Arche
ihre Pläne ändern müssen. Mit einem Schlag war die Mission erheblich komplizierter geworden, als er geglaubt hatte.
27. KAPITEL
Tyler sah hinunter auf die Silhouette von Seattle, er legte gerade seinen achten Kilometer auf dem Laufband zurück. Über dem Sund ballten sich die Wolken und kündigten ein Unwetter an, aber die Berge der Kaskadenkette waren noch
zu sehen. Er hätte gern im Discovery Park gejobbt, aber das Risiko, dass ihn jemand ins jenseits beförderte, war ihm zu groß gewesen.
Seine innere Uhr hatte ihn um sieben geweckt. Er hatte schon Papierkram erledigt und auch Gewichte gestemmt, bevor er sich auf das Laufband stellte. Seine Arbeit war oft körperlich anspruchsvoll, und so war es wichtig, dass er in Form blieb. Auf dem Band konnte er aber auch gut nachdenken. Er hatte von Dilara Kenner geträumt, konnte sich aber nicht mehr so recht erinnern. Der Kuss auf die Wange war zwar eine Kleinigkeit gewesen, aber er wusste, dass es gefunkt hatte.
»Schöner Anblick«, sagte eine verschlafene Stimme hinter ihm.
Tyler erschrak nicht so leicht, aber er war es nicht mehr gewöhnt, dass jemand im Haus war. Sein Kopf flog herum. Dilara lehnte in der Tür. Er gab sich Mühe, sie nicht anzuglotzen. Sein T-Shirt, an den richtigen Stellen straff, reichte bis zur Mitte ihrer Oberschenkel und ließ gebräunte Beine sehen. Sein Blick ruhte eine Weile auf ihr, dann wandte er sich wieder dem Fenster zu. Er hatte nicht das Gefühl, dass sie sich der Zweideutigkeit ihrer Bemerkung bewusst war, deshalb unterdrückte er ein Lächeln.
»In der Tat.« Er brachte das Laufband zum Halt. Mit dem Handtuch, das über der Stange hing, wischte er sich die Stirn. Sein Oberteil und seine Shorts waren durchgeschwitzt.
»Gibt es Kaffee?«, fragte Dilara.
»In der Küche. Wie wär’s mit Frühstück?«
»Ich frühstücke nicht. Normalerweise stehe ich früher auf. Die vielen Zeitzonenwechsel müssen mich eingeholt haben.«
»Ich habe schon gegessen. Trink Kaffee, während ich dusche. Wenn du fertig bist, fahren wir zum Flughafen. Ach ja, ich hatte jemanden vom Büro gebeten, bei dem Laden vorbeizugehen,
der dir gefiel, und dir ein paar Sachen zu besorgen. Du findest sie in einer Tüte bei der Haustür.«
Dilara holte sie mit den Worten: »Das war sehr aufmerksam von dir.«
»Ich gebe mir Mühe«, erwiderte er und zog ab unter die Dusche.
Als sie fertig waren, warfen sie ihr Gepäck in Tylers Porsche. Er fuhr ihn rückwärts aus der Garage. Zwei neue Bodyguards hatten die alten abgelöst.
»Hast du etwas dagegen, wenn ich Musik anstelle?«, fragte er.
Er drehte das Satellitenradio an, das schon auf einen klassischen Rocksender eingestellt war. Back in Black von AC/DC wummerte aus den Lautsprechern.
»Sag, wenn es dir zu laut ist.«
»Es ist nicht zu laut, nur ein bisschen … anders als Vivaldi.«
»Im Porsche muss man Rock hören.«
Die Fahrt bis Boeing Field dauerte zwanzig Minuten. Tyler entließ die Bodyguards, als sie die Tore des Flugplatzes hinter sich gelassen hatten und sicher auf Gordians Vorfeld angekommen waren.
Die Gulfstream der Firma war bereits aufgetankt und abflugbereit. Tyler stellte das Gepäck in den Jet. Dann machte er einen Rundgang um die Maschine und warf einen kritischen Blick auf jedes System. Er nahm zwar nicht an, dass man ihm eine Bombe untergeschoben hatte, aber sicher war sicher.
Zufrieden, dass alles in Ordnung war, stieg er ein, schloss die Tür und ging ins Cockpit.
»Willst du neben mir sitzen?«, fragte er Dilara, die bereits in der Kabine Platz genommen hatte.
»Du fliegst selbst?«
»Ich habe ein paar Stunden genommen.« Daraufhin sah sie nicht nur überrascht, sondern auch besorgt aus, und er lachte.
»Mit diesem Modell habe ich dreihundert Stunden Erfahrung, und alles in allem habe ich über zweitausend Flugstunden auf dem Buckel. Mach dir also keine Sorgen.«
Sie schüttelte den Kopf und setzte sich in den rechten Sessel. »Du bist ein vielseitiger Mann.«
»Ich langweile mich leicht. Däumchendrehen ist nicht mein Ding.«
»Gibt es eigentlich etwas, was du nicht kannst?«
»Singen. Frag Grant. Der hat mich einmal in eine Karaoke-Bar mitgenommen. Seither bekommt er immer einen Lachkrampf, wenn er ›My Way‹ hört. Im Vergleich zu mir, sagt er, klinge Bob Dylan wie Pavarotti.«
»Und was hält Grant von dir als Pilot?«
»Oh, er meint, ich sei ein besserer Pilot als Pavarotti.«
Er ließ die Triebwerke aufheulen, und nach wenigen Minuten waren sie auf dem Weg nach
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