Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die chinesische Statue und andere Uberraschungen
Vom Netzwerk:
Elfenbeinwürfel auf dem Spieltisch bis in die letzten Reihen vernehmen. In dieser Endrunde war das Glück auf Harrys Seite, und nur ganz am Beginn des Spiels sah ich Edward einen kleinen Fehler begehen; es genügte jedoch, um Harry Endsieg und Meistertitel zu sichern. Nach dem letzten Zug erhoben sich alle, einschließlich Edward, zu einer stehenden Ovation für Harry.“
,,Haben eigentlich noch viele andere Zuschauer erfaßt, was sich an diesem Abend tatsächlich abgespielt hatte?“
„Nein, ich glaube nicht“, sagte Eric. „Und mit Sicherheit nicht bemerkt hatte es Harry Newman. Nachher hieß es, Harry habe noch nie in seinem Leben so gut gespielt, und sein Sieg sei in Anbetracht der persönlichen Schwierigkeiten, in denen er damals steckte, erst recht bewundernswert.“
„Hat Edward sich zu dem Match geäußert?“
„Es sei das härteste Match seit Monte Carlo gewesen, und er hoffe nur, sich im nächsten Jahr revanchieren zu können.“
„Das hat er aber nicht getan“, sagte ich mit einem Blick auf die Siegertafel. „Er hat die Clubmeisterschaft niemals gewonnen.“
„Stimmt. Nachdem sich Roosevelt in den Kopf gesetzt hatte, daß wir unseren englischen Freunden zu Hilfe kommen müßten, wurden die Clubmeisterschaften bis zum Jahr 1946 ausgesetzt. Und zu diesem Zeitpunkt hatte Edward, der den Krieg mitgemacht hatte, bereits jegliches Interesse an dem Spiel verloren.“
„Und Harry?“
„Harry? Mit dem ging es von da an bergauf. Er muß an jenem Abend ein gutes Dutzend Geschäftsverträge abgeschlossen haben. Ein Jahr später war er jedenfalls über dem Berg und hatte sich sogar wieder eine nette kleine Blondine geangelt.“
„Und wie äußert sich Edward heute, dreißig Jahre später, über das Spielergebnis?“
„Gar nicht. Er hat sein Geheimnis bis heute nicht preisgegeben und über dieses Spiel, soviel ich weiß, nie mehr ein Wort verloren.“
Erics Zigarre hatte nun endgültig ihre Schuldigkeit getan, und er drückte den Stummel in dem bis dahin unbenutzt gebliebenen Aschenbecher aus. Das schien zugleich das Aufbruchssignal für ihn zu sein. Etwas unsicher erhob er sich, und ich begleitete ihn bis zur Ausgangstür.
„Leb wohl, mein Junge“, sagte er. „Bitte richte Edward meine besten Grüße aus, wenn du dich morgen mit ihm triffst. Und erwähne ihm gegenüber nur ja das Backgammonmatch nicht, sonst bringt er dich um!“
    Am nächsten Tag betrat ich die Eingangshalle ein paar Minuten vor der verabredeten Zeit, da ich nicht wußte, ob Edward zur Kategorie der zu früh oder der zu spät kommenden Amerikaner zählte. Punkt ein Uhr trat er über die Schwelle: Ausnahmen bestätigen die Regel. Wir beschlossen, gleich in den Speisesaal zu gehen, da er schon um halb drei eine Verabredung in der Wall Street hatte. Wir bestiegen den Lift, ich drückte auf den Knopf Nummer drei, die Türen schlossen sich gleich einer müden Ziehharmonika, und der langsamste Lift Amerikas überwand ächzend den Höhenunterschied bis zum übernächsten Stockwerk.
    Beim Betreten des Speisesaals erblickte ich zu meiner Belustigung Harry Newman, der sich schon wieder über ein Steak hermachte, während die kleine Blondine an einem Salatblatt knabberte. Freudestrahlend winkte er Edward Shrimpton zu, der diese Begrüßung mit einem freundlichen Kopfnicken erwiderte. Wir setzten uns an einen Tisch in der Mitte des Raumes und studierten die Speisekarte. Als Tagesmenü gab es – wie wahrscheinlich in fünfzig Prozent aller Männerclubs der Welt – Steak und Nierenpastete. Edward schrieb unsere Bestellung in sauberer und leserlicher Handschrift auf den dafür bereitliegenden weißen Zettel.
    Dann stellte er mir Fragen über die Autorin, die ich unter Vertrag nehmen wollte, und machte einige scharfsinnige Bemerkungen über ihre Bücher, auf die ich antwortete so gut ich konnte, während ich gleichzeitig angestrengt überlegte, wie ich ihn auf die Vorkriegsbackgammonmeisterschaft bringen könnte, die ich für eine weitaus bessere Story hielt als alles, was diese Dame je geschrieben hatte. Während wir aßen, sprach er jedoch nicht ein einzigesmal von sich selbst, so daß ich diesen Plan aufgab und schließlich mit einem Blick auf die hölzerne Plakette ganz plump sagte:
    „Wie ich sehe, sind Sie vor dem Krieg Zweiter bei der Backgammonmeisterschaft des Clubs geworden. Sie müssen ein sehr guter Spieler gewesen sein.“
    „Nicht wirklich gut, nein“, erwiderte er. „Wissen Sie, man machte damals nicht so viel Aufhebens um dieses

Weitere Kostenlose Bücher