Arche Noah | Roman aus Ägypten
andere! Und die Letzte, die hat vielleicht ein Ding abgezogen. Reingelegt, ja an die Wand gespielt hat die mich, ich kann dir sagen! Um es auf den Punkt zu bringen: Sie hat mich ausgenommen. Sie hat mir vorgegaukelt, dass sie mich liebt undmich heiraten möchte, und im gleichen Atemzug Brautschmuck im Wert von 25 000 Pfund verlangt. Und nach der Verlobung … du glaubst nicht, was sie da gemacht hat. Sie könne mich erst heiraten, erklärte sie mir, wenn sie und ihre Mutter in Amerika seien. Ihr Vater war tot, muss ich dazusagen. Jedenfalls wollten sie und die Mutter sich ein Bild vom Leben in Amerika machen. Für das Visum habe ich mir regelrecht das Bein ausgerissen. Die beiden Tickets bezahlte selbstverständlich ich. Ebenso die zwei Wochen Urlaub, Übernachtung und Verpflegung inbegriffen. Um die 20 000 Pfund hat mich der Spass gekostet. Am Ende stimmte sie der Ehe zu, wollte aber in Amerika heiraten und mit einem neuen Touristenvisum einreisen. Ihren Aufenthaltsstatus wollte sie erst nach der Eheschliessung ändern. Ich hielt es für eine gute Idee, zumal ich mir so die Kosten für die Reise nach Ägypten sparte. Jedenfalls traf ich alle Vorbereitungen: Ich kaufte eine nagelneue, ziemlich teure Schlafzimmereinrichtung. Hinzu kam das Ticket von Kairo nach New York und, da wir ja noch nicht verheiratet waren, die Unterkunft in einem Hotel, das nicht ganz billig war. Am Tag nach ihrer Ankunft ging ich hin, und da war sie verschwunden. Ich habe sie überall gesucht, aber sie hatte sich in Luft aufgelöst. Sechs Monate später erfuhr ich, dass sie in Houston arbeitete. Ich fuhr überfallartig hin, um sie zur Rede zu stellen. Sie begrüsste mich vollkommen normal, als sei nie etwas gewesen. Mein Geld werde sie mir auf Heller und Pfennig zurückzahlen, sagte sie, doch jetzt sei sie pleite. Im gleichen Atemzug gab sie mir zu verstehen, dass ich keinerlei Zahlungsbelege hätte.
Das hat mir übel zugesetzt. Ich sehe nur so aus, als würde mich nichts umhauen. Aber im Grunde habe ich ein butterweiches Herz. Als ich Hâgar begegnete, wusste ich, dass Gott es gut mit mir meint. Schliesslich habe ich auch nichts Unrechtes getan, was Seinen Zorngerechtfertigt hätte. Ihr Vater war mein Professor. Ich weiss … ich bin überzeugt, dass er ein anständiger Mann ist. Den Fehler werde ich nicht wiederholen, sagte ich mir, eine Verlobung kam für mich nicht in Frage. Und noch eine Reise nach Ägypten konnte ich mir nicht leisten. Das hätte mir das Rückgrat gebrochen, Geschenke und dieser ganze Mist. Ausserdem ist das Land unglaublich teuer geworden. Mittlerweile kosten Lebensmittel in Ägypten mehr als in Amerika, das muss man sich mal vorstellen! Ohne Ehevertrag hätte ich sie nicht zu mir geholt. Mir reichte, was ich mit dieser Sch… durchgemacht hatte. Hâgars Vater war mit allem einverstanden. Ich konnte es kaum fassen, dass ich endlich heiraten würde.
H âgar konnte im Flugzeug nicht schlafen. Sie gab sich redlich Mühe, ohne Erfolg. Immer wieder öffnete sie die Tasche, um zu sehen, ob das Medikament noch drin war, griff nach der Schachtel, überlegte, eine Tablette einzunehmen, schob es aber noch etwas hinaus. Eine Woche zuvor hatte sie mit ihren besten Freundinnen Rîm und Narmîn bei sich im Zimmer eine ausgedehnte Konferenz abgehalten. Nachdem sie Sainab fortgeschickt, die Tür abgeschlossen und die Vorhänge zugezogen hatten, setzten sie sich aufs Bett unter die mächtige Baumwolldecke, die schwerer war als alle drei zusammen, und diskutierten. Das existentielle Thema, das sie das neue Nahostproblem nannten und das den einzigen Tagesordnungspunkt darstellte, war: Wie könnte Hâgar mit ihrem Ehemann den Geschlechtsakt vollziehen?
Selbstverständlich gingen sie nicht näher auf Hâgars Gefühle zu einem gewissen Achmad ein, über die alle Anwesenden im Bilde waren. Rîm warf eine Frage auf: »Wie vollzieht eine Hure den Geschlechtsakt?«
»Eine Hure bin ich ganz bestimmt nicht«, stellte Hâgar klar und schlug Rîm mit einem kleinen Kissen, das sie gerade zur Hand hatte. Rîm schaute sie scharf an, worauf Hâgar einräumte: »In Anbetracht der Tatsache, dass ich der Ehe mit einem mir unbekannten Mann zugestimmt habe, obwohl ich eine andere Person liebe, könnte ich, von der Warte aus betrachtet, schon als Hure durchgehen.«
Rîm beglückwünschte sie zu ihrer Tapferkeit. »Wie also kann eine Hure den Geschlechtsakt mit irgendeinem dahergelaufenen Kerl vollziehen?« Zu dritt setzten sie diese fruchtlose
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