Archer Jeffrey
Fletchers Frage.
»Es ist eine gottverdammte Kanonensalve«, sagte Fletcher. »Ralph Elliot begnügt sich nicht mit Schüssen. Also müssen wir herausfinden, was er ausgeheckt hat.«
»Ich habe keine Ahnung«, meinte Harry. »Ich kann dir nur sagen, dass George Turner mich angerufen hat und mich darauf aufmerksam machte, dass Elliot um alle Papiere gebeten hat, mit denen die Bank je zu tun hatte. Und gestern Morgen hat er erneut angerufen und um weitere Einzelheiten zum CedarWood-Projekt gebeten, insbesondere die ursprünglichen Vertragsbedingungen, die ich dem Senat empfohlen habe.«
»Warum ausgerechnet das Cedar-Wood-Projekt? Das ist eine ungeheure Erfolgsgeschichte mit einer Flut von Anfragen für die Anmietung von Verkaufsflächen. Was hat er nur vor?«
»Er hat auch um Kopien all meiner Reden gebeten sowie um alle Notizen, die ich zurzeit des Gesetzeszusatzes gemacht habe. Niemand hat mich je zuvor um Kopien meiner alten Reden gebeten, geschweige denn meiner Notizen«, erzählte Harry. »Das ist sehr schmeichelhaft.«
»Er schmeichelt nur, um zu täuschen«, warnte Fletcher. »Erinnerst du dich an die Feinheiten des GatesGesetzeszusatzes?«
»Ich habe darauf bestanden, dass jeder, der von der Stadt Land erwirbt, das mit über einer Million veranschlagt ist, seinen Namen angeben muss und sich nicht hinter einer Firma, Bank oder Anwaltskanzlei verstecken darf, damit wir immer genau wissen, mit wem wir es zu tun haben. Es wurde auch verlangt, dass die gesamte Summe bei Vertragsunterzeichnung bezahlt wird, um sicherzugehen, dass man es mit einem liquiden Käufer zu tun hat. Auf diese Weise gab es keine Verzögerungen mehr.«
»Heutzutage halten das alle für eine gute Praxis. Mehrere andere Bundesstaaten haben dein Gesetz sogar übernommen.«
»Möglicherweise ist es nur eine harmlose Anfrage.«
»Du hattest offensichtlich noch nie mit Ralph Elliot zu tun«, entgegnete Fletcher. »Das Wörtchen harmlos gehört nicht zu seinem Vokabular. In der Vergangenheit hat er sich seine Feinde immer sorgsam ausgesucht. Sobald er ein paar Mal an der Gates-Bibliothek vorbeigefahren ist, kommt er vielleicht zu dem Schluss, dass er mit dir lieber nicht die Klingen kreuzen sollte. Aber sei gewarnt: Er plant etwas.«
»Hat dir übrigens jemand von Jimmy und Joanna erzählt?«, erkundigte sich Harry.
»Nein«, sagte Fletcher.
»Dann sage ich auch nichts. Jimmy will es dir sicher zu einem passenden Zeitpunkt erzählen.«
*
»Ich gratuliere, Tom«, sagte Su Ling, kaum dass sie die Haustür geöffnet hatte. »Ich freue mich sehr für euch beide.«
»Wie nett von dir«, bedankte sich Julia. Tom reichte seiner
Gastgeberin einen Strauß Blumen.
»Wann wollt ihr heiraten?«
»Irgendwann im August«, antwortete Tom. »Wir haben uns
noch keinen Termin ausgesucht, falls du und Luke wieder nach Disneyland fahren wollt oder Nat zu nächtlichen Übungen der Reserve eingezogen wird.«
»Nein, Disneyland gehört der Vergangenheit an«, entgegnete Su Ling. »Ist es zu glauben? Luke spricht jetzt von Rom, Venedig und sogar von Arles – und Nat muss erst im Oktober wieder nach Fort Benning.«
»Warum Arles?«, wollte Tom wissen.
»Da hat van Gogh gegen Ende seines Lebens gemalt«, erläuterte Julia, als Nat den Raum betrat.
»Julia, wie schön, dass du hier bist. Luke braucht deinen Rat in einem moralischen Dilemma.«
»Ein moralisches Dilemma? Ich dachte, damit fängt man erst nach der Pubertät an.«
»Nein, hier geht es um etwas viel Ernsteres als Sex und ich bin ihm die Antwort schuldig geblieben.«
»Wie lautet die Frage?«
»Ist es möglich, ein Meisterwerk von Christus und der Jungfrau Maria zu malen, wenn man ein Mörder ist?«
»Das hat der katholischen Kirche anscheinend nie Kopfzerbrechen bereitet«, meinte Julia. »Mehrere von Caravaggios schönsten Arbeiten hängen im Vatikan, aber ich gehe nach oben und rede mal mit ihm.«
»Caravaggio, natürlich. Bleib nicht zu lange«, fügte Su Ling hinzu.
»Ich habe dir so viele Fragen zu stellen.«
»Ich bin sicher, Tom kann die meisten davon beantworten«, meinte Julia.
»Nein, ich will deine Version hören«, rief Su Ling, während Julia die Treppe hochstieg.
»Hast du Julia schon vor Ralph Elliot gewarnt?«, fragte Nat.
»Ja«, erwiderte Tom. »Sie sieht da keine Probleme. Warum sollte Elliot auch auf die Idee kommen, dass es zwei Julia Kirkbridges gab? Vergiss nicht, die Erste war nur wenige Tage bei uns und man hat seitdem nie wieder von ihr gehört, wohingegen Julia
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