Archer Jeffrey
stehen. »Du weißt, daß dein Vater Peter Parfitt nie traute. Zu glatt, pflegte er immer zu sagen. Nichts sonst, nur ein wenig zu glatt.«
Er nahm seinen Koffer. »Viel Glück, William.«
»Wie soll ich dir danken, Tony?«
»Gar nicht. Nimm es als meinen Versuch, wiedergutzumachen, daß ich Matthew so schlecht behandelt habe.«
Die Tür schloß sich. William zog sich fertig an, band die Krawatte um und überlegte, wie seltsam das war; jahrelang hatte er Tür an Tür mit Tony Simmons gearbeitet, ohne ihn wirklich kennenzulernen. Und jetzt, während einer persönlichen Krise, stellte er fest, daß er dem Mann, den er bisher nie zur Kenntnis genommen hatte, nicht nur vertraute, sondern ihn auch sehr gern mochte. Er ging in den Speisesaal und aß ein typisches Klubfrühstück: ein kaltes weiches Ei, harten Toast, Butter und Marmelade vom Nebentisch. Der Portier brachte ihm das Wall Street Journal, das andeutete, daß in der Lester Bank nach der Nominierung von William Kane zum Präsidenten nicht alles glatt ginge. Wenigstens besaß das Journal keine genaueren Informationen. William ging in sein Zimmer zurück und verlangte eine Nummer in Boston. Man ließ ihn eine Weile warten, bevor er verbunden wurde.
»Ich bitte um Entschuldigung, Mr. Kane. Ich wußte nicht, daß Sie es sind, der anrief. Darf ich zu Ihrer Ernennung zum Präsidenten von Lester gratulieren? Ich hoffe, das heißt, daß unser New Yorker Büro Sie künftig viel öfter sehen wird.«
»Das wird weitgehend von Ihnen abhängen, Mr. Cohen.«
»Ich verstehe nicht ganz«, sagte der Anwalt.
William erklärte ihm, was sich in den letzten Tagen abgespielt hatte, und las ihm den wesentlichen Teil des Testaments vor.
Thomas Cohen brauchte eine Weile, bis er jedes Wort notiert und dann seine Aufzeichnungen nochmals studiert hatte.
»Glauben Sie, daß diese Verfügung vor Gericht hält?« fragte William.
»Tja, ich kenne keinen Präzedenzfall für eine solche Situation. Im 19. Jahrhundert vermachte ein Parlamentsmitglied jemandem seinen Wahlbezirk, und niemand erhob Einwände. Der Erbe wurde später Premierminister. Aber das war vor hundert Jahren und in England. Wenn der Aufsichtsrat sich entschließt, das Testament anzufechten, und Sie den Fall vor Gericht bringen, möchte ich keine Wette abschließen, wie die Sache ausgeht. Lord Melbourne mußte sich nicht vor einem New Yorker Gericht herumraufen. Jedenfalls ein interessanter Rechtsfall, Mr. Kane.«
»Was würden Sie mir raten?« fragte William.
»Ich bin Jude, Mr. Kane. Ich bin um die Jahrhundertwende per Schiff aus Deutschland nach Amerika gekommen, und ich mußte mir alles, was ich wollte, hart erkämpfen. Wollen Sie wirklich so gern Präsident von Lester werden?«
»Ja, Mr. Cohen.«
»Dann müssen Sie auf einen alten Mann hören, der im Lauf der Jahre gelernt hat, Sie zu respektieren, und der, wenn ich das sagen darf, auch Zuneigung für Sie empfindet. Ich werde Ihnen genau sagen, was ich an Ihrer Stelle tun würde.«
Eine Stunde später legte William den Hörer auf, und da er noch etwas Zeit hatte, schlenderte er die Park Avenue hinauf. Er kam an einem Platz vorbei, wo ein riesiges Gebäude errichtet wurde. Eine große Tafel verkündete: »Das nächste Baron-Hotel wird in New York stehen. Wenn der Baron Ihr Gastgeber war, werden Sie nie mehr woanders absteigen.«
Zum erstenmal an diesem Morgen lächelte William und ging etwas fröhlicher in den Metropolitan Club.
Ted Leach, ein kleiner, adrett gekleideter Mann mit braunem Haar und etwas hellerem Schnurrbart, erwartete ihn im Foyer und führte ihn in die Bar. William bewunderte den im Renaissance-Stil gehaltenen Klub, der 1894 von Otto Kuhn und Stanford White erbaut worden war. J. P. Morgan hatte den Klub gegründet, als einer seiner besten Freunde nicht in die Union League aufgenommen wurde.
»Sogar für einen sehr guten Freund eine ziemlich extravagante Geste«, bemerkte Ted Leach, bemüht, Konversation zu machen. »Was möchten Sie trinken, Mr. Kane.«
»Einen trockenen Sherry, bitte«, sagte William.
Ein paar Sekunden später kam ein Boy in einer schicken blauen Uniform und brachte einen Sherry und einen Scotch mit Wasser; Mr. Leachs Wünsche kannte er bereits.
»Auf den nächsten Präsidenten der Lester Bank«, sagte Ted Leach und hob sein Glas.
William zögerte.
»Trinken Sie nicht, Mr. Kane. Wie Sie wissen, soll man nie auf sich
selbst trinken.«
William lachte und wußte nicht recht, was er antworten sollte. Ein paar Minuten später kamen zwei
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