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Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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Geburtstag überreichen könnte. Seit Beginn des Jahrhunderts hatte sie ihm schon alles geschenkt, worüber ein Mann sich freut: einen Schlüsselanhänger, ein Portemonnaie, ein Hemd, einen Gürtel und mit viel Mut sogar einen Pyjama. Immer wenn sie sich auf die Suche nach etwas Passendem machte, wurde ihr bewusst, dass es für Männer kaum Geschenke gibt, für Frauen dagegen welche wie Sand am Meer. Schliesslich war ihr doch eine Idee gekommen. »Heureka!«, hatte sie gerufen, überglücklich wie Archimedes.
    Ein goldenes Schächtelchen mit glänzender Schleife in der Handtasche, schritt sie durch das Tor zur Verabredung unter ihrem Baum.
    »Da ist ja mein Liebster! Mit seiner Sonne bringt er die Welt zum Erstrahlen!«
    A us heiterem Himmel knipste Achmad seine Sonne aus und liess mich allein im Park sitzen. Ich wollte ihn rufen, ihm wenigstens noch sein Geschenk geben, aber meine Stimme versagte. Schritt um Schritt entfernte er sich, bis er auf einen winzigen Lichtpunkt am Ende der Welt zusammengeschrumpft war. Wie versteinert hockteich da, spürte regelrecht, wie ich innerlich welkte. Mit jeder Minute alterte ich um ein ganzes Jahr, bis ich neunzig war. Ich versuchte aufzustehen, aber es ging nicht. Wieder und wieder versuchte ich es, vergeblich. Ich hätte einen Arzt gebraucht und zwei Personen, die mich stützen. Nachdem ich eine ganze Ewigkeit tot dagesessen hatte, konnte ich mich irgendwann wieder rühren. Da mich meine Seele nun verlassen hatte, fühlte ich mich leicht. Ich stieg in die Metro, wollte nach Hause fahren, wusste aber nicht mehr, wer ich war.
    I n all den Jahren hatte Hâgar sich ihre Zukunft nie ohne Achmad vorgestellt. Stets tauchte er an ihrer rechten Seite auf. In jeder flüchtigen Phantasie, jedem Traum, jedem Plan war Achmad ihr Held. Wie es Hâgar jetzt erging, versteht einzig und allein, wer weiss, was Leere bedeutet. Alles klang in ihren Ohren nur noch wie Miauen. Alles erschien ihr fade und weiss. Hâgar hatte sich immer für einen Glückspilz gehalten. Nahm sie an einer Tombola teil, gewann sie garantiert den Hauptpreis. Spielte sie mit ihrem Vater Backgammon, verschworen sich die Würfel zu ihren Gunsten. Und spielte sie Karten mit ihrer kleinen Schwester, dann fielen ihr alle vier Buben und die Karosieben in die Hände. »Der Herzbube ist genug des Guten«, sagte Sainab im Scherz, »die drei anderen kannst du ruhig an mich abtreten.« Den Spruch »Glück im Spiel, Pech in der Liebe« hatte Hâgar nie ernst genommen – bis zum 1. Januar 2005.
    Ihr Vater hingegen war überzeugt, dass die Beziehung zu Achmad nur eine Frage der Zeit war. Deshalb suchte er ungeachtet dessen, dass sie bis über beide Ohren verliebt war, einen Mann für sie. Er wusste, dass er nur ein wenigwarten müsste. Und Warten war, seit er sich zur Ruhe gesetzt hatte, ohnehin seine Hauptbeschäftigung.
    Doktor Mustafa Hussain war eineinhalb Jahre zuvor aus dem Berufsleben geschieden. Bis dahin hatte er an der Fakultät für angewandte Kunst das Fach Fotografie gelehrt. Mit über vierzig hatte er geheiratet. Suâd Abdallah, so hiess sie, hatte an derselben Fakultät Medienwissenschaft studiert, aber nie den Sprung ins Arbeitsleben geschafft – eine Tatsache, die sie zutiefst bereute und für die sie ihren Mann verantwortlich machte. Er habe ihre berufliche Zukunft zerstört, warf sie ihm bei jeder Gelegenheit vor. Gott schenkte ihnen zwei Töchter. Obwohl Doktor Mustafa und Suâd ursprünglich aus derselben Stadt stammten, hatten sie sich erst an der Universität kennengelernt. Er war Professor, sie Studentin im ersten Jahr. Er hatte Erkundigungen über ihren familiären Hintergrund eingezogen und offiziell bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten, ohne vorher diesbezüglich mit ihr gesprochen zu haben. Mustafa hatte mehrere Jahrzehnte Fotografie gelehrt, selbst aber nie nennenswerte Aufnahmen geschossen. Verbittert war er deshalb keineswegs. Nein, er war glücklich und zufrieden mit dem, was er im Leben erreicht hatte.
    Gott sei ihm wohlgesinnt, dachte er, als er am 1. Januar 2005 um zwölf Uhr aus der Fakultät für angewandte Kunst kam und vor dem Ormanpark seinen ehemaligen Studenten Aiman Subhi traf. Beim Achmad-Schauki 6 -Denkmal trat dieser auf ihn zu und begrüsste ihn überschwänglich.
    »Einen wunderschönen guten Tag, Herr Doktor Mustafa, frohes neues Jahr! Erinnern Sie sich noch an mich? Ich heisse Aiman Subhi, Ihr ehemaliger Student, der Ihnen eine Kamera aus London besorgt hat.«
    »Guten Tag,

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