Arche
mich andere Leute anheuern und bezahlen.«
»Und hättest du es verhindern können?«
Tyler schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß es nicht. Das Auto war zu sehr beschädigt, als dass man es hätte feststellen können. Mittlerweile kann ich wieder schlafen, aber jeden Abend, wenn ich das Licht ausmache, sehe ich ihr Gesicht vor mir.«
Seine Kollegen bei Gordian kannten die Geschichte, aber sonst hatte er sie nur wenigen Menschen erzählt. Nachdem sie dem Tod mehrmals nur knapp entgangen war, hatte er das Gefühl, er müsse sie Dilara erzählen. Sie war die erste Frau, die seit Karens Tod unter seinem Dach schlief.
»So«, sagte Tyler. »Nachdem ich unser Gespräch abgewürgt habe, ist es vermutlich Zeit fürs Bett.«
Dilara sah ihn mitfühlend an, sagte aber nichts.
»Wo ist mein Zimmer?«
»Den Flur hinunter. Dritte Tür rechts. Eine Minute.« Er kam mit einem T-Shirt aus seinem Schlafzimmer zurück. »Nagelneu. Es dürfte warm genug sein.« Dilara hatte eine
ähnliche Figur wie seine Frau, aber er hatte ihre Kleider kurz nach ihrem Tod weggegeben.
»Danke für das Abendessen. Und für deine Unterstützung. Es war nicht meine Absicht, dich in ein solches Abenteuer zu stürzen.«
»Gern geschehen«, sagte er, um eine Antwort verlegen.
Dilara küsste ihn auf die Wange und verschwand in ihrem Zimmer.
Er stand verunsichert in der Küche. Auf einen Kuss war er nicht gefasst gewesen. Er wusste nicht, wie er ihn einordnen sollte. Er schien ein winziges bisschen länger gedauert zu haben, als für den Ausdruck von Mitgefühl nötig gewesen wäre. Als er die letzte Schüssel in die Spülmaschine geräumt hatte und das Küchenlicht löschte, kreisten seine Gedanken noch immer darum.
26. KAPITEL
Der Eingang zu Gordians Testgelände in Phoenix, zwei riesige Stahlschiebetore, zwischen denen ein Wachhäuschen aus Beton stand, machte den Eindruck, als sollte er Panzern widerstehen. Ein drei Meter hoher Stacheldrahtzaun schützte das gesamte Gelände. Selbst Kernkraftwerke waren weniger gut gesichert, dachte Dan Cutter. Aber er brauchte sich den Weg durch die Respekt einflößenden Hindernisse nicht mit Gewalt zu bahnen. Ihn würde man anstandslos hineinlassen.
Cutter fuhr bis zum Wachhäuschen und ließ seine Scheibe herunter. Eine erstickende Hitze waberte vom Asphalt hoch, obwohl es erst neun Uhr morgens war. Sein Beifahrer, Bert Simkins, nahm die Sonnenbrille ab, damit man ihn leichter erkennen konnte.
»Ausweis, bitte«, sagte der Posten. Er trug nur eine Glock an der Hüfte, aber Cutter wusste, dass es in dem Wachhäuschen automatische Waffen gab.
Lächelnd reichte er dem Mann die Ausweise, die sie am Vortag gefälscht hatten. Die beiden Inspektoren der Flugsicherheitsbehörde, die sie zu sein vorgaben, wurden erwartet, allerdings erst etwas später am Tag.
Der Wachposten prüfte die Ausweise gründlich und verglich die Namen mit einer Liste. Nachdem er die Namen gefunden hatte, sah er sich die beiden Wageninsassen genau an. Er schien gut ausgebildet zu sein. Dan Cutter war beeindruckt. Aber die Fälschung würde er trotzdem nicht erkennen.
Der Posten gab die Ausweise zurück, und das Tor glitt zur Seite. »Dritte Halle. Parken Sie auf der Südseite.«
Cutter folgte der Straße. Sie mündete in einen Tunnel, der unter der elf Kilometer langen ovalen Versuchsstrecke verlief. Das Gelände umfasste mehrere Gebäude und Teststrecken, einschließlich einer Rollbahn sowie eines Flugzeughangars. Man hatte den Tunnel gebaut, um Versuchsläufe nicht unterbrechen zu müssen, wenn große Testfahrzeuge auf das Gelände gebracht wurden.
Als sie wieder ans Tageslicht kamen, sahen sie drei riesige Hallen mit zahlreichen Toren vor sich. In der Ferne raste ein roter Rennwagen mit gut hundertsechzig Sachen über die Rennstreckte. Cutter hatte sich mit Hilfe von Gordians Website sorgfältig mit dem Gelände vertraut gemacht. Er wusste, was in jedem Gebäude untergebracht war. Vor dem letzten Bau standen Arbeiter und unterhielten sich neben dem größten Muldenkipper, den er je gesehen hatte.
Cutter folgte der Zufahrtsstraße, bis er nach etwa hundertfünfzig Metern eine Reihe von fünf Hallen erblickte, von denen jede groß genug für eine Boing 747 war. Bei der dritten hielt
er an, gerade als ein Vierzigtonner ihn überholte, dem ein mit einem Kran ausgestatteter Tieflader folgte. Darauf lag ein zerschmettertes Triebwerk. Das mussten die Transporte von der Absturzstelle sein. Man verschenkte hier keine Zeit – für
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