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Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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anderen auf sich zog. »O Gott, bewahre uns vor Scharbînis Kaltschnäuzigkeit!«, schimpften sie dann.
    Weil die vier, was ihre Charaktereigenschaften anbelangte, recht unterschiedlich waren, hatten sie für das Zusammenleben gewisse Regeln aufgestellt, an die sie sich auch konsequent hielten. Diese Disziplin garantierte in ihren Augen, dass alles friedlich blieb. Zustatten kam ihnen ausserdem, dass sie sich überwiegend im Aladin aufhielten. Ihre Regeln nannten sie »Chefin«. »Die Chefin sagt«, so hielten sie sich gegenseitig zu ihren Pflichten an, »dass Scharbîni heute mit der Wäsche dran ist.« Die »Chefin« regelte alle Angelegenheiten bis ins Kleinste, auch Dinge, die nicht in ihren Zuständigkeitsbereich gehörten.
    S eit ich hier im Land bin, habe ich glücklicherweise nichts getan, womit ich Gott gegen mich aufbringen könnte. Ich führe ein anständiges Leben. Im Grunde tue ich das schon immer. Nur wie ich das Geld für den Schleuser Abdalnabi beschafft habe, war nicht ganz einwandfrei. Ursprünglich wollte ich in den Irak. Der Irak sei hoffnungslos verloren, sagte Abdalnabi. Er vermittle nur noch Reisen nach Amerika. Kaum hatte ich das Wort »Amerika« gehört, liess mich diese Idee nicht mehr los, und ich kam zu dem Schluss, dass ich dorthin muss. Allerdings sollte das Ticket 5000 Pfund kosten. Hinzu kamen 3000 Dollar für den Schmuggel ins Land plus Taschengeld. Diese Summe aufzubringen war utopisch, zumal ich noch nie im Leben krumme Dinger gedreht hatte. Abgesehen davon, bin ich für so etwas auch völlig ungeeignet, Gott ist mein Zeuge. Ich sah und hörte mich überall um, denn ich hatte mir geschworen, das Land vor Beginn des Jahres 2000 verlassen zu haben. Aber es war einfach zu viel Geld, da war nichts zu machen. Doch eines Tages traf ich einen Halunken, Râschid Kahrabâi hiess er. Er kam am 1. Januar 2000 in ein Café, in dem ich um die Mittagszeit sass, weil ich nichts zu tun hatte. Er fragte, ob ich mir nicht ein paar Scheine verdienen wollte, statt untätig herumzuhängen. »Klar doch«, sagte ich. Natürlich wusste ich, dass weder er sauber war noch sein Angebot. Aber ich brauchte das Geld. Er und seine Kumpel knackten in Kairo Autos und brachten sie nach Fajjûm auf ein abgelegenes Gelände. Ich sollte dort auf sie warten und alle Autos, die sie herbeischafften, zerlegen, damit sie die Einzelteile an Händler verscherbeln konnten. Ich schickte ein Beistandsgebet zum Himmel, machte mich an die Arbeit und beschloss, zur Busse zu fasten. Ich nahm Wagen aller möglichen Marken und Modelle auseinander. Nach sieben Monaten hatte ich die nötige Summe zusammen.
    A bdallatîf schaute auf seine Uhr. Es war um zehn. Er klopfte an und wartete eine Weile. Endlich öffnete Hâgar die Tür und bat ihn herein. Sie trug einen langen, weiten Morgenmantel, der ihren Körper ganz bedeckte. Es war offensichtlich, dass sie das Kopftuch in aller Eile umgebunden hatte, denn einige Haare schauten heraus. Das Lächeln, das Abdallatîf sonst von ihr kannte, hatte sie nicht aufgesetzt.
    Aiman war auf Geschäftsreise in Texas. Hâgar hatte ihn am Vorabend angerufen, um ihm die Katastrophe zu melden, die sich in der Wohnung anbahnte. Aus dem Abfluss kam Wasser. Aiman hatte Abdallatîf gleich angewiesen, Hâgar am nächsten Morgen zu retten.
    »Gott steh mir bei«, murmelte Tîfa, wie er es früher in Fajjûm vor jedem Einsatz als Elektriker getan hatte. Dann trat er, mit dem rechten Fuss zuerst, in die Wohnung ein.
    »Passieren solche Dinge bei euch etwa auch?«, fragte Hâgar. »Ich dachte immer, darauf hätte die ägyptische Kanalisation ein Monopol.«
    »Nicht ›bei euch‹, sondern ›bei ihnen‹. Ich habe die Staatsbürgerschaft noch nicht, dafür aber die Greencard. Im Übrigen passieren hier selbstverständlich auch solche und noch viel schlimmere Dinge.«
    »Apropos Greencard: Ich habe eine provisorische bekommen. Wann bekommt man eigentlich die richtige?«
    »Nach ungefähr eineinhalb Jahren wird man zu einem zweiten Interview eingeladen. Und danach bekommt man die endgültige Greencard.«
    »Wie lange gilt sie?«
    »Zehn Jahre. Aber wenn man sie erst einmal hat, ist man aus dem Schneider.«
    »Und die Staatsbürgerschaft?«
    »Drei Jahre danach.«
    »Also dauert es noch eineinhalb Jahre, bis ich die richtige Greencard bekomme.«
    »Ungefähr.«
    »Kommt der Abfluss wieder in Ordnung?«
    »Auch in eineinhalb Jahren.« Tîfa kicherte, verstummte aber, als er merkte, dass Hâgar ernst dreinschaute.

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