Archer Jeffrey
angenommen. Er setzte sich in die Bahn und las nochmals seine Rede durch. Als der Zug Swindon erreichte, kam ein Eisenbahnbeamter in sein Abteil und bat, ein paar Minuten mit ihm allein sprechen zu dürfen. Raymond hörte genau zu, was der Mann ihm berichtete, steckte das Redemanuskript in die Aktenmappe, stieg aus und nahm den nächsten Zug zurück nach London.
Auf der Heimfahrt überdachte er alle Folgen der soeben gehörten Nachricht. In Paddington angekommen, bahnte er sich, ohne eine Frage zu beantworten, einen Weg durch die wartenden Fotografen und Reporter. Ein Auto brachte in direkt zum Westminster Hospital. Er fand den Premierminister in einem Privatzimmer, aufrecht im Bett sitzend.
»Nur keine Panik«, sagte er, bevor Raymond den Mund öffnen konnte. »In Anbetracht meiner fünfundsechzig Jahre und des harten Drucks, unter dem wir letztes Jahr standen, bin ich gut beisammen.«
»Was ist nicht in Ordnung mit dir?« fragte Raymond und rückte einen Stuhl an das Bett.
»Wieder die alten Schwierigkeiten, aber diesmal sagt man mir, ich müsse mich einer größeren Operation unterziehen. In einem Monat oder längstens sechs Wochen werde ich entlassen sein, und dann werde ich angeblich so alt werden wie Harold Macmillan. Ich möchte, daß du mich wieder vertrittst, das heißt, du mußt Mittwoch bei der Mißtrauensdebatte an meiner Stelle sprechen. Wenn wir die Abstimmung verlieren, werde ich zurücktreten.« Raymond wollte protestieren, da er sich über die Folgen der Krankheit seines Parteiführers schon im klaren war. Der Premier hob die Hand und fuhr fort: »Keine Partei kann sich einen Wahlkampf leisten, wenn ihr Führer sechs Wochen im Krankenhaus liegt, auch wenn er nachher wieder in Hochform sein sollte. Wenn eine Wahl stattfindet, müssen die Wähler wissen, wer die Partei im Parlament anführt. In einer solchen Situation würde die Nationale Exekutive nach der Geschäftsordnung der Labour-Partei zusammentreten und dich automatisch zum Parteiführer wählen.«
Raymond hob den Kopf. »Ja, die Wichtigkeit dieses Punktes der Geschäftsordnung wurde mir schon klar gemacht.«
Der Premierminister lächelte. »Ohne Zweifel von Joyce.«
»Ihr Name war Kate.«
Der Premierminister sah ihn verblüfft an, dann fuhr er fort: »Ich glaube, Raymond, du mußt dich an den Gedanken gewöhnen, daß du in drei Wochen als Premierminister kandidieren wirst. Wenn wir die Abstimmung über den Mißtrauensantrag verlieren, habe ich keine andere Wahl, als die Königin zu bitten, sofort Neuwahlen auszuschreiben.«
Raymond schwieg.
»Ich kann dir versichern, daß die Nationale Exekutive drei Wochen vor den Wahlen kein internes Blutbad wünscht; damit wäre der Sieg der Torys besiegelt. Sollten wir die Abstimmung über den Mißtrauensantrag jedoch gewinnen, sieht die Sache ganz anders aus, denn ich werde lange vor den Osterferien die Führung wieder übernehmen. Damit hätten wir Zeit, Neuwahlen erst nach der Vorstellung deines dritten Budgets auszuschreiben. Also sieh zu, daß du Mittwoch gewinnst.«
»Es fehlen mir die Worte, um auszudrücken, wie sehr wir dich vermissen werden«, sagte Raymond mit Überzeugung.
»Da alle Abgeordneten, mit Ausnahme der Iren, lange vor der Debatte wissen, wie sie wählen, ist meine Führung vielleicht weniger wichtig als eine einzige Stimme. Vergiß auch nicht, daß das Fernsehen zum erstenmal eine Unterhaussitzung überträgt, du solltest daher eines von diesen hübschen Hemden tragen, die Joyce für dich ausgesucht hat.«
Die letzten Tage vor dem Mißtrauensantrag verbrachte Raymond mit der Vorbereitung seiner Rede. Er sagte alle Verabredungen ab, außer dem Dinner des Speakers zur Feier des fünfundsechzigsten Geburtstages der Königin, bei dem er den Premierminister vertreten mußte.
Die Verantwortlichen in Regierung und Opposition vergewisserten sich Montag und Dienstag, daß jeder Abgeordnete am Mittwochabend um zehn Uhr anwesend sein werde. Die Journalisten wiesen daraufhin, daß Mr. Speaker Seymour bereits erklärt hatte, er werde nach der Tradition für die Regierung stimmen, sollte die Abstimmung unentschieden ausgehen. Charles hatte die Präzedenzfälle von Speaker Addington im 18. Jahrhundert bis zu Speaker Denison im 19. Jahrhundert studiert; der Tradition gemäß mußte der Speaker, wie er feststellte, so wählen, daß seine Entscheidung keine endgültige war.
Simon würde die Debatte für die Opposition eröffnen, während Andrew das Schlußwort sprechen durfte, die einzige
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