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Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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Debatte fort, bis Rîm ein zündender Gedanke kam. »Ich habe eine Idee. Whisky ist die Lösung. Nutten, entschuldigt bitte den Ausdruck, trinken viel, um sich zu betäuben. In benebeltem Zustand schläft es sich nämlich leichter mit irgendwelchen Typen.«
    »Grossartige Idee! Aber ich glaube, dieser Herr hat, soweit ich mich erinnere, einen dicken, fetten Gebetsfleck auf der Stirn. Deshalb kann ich mir kaum vorstellen, dass er Alkohol im Haus hat beziehungsweise welchen kaufen würde.«
    »Hör bloss nicht auf den Blödsinn, den Rîm da verzapft«, warf Narmîn ein. »Die Lösung ist, dass du deinen Kopf anstrengst. Worum geht es denn bei der Sache? Doch um Herz und Verstand. Gut. Wenn aber das Herz nicht beteiligt ist, dann muss der Verstand die ganze Arbeit leisten. Zurzeit bist du von einem Gedanken getrieben: Du willst das Land verlassen. Wunderbar. Damit dieser Plan aufgeht, musst du was tun? Genau, du musst es knallhart über dich ergehen lassen. Sex ist im Grunde eine völlig belanglose Angelegenheit. Miss der Sache nicht mehr Bedeutung bei, als sie hat.Ich nehme an, dass mindestens neunzig Prozent aller Frauen auf der Welt das Gleiche durchmachen wie du. Trotzdem geht das Leben weiter. Tagtäglich bringen Frauen Kinder zur Welt. Du musst das Rad also nicht neu erfinden.«
    »Sie wird überhaupt nichts erfinden», entgegnete Rîm. »Das Problem ist doch, dass wir im gleichen Boot sitzen. Mehr als ein paar Küsse und Umarmungen haben wir drei doch nicht ausprobiert. Wir hätten uns während des Studiums mehr trauen sollen, dann würden wir jetzt nicht im Schlamassel sitzen.«
    »Ich bin mit Achmad schon ein bisschen weiter gegangen, meine Gute.«
    »Was hast du bloss angestellt?«
    »Wir müssen eine Lösung finden. Ich werde schon bald fliegen.«
    »Wir gehen zum Arzt.«
    »Ist nur die Frage, wie wir es ihm erklären sollen.«
    »Zu welchem Arzt, das ist die entscheidende Frage.«
    »Hussains Cousin ist Arzt.«
    »O nein, du willst doch nicht etwa Hussain einweihen. Der plaudert es garantiert gleich Achmad aus. Hussain ist ein altes Klatschweib. Nicht einmal eine Bohne behält der im Mund. An der Uni wusste ich über dich immer bestens Bescheid, und zwar von Achmad. Und der bekam immer alles von Hussain zugesteckt.«
    »Ich mache das schon.«
    Narmîn machte, und dann gingen sie zum Arzt. Voller Verständnis für Hâgars Lage, stellte er ihr ein Rezept aus. Das Medikament werde, erklärte er, im Volksmund »Glückspille« genannt. Es sei ein Antidepressivum undbewirke lang anhaltende Entspannung und Glücksgefühle. Allerdings solle sie, riet er, das Mittel höchstens vor den ersten beiden Kontakten einnehmen, denn es sei gefährlich und führe bei dauerhafter Anwendung zu Abhängigkeit. Er verschreibe es ihr lediglich, um den ersten Schritt ins Eheleben zu erleichtern. Zu guter Letzt wolle er ihr, wie er sagte, die Quintessenz seiner Lebenserfahrung nicht vorenthalten: »Ich möchte Ihnen sagen, Frau Hâgar, dass die Salonehe sich als erfolgreichste Form der Ehe erwiesen hat. Sie müssen Ihrer Verbindung unter allen Umständen zum Erfolg verhelfen. Die Scheidung erlaubt Gott zwar, aber äusserst ungern.«
    Hâgar griff zum zehnten Mal, seit sie im Flugzeug sass, zu dem Medikament. Und zum zehnten Mal überlegte sie, ob sie eine Pille falschen Glücks sofort oder später schlucken sollte. Sie befürchtete vor allem eines: dass das Mittel Einfluss auf ihr Verhalten nehmen und sich negativ auf ihren Auftritt vor der amerikanischen Flughafenpolizei auswirken könnte. Jeder, der davon erfahren hatte, dass sie in die USA geht, hatte ihr Angst vor der Begegnung mit den »Wächtern des Paradieses« eingejagt. Diese seien nämlich ganz anders als der Paradieswächter Ridwân, sie seien schärfer als Schäferhunde. Deshalb beschloss Hâgar, die Tablette erst einzunehmen, wenn sie das Tor des Schreckens passiert hatte.
    Eine andersgeartete Sorge nagte ihrem Vater am Herzen. Seit seine Tochter ins Flugzeug gestiegen war, tigerte er rastlos durchs Schlafzimmer, nicht in der Lage, sich auch nur einen Augenblick zu setzen. Schliesslich suchte er Aimans Handynummer heraus und rief ihn an.
    »Aiman, sag, wo bist du?«
    »Ich bin schon auf dem Weg zum Flughafen.«
    »Ist sie etwa immer noch nicht angekommen? Das gibt es doch nicht!«
    »Das Flugzeug landet erst in einer Stunde. Ich werde aber rechtzeitig vorher dort sein.«
    »Aiman, versprich, dass du gut auf sie aufpasst. Du musst das verstehen, sie ist noch sehr jung und

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