Archer Jeffrey
Reverend Tukesburys Kirche hatte ein neues Dach und Mr. Sprogget eine schöne Geschichte, die er im ›Green Man‹, wo er den Großteil der fünf Pfund ausgab, erzählen konnte.
Vor der Kirche übergab der Pfarrer William ein Stück Papier. »Zwei Shilling und Sixpence, bitte.«
»Wofür?« fragte William.
»Für Ihren Trauschein, Mr. Kane.«
»Sie hätten Bankier werden sollen, Sir«, bemerkte William und gab Reverend Tukesbury eine halbe Krone.
In glückseligem Schweigen ging William mit seiner Frau die High Street zurück zum Bell Inn. In dem Eßzimmer mit den schweren Eichenbalken aus dem 15. Jahrhundert aßen sie in Ruhe zu Abend und gingen kurz nach neun zu Bett. Als sie die Holztreppe hinauf zu ihrem Zimmer stiegen, zwinkerte der Chef der Rezeption dem Portier zu: »Wenn die verheiratet sind, bin ich der König von England.«
William summte: »God Save the King.«
Am nächsten Morgen nahmen Mr. und Mrs. Kane, während das Auto repariert wurde, ein gemütliches Frühstück zu sich. (Sein Vater hätte William gesagt, daß es nichts anderes brauchte als einen neuen Ventilatorriemen.) Ein junger Kellner schenkte Kaffee ein.
»Magst du ihn schwarz, oder willst du ein wenig Milch?« fragte William.
Ein älteres Ehepaar lächelte die beiden wohlwollend an.
»Mit Milch, bitte«, sagte Kate, langte über den Tisch und berührte Williams Hand.
Er strahlte sie an und merkte plötzlich, daß das ganze Frühstückszimmer sie beobachtete.
In der kühlen Vorfrühlingsluft fuhren sie durch Henley, über die Themse und weiter durch Berkshire und Middlesex nach London.
»Hast du den Blick gemerkt, mit dem dich der Portier heute morgen angeschaut hat, Liebling?« fragte William.
»Ja, vielleicht hätten wir ihm unseren Trauschein zeigen sollen.«
»O nein, das hätte das ganze schöne Bild der liderlichen Amerikanerin verdorben. Wenn er heute abend nach Hause kommt, möchte er seiner Frau bestimmt nicht erzählen, daß wir verheiratet sind.«
Als sie rechtzeitig zum Lunch wieder im Ritz eintrafen, nahm der Direktor erstaunt zur Kenntnis, daß William Kates Zimmer aufgab. Später hörte man ihn bemerken: »Der junge Mr. Kane schien so ein Gentleman zu sein. Sein ehrenwerter verstorbener Vater hätte sich nie so benommen.«
William und Kate fuhren auf der Aquitania nach New York zurück, nachdem sie die amerikanische Botschaft in der Grosvenor Street von ihrer Eheschließung informiert hatten. Der Konsul gab ihnen ein langes Formular zum Ausfüllen, verlangte ein Pfund und ließ sie länger als eine Stunde warten. Die amerikanische Botschaft brauchte offenbar kein neues Dach. William wollte zu Cartier in die Bond Street gehen und einen goldenen Ehering kaufen, aber davon wollte Kate nichts wissen. Um keinen Preis wollte sie sich von ihrem kostbaren Vorhangring trennen.
William fiel es nicht leicht, unter dem neuen Präsidenten in Boston zu arbeiten. Die Reformen des New Deal nahmen unglaublich rasch die Form von Gesetzen an, und William und Tony Simmons konnten sich nicht einigen, ob die Folgen für den Aktienmarkt gut oder schlecht sein würden. An einer Front jedenfalls wurde eine Expansion unvermeidlich, als Kate bald nach ihrer Rückkehr aus England verkündete, daß sie ein Kind erwarte. Die Neuigkeit wurde von ihren Eltern und ihrem Mann mit großer Freude aufgenommen. William versuchte, seine Arbeitszeit seinem neuen Status als Ehemann anzupassen, mußte aber immer öfter die heißen Sommerabende am Schreibtisch verbringen. Kate, frisch und glücklich in ihrem geblümten Umstandskleid, überwachte die Einrichtung eines Kinderzimmers im Red House. Zum erstenmal im Leben stellte William fest, daß er seinen Arbeitstisch verlassen und sich auf zu Hause freuen konnte. Hatte er noch etwas zu erledigen, nahm er die Unterlagen ins Red House mit, eine Gewohnheit, die er während ihrer ganzen Ehe beibehielt.
Kate und das Baby, das gegen Weihnachten erwartet wurde, machten William sehr glücklich, im Büro aber machte ihm Matthew Sorgen. Er hatte zu trinken begonnen und sich angewöhnt, ohne Entschuldigung zu spät ins Büro zu kommen; William stellte fest, daß er sich nicht mehr auf das Urteil seines Freundes verlassen konnte. Zuerst sagte er nichts und hoffte, es sei nicht mehr als eine seltsame Reaktion auf das Ende der Prohibition, die schnell vorübergehen würde. Aber so war es nicht. Die Dinge wurden immer schlimmer. Als Matthew an einem Novembermorgen zwei Stunden zu spät kam, offensichtlich einen Katzenjammer hatte und
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