Zitrone, bis zum letzten Tropfen. Diese unersättlichen Dinosaurier, vor denen man erst sicher ist, wenn sie ausgestorben sind, rauben uns jede Lebensgrundlage. Sie bezahlen dem Bootsführer heute pro Touristengruppe fünfzig bis hundert Pfund für eine zweistündige Nilfahrt. Dabei bekommen sie von jedem einzelnen Fahrgast mindestens so viel für die Tour. Die meisten verbieten uns, an Bord Perlen zu verkaufen, obwohl sie wissen, dass das unsere einzige zusätzliche Einkommensquelle ist. Die Touristen sollen nämlich dazu gebracht werden, nur in den Geschäften zu kaufen, die bei den Agenturen unter Vertrag sind. Ausserdem verhindern sie, dass wir Trinkgeld bekommen, mit dem Argument, wir würden ja vom Veranstalter bezahlt. Die Reiseleiter tun geradezu so, als würden wir im Geld schwimmen. Gleichzeitig erhalten sie aber eine Provision auf jeden Piaster, den ein Tourist ausgibt. Und davon fliesst ein Grossteil in irgendwelche Tresore im Ausland. Muhammad Ali Pascha 41 sei der einzige Bauer und der einzige Gewerbetreibende in Ägypten gewesen, heisst es in denSchulbüchern. Aber jetzt sieht es so aus, dass eine kleine Clique alles in der Tourismusbranche besitzt, sämtliche Boote, sämtliche Geschäfte, sämtliche Reiseagenturen.« Hassûna hob seine Stimme: »Sie haben uns den Strick um den Hals gelegt. Was wir heute verdienen, reicht höchstens zum Sterben. Warum lassen wir Nubier uns so viel Demütigung gefallen? Wie lange ertragen wir den Hunger noch? Wie lange werden wir uns noch mit schäbigen Krumen begnügen? Es gibt nur eine Antwort: Wir müssen den Dinosauriern die Stirn bieten, oder wir gehen unter. Wir müssen ihnen klarmachen, dass sämtliche grossen Tempel auf unserem Land stehen. Abu Simbel, Philae, Kalabscha – alles, womit sich das Gouvernement Assuan brüstet, steht uns Nubiern zu!«
    S abri Nabri, Hassûnas Vater, lag im Bett, der wohligen Trägheit ergeben, mit der die Sonne ihre treuen Kinder beschenkt, als sein Sohn eintrat, um die beiden schlechten Nachrichten zu überbringen. Sabri, ein kleiner, schmächtiger Mann mit freundlichem Gesicht und sanfter Stimme, war ein zurückhaltender, scheuer Typ, so dass sich sein Wesen nur dem aufmerksamen Beobachter erschloss. Ganz anders Hassûna, er hatte ein markantes Äusseres, Charisma und eine tiefe Stimme, die er vom Grossvater mütterlicherseits geerbt hatte. Sabri reagierte auf die Hiobsbotschaften mit der Gelassenheit eines Mannes, der Katastrophenmeldungen gewohnt war. Er nahm einen kräftigen Zug von der Wasserpfeife, lächelte und erkundigte sich nach Hassûnas Kindern. Entspannt unterhielten sich Vater und Sohn. Sabri berichtete Neuigkeiten aus dem Leben seines Bruders Sâlich, der vor über dreissig Jahren nach Kairo gegangen warund dort im Kaffeehaus Groppi in der Adlistrasse arbeitete. Anschliessend erzählte er von seinem älteren Bruder Râdhi, der in Khartum lebte. Zu guter Letzt sagte er, dass er sich neuerdings um Arbeit im Sudan bemühe. Er habe vor wenigen Stunden erst mit Râdhi telefoniert, und der habe versprochen, ihm Arbeit als Koch zu beschaffen. Ein ägyptisches Pfund sei vor nicht allzu langer Zeit noch dreissig sudanesische Pfund wert gewesen. Heute dagegen erhalte man für ein sudanesisches über vier ägyptische Pfund. Man könne also in einem überschaubaren Zeitraum die Summe zusammensparen, die Hassûna benötigte, um ins Ausland gehen zu können.
    Erschöpft vom Reden,

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