Arche
Platz, aber außer Tyler, Dilara und Grant war niemand an Bord. Da Gordians Mitarbeiter an so vielen entlegenen Orten der Welt arbeiteten, hatte sich die Firma drei Gulfstreams für ihre Flotte zugelegt.
Grant war auf einem der rückwärtigen Sitze eingeschlafen. Tyler hatte zwar schon im Helikopter ein Nickerchen gemacht, aber auch ihm fielen die Augen zu. Nur Dilara schien hellwach zu sein. Sie kam gerade aus der Toilette des Flugzeugs, wo sie die Jeans, die Bluse, das Jackett und die Stiefel angezogen hatte, die Tyler für sie hatte besorgen lassen.
»Danke«, sagte sie. »In dem Overall habe ich mich wie ein Sträfling gefühlt.«
»Ich glaube zwar nicht, dass eine Verwechslungsgefahr bestanden hätte, aber Ihre neuen Kleider stehen Ihnen in der Tat besser.«
»Ich habe Ihnen auch noch nicht dafür gedankt, dass Sie uns aus dem Wasser gefischt haben. Nach dem, was ich gehört habe, war das mit dem Rettungsboot Ihre Idee.«
»Ja, manchmal funktionieren meine verrückten Ideen tatsächlich.«
Sie schaute nach hinten zu Grant und schüttelte den Kopf. »Wie kann er jetzt schlafen – nach all dem, was geschehen ist?«
»Eine alte Soldatenregel«, klärte Tyler sie auf. »Man muss schlafen, wenn man kann, man weiß nämlich nie, wann sich die nächste Gelegenheit bietet. Er schläft auf Vorrat.«
»Auf Vorrat schlafen. Wenn ich das nur könnte.«
»Probieren Sie es. Wir haben einen Acht-Stunden-Flug vor uns. Aber wie wäre es, wenn wir uns erst einmal unterhalten?«
»Okay. Reden wir von Ihnen.«
Tyler grinste. »Was wollen Sie wissen?«
»Wer war Ihr Held, als Sie ein kleiner Junge waren?«
»Das ist einfach zu beantworten. Scotty aus Star Trek.«
»Der Ingenieur?« Ihr Lachen wirkte ansteckend auf ihn.
»Was soll ich darauf sagen? Ich bin nun einmal im tiefsten Herzen ein richtiger Fachidiot. Kirk war der Held, ja, aber Scotty war derjenige, der ihn immer aus dem Schlamassel geholt hat. Und Sie? Nun sagen Sie ja nicht: Indiana Jones.«
Dilara schüttelte den Kopf. »Prinzessin Diana. Als ich klein war, war ich ein richtig liebes Mädchen. Nichts hat mir mehr Spaß gemacht als hübsche Kleider. Aber mein Vater hat mich ständig durch die Welt geschleift und schließlich mit seiner Leidenschaft für die Archäologie angesteckt.«
»Und die Arche Noah?«
»Eine Passion meines Vaters.«
»Laut Sam Watson hat Ihr Vater sie tatsächlich aufgestöbert.«
»Sie glauben ihm nicht.«
»Skepsis ist mir angeboren. Deshalb haben Sie Recht, ich glaube es nicht.«
»Was? Dass die Arche wirklich existiert oder dass mein Vater sie gefunden hat?«
»Dass je ein Paar von allen Tieren auf der Welt die Sintflut in einem Schiff von dreihundert Ellen Länge überlebte.«
»Viele Menschen nehmen das, was in der Bibel steht, wörtlich.«
»Und sicher wissen Sie«, erwiderte Tyler, »dass das aus vielen Gründen einfach nicht möglich ist. Zumindest nicht ohne eine Fülle von Wundern. Die Geschichte der Arche liegt sechstausend Jahre zurück. Bauen konnte man damals nur mit Holz. Das größte hölzerne Boot der Geschichte war die Fregatte Dunderberg. Sie wurde während des amerikanischen Bürgerkriegs gebaut und war an die einhundertfünfzehn Meter lang.«
Dilara sah ihn zweifelnd an. »Und so etwas schütteln Sie einfach aus dem Ärmel? Sind Sie ein wandelndes Lexikon?«
»Auch wenn ich meinen Ruf der Allwissenheit gefährde, verrate ich Ihnen, dass ich ein wenig im Internet recherchiert habe, als die Verbindung wieder funktionierte.«
»Sie wollen also sagen, die Arche hätte maximal einhundertfünfzehn Meter lang sein können?«
»Technisch gesehen ist ein größeres Schiff in reiner Holzbauweise nicht machbar. Ohne die Eisenarmierungen der Schiffe des 19. Jahrhunderts wäre Noahs Arche schlichtweg instabil gewesen. Sie hätte an tausend Stellen Lecks bekommen. Ganz davon zu schweigen, dass der Wellengang bei einem Unwetter wie der Sintflut sie wie einen Zweig geknickt hätte. Sie wäre in wenigen Minuten untergegangen. Adieu, ihr Menschen.«
»Vielleicht war sie ja kleiner, als die Bibel behauptet.«
»Die Größe ist ja nur das erste Problem«, entgegnete Tyler. »Wissen Sie, wie lange Holz braucht, um vollständig zu verfaulen?«
»In einem Wüstenklima, wie beispielsweise in Ägypten, Abertausende von Jahren. In ägyptischen Gräbern werden ständig Holzgegenstände gefunden.«
»Und in einem regnerischen Klima?«
»Mehrere hundert Jahre, wenn das Holz nicht geschützt wird. Mit Sicherheit weniger
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